Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen, der schlaue Leipziger, Jürgen Becker, der unsägliche Possenreißer, zwei Ausstellungen der Chemnitzer Kunstsammlungen am Theaterplatz und Claus, Schultze, Mathieu, Poliakoff, Baumeister, Nay, fickende Ziegen in der Waldstraße, Feininger in Apolda und die sprachliche Verwahrlosung im Brennstoff-Bereich

Verstreutes

Als gnadenlos zuverlässiger Passagier von Leipzigs öffentlichen Verkehrsmitteln, ausnahmslos stehend und als scheinbar einziger ohne Smartphon, werde ich mit der Kenntnisnahme vielfältigster Abläufe im Alltag meiner Heimatstadt beschenkt.

Ich beobachte durch die Scheiben die radieschenroten Köpfe, die blauen, zitternden Lippen meiner Mitbürger im Autostau, die mit feuchten, verkrampften Händen ihr Steuerrad zu einer 8 formen, rieche den Duft des Bärlauchs nur eine Haltestelle nach meiner Behausung, bin fasziniert von der Gründerzeit-Architektur in der Waldstraße, schaue wundervoll lässig und lästig anderen Straßenbahn-Nutzern über ihre Schultern und auf deren Smartphone, sehe darin auch schon einmal fickende Ziegen und zurre meinen Blick hin und wieder am Straßenbahn-Monitor fest, der über Leipziger Ereignisse informiert.

Und er zelebriert auch die Serie: „Wie schlau sind wir Leipziger“
In diesen Tagen werden folgende Fragen gestellt:

Wie lautet das Leipziger Kfz-Kennzeichen?

1. LPG
2. L
3. Lei
4. Liz

Wie lautet die Telefonvorwahl für Leipzig?

1. 0852
2. 1234
3. 0341
4. 0011
(Außer L und 0341 habe ich die Buchstaben und Zahlen erfunden, aber so ähnlich wurden sie gesendet)

Ich vermute, dieses Deppen-Spielchen hat eine sogenannte Fremdfirma für die Leipziger Verkehrsbetriebe „erarbeitet“ und vier Millionen Schleifen kassiert.

Ich kann mich jedenfalls in die Kategorie „Schlauer Leipziger“ einordnen, denn die korrekte Lösung dieser Kniffelei hatte ich recht zügig parat.

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Außerdem nölte in der ARD-Maischberger-Sendung wieder einmal dieser entsetzlich simple Jürgen Becker über den Tisch:

„Donald Trump ist so ein Arschloch, da können Sie mit dem LKW durchfahren.“

Das Publikum applaudierte fast frenetisch und Maischberger lächelte sanft.

In einer Zeit, die von Mahnungen geprägt wird, einer Verrohung auch der politischen Sprache aktiv entgegenzuwirken, enthalte ich mich und gebe keinen Kommentar.
Denn mitunter neige ich zu einem cholerisch ausgelebten Zynismus und bei Jürgen Becker und anderen einfältigen Possenreißern könnte sich diese Neigung erfüllen.



Und wer ständig Jürgen Becker und ähnliche Kunos hört und sieht, könnte dann natürlich auch diese geschäftliche Unterstützung in einer großflächigen Warenhandlung geregelt haben.

Da fahre ich doch eher nach Chemnitz und besuche die beiden Ausstellungen der Kunstsammlungen.

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Ausstellung I

„Carlfriedrich Claus und Bernard Schultze“

Plakat im Fahrstuhl zur aktuellen Austellung im Haus der Chemnitzer Kunstsammlungen am Theaterplatz.
Auffällig ist die reduzierte Werbung seit Ingrid Mössingers Abmarsch in den Ruhestand.
Weder an der Hauptfassade des Hauses noch im Eingangsbereich wird man durch optisch bemerkenswerte Hinweise zu den derzeitigen Aktivitäten des Museums beeindruckt.

Nur an einer Seitenwand gibt es die allgemeinsten Informationen.
Ich vermute aber, dass bald der angrenzende Baumbestand seine floralen Elemente über
diese Installation legen wird.
Es wird auch kein Katalog zu diesen Austellungen angeboten, nicht einmal ein kleiner Katalog, selbst auf einen ganz kleinen Katalog wurde verzichtet.
Ein Faltblatt muss genügen.
Come back, Ingrid.

Bernard Schultze
„Gefährlicher Streifzug“, 1985/89, Bleistift/Papier, auf Lw. aufgezogen

Carlfriedrich Claus aus Ostdeutschland und Bernard Schultze aus Westdeutschland zelebrierten über zwei Jahrzehnte ihren Kontakt (1956/1979) und debattierten über kunsttheoretische und politische Fragen.
Bis sie, eben wegen politischer Diskrepanzen, alle Verbindungen untereinander aufgaben.

Beide versuchten mit eher lyrischen Abstraktionen, weitgehend ohne expressive Exzesse, besonders bei Claus verbunden mit der Einbeziehung typografischer und kalligrafischer Elemente, die unterschwelligen, unbewußten Vorgänge mit existenziellen Grundgestus in psychischen Bereichen zu beschreiben.

(Für die Wissenserweiterung über Informel, Abstrakter Expressionismus, Lyrische Abstraktion, Tachismus, Farbfeldmalerei… genügt der Blick in ein ordentliches Lexikon, auch in Wikipedia, wenn es sein muss).

Die oft angesprochenen, gegenseitigen Einflüsse kann ich nur bedingt nachvollziehen.
Denn Schultzes harmonisch gefällige, dekorativ geordnete „Schönfarbigkeit“ meidet Claus, er entschied sich doch eher für eine grafisch reduzierte Präzision, für substanzielle Schärfe, die trotz ihrer Streuungen nie ablenkt.

B.SCH.
„Fieber-Duell“, 1988, Öl/Lw.

B.SCH.
„Viele Wege führen ins Herzstück“, 1986, Öl/Lw.

B.Sch
Anakreon-Zitat, 1988, Öl/Lw.
Anakreon war ein griechischer Dichter irgendwann im im 6.Jahrh. v.Chr.
Denke ich zumindest.

Carlfriedrich Claus
„Denkatmosphäre“, 178/82, schwarze und farbige Ölkreide, Pinsel über Algrafie

Cfr.Cl.
„Verbindende Tiefe, Mahâsukha-Aspekt“, 1978/85, schwarze Ölkreide auf Algrafie
Als Mahâsukha wird in einer der Buddhismus-Varianten ein umfassender Orgasmus gefeiert.

Cfr.Cl.
Mischtechnik
Natürlich würde ich eher Claus als Schultze in meine heimatliche Innenarchitektur einfügen.

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Ausstellung II

„Auf gruenem Grund – Abstrakte Malerei nach 1945“

Serge Poliakoff
„Composition“, 1959, Öl/Lw.

Ernst Wilhelm Nay
„Rhythmen Blau Orange“, 1953, Öl/Lw.

Fritz Winter
„Auf gruenem Grund“, 1949, Öl/Papier auf Lw.

Willi Baumeister
„Schwarzer Fels auf Gelb“, 1953, Öl, Kunstharz, Sand

Georges Mathieu
„Entéléchie Carolingienne, 1956, Öl/LW.

Außerdem sind noch Arbeiten ausgestellt von Eberhard Göschel, Willy Wolf, Fred Thieler, Emil Schumacher

Für diese Ausstellung ist keine tiefschürfende Analyse notwendig.
Die Bilder sind abstrakten Zuschnitts und wurden nach 1945 hergestellt.
Sie zeigen völlig unterschiedliche Handschriften und finden aber unter „Art informell“ eine übergreifende Klammer.
Die Herkunft der Künstler beschränkt sich auf vorwiegend deutsche, russische und französische Linien.
Und die Auswahl der Arbeiten wurde kompetent und solide bewältigt.
Es macht Freude, durch diese Räume zu flanieren.
Die längste Zeit stand ich vor der karolingischen, innewohnenden Vollendung von Georges Mathieu, ein herausragendes Beispiel des europäischen Tachismus.

Dauer der Ausstellungen:

Claus und Schultze nur noch bis 27. Oktober
Auf gruenem Grund………. bis 2.Februar

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…und dann nach Apolda.
Der Kunstverein zeigt Radierungen, Lithografien, Holzschnitte, Malerei, Mischtechniken von Lyonel Feininger.

Es gibt sicher nur wenige Künstler des 20.Jahrhunderts, über die derartig bereitwillig und ausführlich geschrieben und gesprochen wurde.
Auch die Zahl der Ausstellungen ist beträchtlich.
Deshalb erachte ich es für unnötig, zusätzlich meinen Senf beizusteuern.
Es bliebe nur die Information, dass diese Übersicht auch frühe Arbeiten zeigt, u.a.Karikaturen und sich qualitätsvoll und außerordentlich ansehnlich präsentiert.

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Oktober 22, 2019 Posted by | Kunst, Leipzig, Medien | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die Frauen in der Hallenser Talstraße und Clara Schumann und RB Leipzig und Bruder Tuck……..

href=“https://juergenhennekunstkritik.files.wordpress.com/2019/09/img_3992.jpg“>
Faltblatt zur Ausstellung

Infolge der Notwendigkeit einer zügigen Bewältigung unaufschiebbarer Abläufe überregionalen Zuschnitts muss ich die Hinweise auf diese Ausstellung auf eine erweiterte Kurzinformtion reduzieren.

Dabei verweise ich zunächst auf meinen Beitrag vom 4.März 2019.
Ich erwähnte eine Ausstellung im Leipziger Bildermuseum, wobei die Räume ausschließlich von weiblicher Kunst belegt wurden, der ich eine überwiegend flache Qualität bescheinigen musste.
Ich erhielt dann zahlreiche E-Mails mit entsprechenden Reaktionen.

Der Ausstellung „Die schaffende Galatea – Frauen sehen Frauen“ in der Hallenser Kunsthalle Talstraße näherte ich mich nun mit schlotternden Nasenflügeln und der Hoffnung, dass sie mich beeindruckt.
Und, vergelt`s Gott, sie hat.

Vermutlich werde ich in Bälde und an dieser Stelle meine Zufriedenheit begründen.
Zunächst aber nur einige Bilder von bemerkenswerter Qualität.


Gabriele Münter

Marianne von Werefkin

Elfriede Lohse-Wächtler

Käthe Kollwitz

Dorothea Maetzel-Johannsen

Cornelia Schleime

Rosemarie Rataiczyk

Johanna Schütz-Wolff

Die Qualität der Aufnahmen ist mitunter lausig.
Mein bevorzugter Fotografenapparat schlug nach dem ersten Bild die Hufe hoch und ich musste meine Ersatzmaschine nutzen, mit der ich eigentlich nur dümmliche Wahlplakate deutscher Parteien ablichte (z.B. während der vergangenen Monate in Sachsen).
Dafür reicht dieses Gerät, mit dem Robin Hood schon Bruder Tuck knipste.

Kunsthalle Talstraße, Halle/S., bis 13. Oktober, Di-Fr 14-19 Uhr, Sa/So !4-18 Uhr, Eintritt: 7 EURO.

Hoffentlich findet dieses Clara-Schumann-Festival bald ein Ende.
Ich akzeptiere natürlich ihre kulturhistorische Bedeutung.
Aber diese kollektive Hysterie ist unerträglich.
Jede Pfeife klebt seinen Senf dazwischen.
Man könnte vermuten, in Leipzig gibt es nur Clara Schumann und RB Leipzig.


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September 14, 2019 Posted by | Kunst, Neben Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Architektonisches Sonntags-Intermezzo mit Querhaus, Baumtöpfen, Epitaph-Figuren im Störtebeker-Modus und eine Jarmusch-Nacht mit Neil-Young-Epilog

Goseck, Kirche, bzw. Kirchenrest des ehemaligen Benediktinerklosters.

Cranachs d. Ä. „Hinrichtung der hl. Barbara“ soll sich bis 1945 zwischen diesen Wänden befunden haben.
Jetzt strahlt es im Metropolitan Museum of Art in New York, ein bemerkenswerter Weg.
Überhaupt haben Baugeschichte und aktuelles Erscheinungsbild dieser Kirche einen durchaus erstaunlichen Zuschnitt.
Goseck liegt innerhalb eines Terrains mit beachtlich hochwertiger Kulturgeschichte, unweit von Naumburg und Schulpforte, von Freyburg, der Schönburg und von Bad Kösen mit Rudelsburg und Saaleck.
Auch Memleben und Merseburg haben sich in übersichtlicher Entfernung abgelagert.
Ähnlich die Reste des Sonnenobservatoriums, etwa 2800 v.Z. und des Fundorts der Himmelsscheibe von Nebra, etwa 1600 v.Z.

Zurückgeblieben bzw. verschont sind von der ehemaligen Klosterkirche aus der Mitte des 11.Jahrh nur noch das Querhaus (s.o.) mit Apsiden, der Chor mit geradem Abschluss und eine zweischiffige Krypta, die im 16.Jahrh. im Ostteil durch den Einzug eines Tonnengewölbes zweigeschossig wurde.
(Die Benediktiner gründeten ihr Kloster hier um die Mitte des 11.Jahrh.)

Goseck, Blick nach Osten, Querhaus der ehemaligen Klosterkirche

Freundlicher Versuch, die ursprüngliche Struktur der Kirche zu veranschaulichen.
Man muss sich vorstellen, dass unmittelbar am Standpunkt meinem Fotografenapparats vor vierhundert Jahren sich das Mittelschiffportal befand, links auf der Linie der Blumen- (Baum)kästen die Pfeiler das Mittelschiff und das nördliche Seitenschiff trennten, der schwarze Belag etwa die nördliche Seitenschiffmauer markiert und die schattigen Schlossgebäude rechts (erste Hälfte des 17 Jahrh.) Teile des Mittelschiffs und das ehemalige Seitenschiff mit südlicher Ausrichtung ersetzt haben.

Chor, Nordwand

Alvensleben-Epitaph, links, erstes Viertel des 18 Jahrh., für den 1714 verstorbenen Ordomar v. Alvensleben.

Pölnitz-Epitaph, rechts, erstes Drittel des 17.Jahrh., für Bernhard von Pölnitz, kursächsischer Kanzler und Oberhofrichter in Leipzig.

Pölnitz-Epitaph, linke Seite mit der Darstellung von Bernhard von Pölnitz, von dessen Frauen, Söhnen und Töchtern, mit Blick auf Christi Kreuzigung, bzw. Kreuzabnahme (s.o.Gesamtansicht).
Figuren z.T. im Störtebeker-Modus, also enthauptet, Resultat vandalistischer Entgleisungen, vermutlich erst während der 70er Jahre des vergangenen Jahrh.
Die DDR-Kulturdeppen interessierte das eine feuchte Hüfte.

Pölnitz-Epitaph, rechte Seite
Epitaphe dienen im Gegensatz zu Grabmälern mitnichten zur Lagerung menschlicher Überreste und erfüllen eher die Funktion von Denkmälern.
Grabmal und Epitaph werden gebräuchlicherweise an unterschiedliche Standorten eingrichtet, das Epitaph bevorzugt an Kirchenwänden, doch auch an Pfeilern, Säulen…im Kircheninnenraum und werden in die übergeordnete Kategorie der Kenotaphe eingeordnet.
Spontan denke ich bei sächsischen Epitaphen z.B. an die Leipziger Universitätskirche (Olearius-Epitaph), an das Inventar der Laurentiuskirche in Pegau, aber auch an den Nosseni-Epitaph aus der ehemaligen Sophienkirche in Dresden (1945 stark beschädigt, am Beginn der 60er Jahre entgültig zerstört) und an den Görlitzer Nikolaikirchhof mit hunderten Grabmälern und Epitaphen.

Goseck, ehemalige Klosterkirche, Krypta
1046 geweiht.
Mit dominierendem Mittelpfeiler, keine besonders häufig bevorzugte Konstruktion.
Kreuzggratgewölbe.

Goseck, ehemalige Klosterkirche, Krypta-Fenster

Die Fenster wurden im 11.Jahrh. mit Eisengittern gesichert.
Davon existieren in Goseck noch zahlreiche Rudimente am ursprünglichen Standort.

Goseck, Krypta, spätgotische Gewölbemalerei


Filmvorschläge für eine Jim-Jarmusch-Nacht

Coffee & Cigarettes
Night on Earth
Mystery Train
The Limits of Control
Down by Law
Ghost Dog

U.a. mit Forest Whitaker, Tom Waits, Roberto Benigni, Isaach Bankolé, Tilda Swinton, John Hurt, Bill Murray, Steve Buscemi, Iggy Pop, Cate Blanchett, Armin Mueller-Stahl, Kari Väänänen (wurde besonders durch Filme des unvergleichlichen Aki Kaurismäki bekannt)….

Damit kommt man herausragend durch die Nacht.

Und die Filmmusik sollte man bei Jarmusch ohnehin immer im Ohr behalten und dann bald „Year of the Horse“ sehen, mit Neil Young, gleichfalls von Jarmusch.


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August 12, 2019 Posted by | Film, Kunst, Leipzig, Neben Leipzig, Reisen | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, menschliche Promipaare im Sommerhaus, Vertreter der Promifauna, Merlan, Miras, Heiter, Bartsch, Wendler, Koc……., Zweitausendeins, Tapirglocken im Hintern und ein AnimalsWarBurdonVinylMedley

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Zunächst einige Promis von animalischer Grundausstattung, Faunapromis sozusagen
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Plattencover von „Steppenwolf“

Abruzzen, Manoppello Stazione, Santa Maria d`Arabona, gotischer Osterleuchter (Detail), 2018

Abruzzen, Serramonacesca, San Liberatore a Maiella, Portal, 2018

Kärnten, Gerlamoos, Filialkirche, Wandmalerei, 2017

Kärnten, Klagenfurt, Zentrum, 2017

Brandenburg, Brunnenfigur, 2017

Eckberg, Elbschloss, Schlosspark, 2016

Amiens, Kathedrale Notre Dame, Portal (Igel), 2015

Sardinien, Santissima Trinità di Saccargia, 2015

Wismar, Haus, 2017

Die Stellenbeschreibung zu Personen mit dem Nimbus einer öffentlichen Prominenz hat sich ja nun infolge berstender Kommunikationsebenen ziemlich radikal gewandelt.
Auch in Bezug auf prominente Paare.

Vor fünfzig Jahren dachte ich dabei z.B. an Ike und Tina Turner, deren „River Deep Mountain High“ ich gnadenlos in meine ewige Top Zwanzig der 60er Jahre einordnen würde.
Mit markiger Tendenz zum Portal der Top Zehn, irgendwo im Umfeld von „Keep on Running“ und „Gimme Some Lovin`“(Spencer Davis Group) und „When I Was Young“ der Animals.
Vor einigen Jahren hörten wir Konzerte mit Steve Winwood, bzw. Eric Burdon, immer noch charismatische Erscheinungen.

In dieser Zeit gab es z.B auch das Gesangsduo Abi und Esther Ofarim, die aber ähnlich gnadenlos meine Top 20 verpassen würden.
Aber symphatisch waren sie.
Und prominent.
Auch Caesar und Kleopatra wurden in den Katalog legendärer Paare aufgenommen, desgleichen Nofretete und Echnaton.
Auch Clara und Robert Schumann, über 3000 Jahre später.
Und Bettina und Achim von Arnim, ein paar Jahrzehnte zuvor

Aber so richtig populär und prominent wurden Paare erst im 2o./21.Jahrhundert.

Lotte und Walter Ulbricht waren in der DDR hochgradig populär, besonders bei „Partys“, wenn sich eine ausgelassene Stimmung nur behäbig entwickeln wollte.

Auch Margot und Erich Honecker konnten sich sicher nicht über eine reduzierte Popularität erbosen.
Allerdings mischte sich nun zur Heiterkeit ein beträchtliches Maß an Hass.

Und natürlich das schwimmende Doping-Pärchen Matthes/Ender.
Cornelia Ender erreicht aber nicht ganz das verheerende Erscheinungsbild mancher schwimmenden Mitstreiterin, die sich äußerlich mitunter A.Schwarzenegger näherte.

Und Hauff/Henkler, oh Gott, erlöse uns davon.

Der Unterschied zwischen prominent und populär erschließt sich mir ohnehin nur recht schwerfällig.
Als prominent gelten vielleicht eher die Feingeister mit nicht zu leugnenden Fähigkeiten und Verdiensten.
Populär kann vielleicht jeder sein, auch z.B. D.Katzenberger, die Geissens, irgendwelche Vögel in irgendwelchen Dschungelcamps, die sich verweste Tapir-Glocken in den Hintern schieben und dabei „Keine Bange, wir holen eine Zange“ singen (Ein Lied von Hauff/Henkler).
Oder irgendein Bauer, der irgendeine Frau sucht…irgendwo.

Da bevorzuge ich schon eher die Verbindungen Kennedy/Monroe, Celan/Bachmann, Kandinsky/Münter, Henze/Bachmann, P.Curie/M.Curie, Sartre/Beauvoir, Dylan/Baez, Graf/Agassi, Dick/Doof, Bonny/Clyde,…, Weltgeschichtsteilnehmer mit einer positiven Leistung, mit einem Vermögen, welches die kulturelle und politische Entwicklung zumeist positiv geprägt hat.

Und dann gibt es ja noch das deutsche Fernsehen, z.B. mit der Sendung „Das Sommerhaus der Stars – Kampf der Promipaare“
Promipaare ist sicherlich die feinsinnige Abkürzung für prominente Paare.
Und als Stars werden sie ebenso gefeiert, als prominente Stars sozusagen, mehr geht nicht.

Auf dem kleinen Bild der Fernsehzeitschrift zu dieser Sendung hält ein drollig vergnügtes Paar ein Produkt von schlauchbootähnlicher Grundanlage dem Fotografen vor den Rüssel.
Darunter werden diese Heiterkeitsfrettchen als Willi und Jasmin Herren vorgestellt.
Noch nie gehört.
Kann ja einmal passieren, man kann ja nicht alles wissen.
Sagte ich mir.
Und dann folgten die weiteren Promipaare, die Stars, die prominenten Stars (ohne Abbildungen).

Benjamin Boyce & Kate Merlan
Jessika Cardinahl & Quentin Parker
Elena Miras & Mike Heiter
Menowin Fröhlich & Senay Ak
Steffi & Roland Bartsch
Michael Wendler & Laura Müller
Johannes Haller & Yeliz Koc

Ich wiederholte die Lesung.
Aber tatsächlich, es blieb dabei, ich kannte keinen einzigen Namen dieser Promipaare, dieser Stars, dieser prominenten Stars.
Und ich erahnte es wiederholt, daß das wahre, wirkliche Leben an mir vorbeiwogt und meine ignorante Zunge an dem prall gefüllten Kelch des Daseins noch nicht einmal genippt hat.
Doch merwürdigerweise spürte ich keinen Antrieb, auf irgendwelchen Informationsportalen irgendeine Aufklärung über diese Promipaare zu erhalten.

Dann doch eher ein kleines AnimalsWarBurdonVinylMedley.

Animals
Erwarb ich Ende 70er Jahre für achtzig DDR-Mark, damals der gängige Preis.

Eric Burdon & War
Kostete mir um die Mitte der 70er Jahre zweihundert DDR-Mark und reduzierte deshalb mein Nahrungsangebot für drei Wochen auf Löwenzahn und Baumrinde.

Eric Burdon & War
Ich vermute, gleichfalls Mitte der 70er Jahre in meine Plattenkiste aufgenommen, für achtzig DDR-Mark.

Eric Burdon

Am 12.November 1989 mit Hilfe des Begrüßungsgeldes bei Zweitausendeins in der Westberliner Kantstraße gekauft, zusammen mit „Exile on Main Street“ (Rolling Stones), mit Zappa, Yardbirds, Colosseum, Steppenwolf, Roxy Music…
Die gesamten einhundert BRD-Begrüßungsmark formten sich also zu schwarzen Scheiben.


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Juli 31, 2019 Posted by | Kunst, Leipzig, Medien, Musik, Reisen, Verstreutes | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, vier Wochen in Oberösterreich und ein ungeordnetes Potpourri vortrefflicher, überraschender, skurriler, bedenklicher, doch in jedem Fall nützlicher und weiterbildender Wahrnehmungen, Teil II (Teil I am 14. 6.)

Toilettenhäuschen im Kurpark Bad Hall

Ich habe hier beide Möglichkeiten der Vollendung des Stoffwechsels zelebriert und konnte mich nur schwer von diesen wenigen Kubikmetern trennen.

Der Architekt dieser Bedürfnisanstalt, Mauriz Balzarek, war Schüler von Otto Wagner, der wiederum während der Zeit des „Fin de siècle“ die Haupstadt Wien auf das Heftigste bearbeitete und mit zahlosen Bauwerken das Stadtbild veränderte. z.B…..Hosenträgerhaus, Pavillon am Karlsplatz, Majolikahaus, Kirche am Steinhof, Nepomuk-Kapelle…,usw.,usw.
Unweit dieser Einrichtung für gesteigertes Wohlbefinden dirigierte Gustav Mahler während des Sommers 1880 im Bad Haller Theater, mit 20 Jahren.
Sicherlich nicht eine seiner Sinfonien, denn Nr.1 wurde meines Erachtens erst Ende der 80er Jahre uraufgeführt.

Ried im Traunkreis
Diese spätgotische Kirche, um 1520 errichtet, wird architekturhistorisch eher weniger beachtet, hat sich aber den Status eines Naturdenkmals errankt.
Denn seit vielen Jahrzehnten schlingt sich kontinuirlich und mit wachsender Dichte Efeu um den Turm herum und am Turm nach oben.

Kefermarkt

Text an der Hauswand:
„Zum weltberühmten Flügelaltar von Kefermarkt“

Jawohl, recht haben sie, immer dort entlang, da weiß man gleich, was man hat.
Man könnte sich ja sonst in die Kneipe verirren.

Kefermarkt, Wallfahrtskirche, der weltberühmte Flügelaltar

Christoph von Zelking erwartete, bzw. befahl in seinem Testament von 1490, dass für die Pfarrkirche von Kefermarkt, die er selbst gebaut hatte, ein Altar hergestellt werde.
Er selbst schrieb von „Taffel“ (Tafel), damals die übliche Bezeichnung für derartige Kircheninhalte.
Werkstattleiter, Brigademitglieder und andere Teilnehmer dieser herausragenden Schöpfung können nur erahnt werden.
Der Name des Hauptmeisters jedenfalls wabert noch immer anonym durch die drei Schiffe dieser Staffelkirche (Sonderform der Hallenkirche).
Christoph von Zelking agierte als nicht unwesentliches Mitglied der kaiserlichen Gefolgschaft von Friedrich III.

Der Altar wurde innerhalb der 90er Jahre des 15.Jahrh. aus Lindenholz geschnitzt.
Trotz der hohen Meisterschaft des Produzenten sind zahlreiche Bezugspunkte zu anderen künstlerischen Bestrebungen seiner Zeit recht deutlich sichtbar.
Eine kunstgeschichtliche Normalität.

Dabei können selbst innerhalb des Kefermarkter Altars abgestufte Qualitätsebenen, moderner Formwille und etwas altertümlicher Stillstand eingeordnet werden.

Eine unübersehbare Linie, vor allem bei dem Verständnis für Raum und Drapereie, führt z.B. in die Werkstatt Nikolaus Gerhaerts (Hochaltar des Konstanzer Münsters).
Auch die Arbeiten von Vater Michel und Sohn Gregor Erhart werden für die Kefermarkter Künstler und Handwerker eine auffällige Nebenbedeutung gehabt haben.
Und gleichfalls die gesamte Anlage des Altars Michael Pachers in St.Wolfgang, einschließlich der Schreinwächter.

Augenfällig sind z.B. in Kefermarkt die Bevorzugung architektonischer Zierformen gegenüber vegetabilischer Motive.
Die Leerstelle, der Hohlraum werden bearbeitet, erhalten eine gestaltungswürdige Bedeutung und Christophorus trägt bartlos das Jesuskind über den Fluss, außerordentlich selten in dieser Zeit.

Kefermarkt, Hochaltar, Schrein

Drei überlebensgroße Holzskulpturen

Petrus, links, Schutzherr der katholischen Kirche
St.Wolfgang, mittig, Bischoff von Regensburg
Christophorus, rechts, Christusträger

Kefermarkt, Hochaltar

Anbetung

Vorn kniend Melchior mit Goldkiste
Dahinter Balthasar mit Weihrauch-Schiffchen
Dahinter Caspar mit Myrrhe-Pokal

Scheinbar ist aber die Zuordnung der Geschenke zu den Königen in theologischen Plaudervereinen noch nicht geklärt.

Hinten rechts schaut Josef, scheinbar etwas genervt, dem Treiben zu.
Links unten ein Hund, sicher ein Todessymbol.
Links oben ein Turbanträger mit Hammer, vermutlich das Selbstbildnis eines Werkstatt-Mitgliedes.

Kefermarkt, Hochaltar

Marientod

Oben empfängt Christus die Seele Mariens.

Kremsmünster, Stiftskirche des Benediktinerstifts
Mittelschiff nach Osten mit Bildteppichen um die Pfeiler

Stift Kremsmünster, Fischkalter
Simson zerdrischt einen Löwen, mit Fischen im Wasser.

Wasserbecken zur Aufbewahrung und Entnahme von Fischen, die aus den umliegenden Teichen geliefert wurden, auch wichtig für die Lagerung und als Reserve in Fastenzeiten.
Gebaut 1690/92 von C.A. Carlone, erweitert um 1720 von J. Prandtauer (Erbauer des Stifts Melk, UNESCO-Welterbe).
Anlage mit insgesamt fünf Becken.

Stift Kremsmünster, Fischkalter
Petrus entnimmt einem Fisch eine Steuermünze, mit Fischen im Wasser.

Stift Kremsmünster, Fischkalter
Neptun, dahinter dröhnt Triton in sein Tritonshorn, mit Fischen im Wasser.

Ich bin mitnichte ein Fachmann des Fischaufbewahrungswesens.
Doch scheint mir die aktuell-benediktinische Tierhaltung nicht ausgegoren und für die Kiementräger etwas arg nüchtern und deshalb unbefriedigend.

Schloss Parz, Grieskirchen, um 1520
Bedeutendstes Schloss-Ensemble der Renaissance in Österreich (vermutlich)

Schloss Parz, Grieskirchen
Renaissance-Freskenzyklus an der Südseite (Detail)

Sieg des Protestantismus über die katholische Kirche.
Kinder Israels fliehen durch das Rote Meer, verfolgt von den Pharaonen.
Damalige Aktualisierung: Katholiken verfolgen Protestanten, die römische Kirche unterliegt und macht sich zum Horst.

Hans Staudacher

Im Schloss werden einige Räume für Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst genutzt (Galerie Schloss Parz).
Zwischen diesen ganzen alten Zeug (s.o.) dienen derartige Intermezzi zur Stabilität des Wohlbefindens.

Hans Staudacher

Antonio Tamburro

Antonio Tamburro



Zugabe…Zugabe…Zugabe…Zugabe…Zugabe…Zugabe...Zugabe……Zugabe…Zugabe…

An des Wanderers Wegesrand lagen auch z.B….

…die Rokoko-Kirche des Zisterzienserstifts Wilhering…

…und schöne Bäume…

…und eine Kreisel-Ausstellung im Schloss Tollet…

…und ein bewegtes Panorama in Bad Ischl…

…und eine Bergwiese mit Kirche…

…und eine verschneite Landschaft (hinten), Blick vom Kirchenplatz, Bild zuvor…

…und Michael Pachers Wolfgangsaltar in St.Wolfgang am Wolfgangssee…

…und auf dem Weg zu Klaus, zu Olaf gingen wir am Tag darauf…



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Juni 20, 2019 Posted by | Kunst, Neben Leipzig, Reisen | Hinterlasse einen Kommentar