Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne, Trump will Grönland, Frederiksen sagt Grönland-Nein, aber vielleicht doch noch Grönland-Ja, Seite 1 und Seite 2 und Sparks, Van Morrison, Roxy Music…

LVZ, 22.August, Seite 1

LVZ, 22.August, Seite 2

Aber ja doch, alles ist gut, alles ist in Ordnung, ich habe verstanden, ja doch.
Ich weiß jetzt endlich, dass Donald Trump seinen Staatsbesuch in Dänemark abgesagt hat.
Ich weiß jetzt auch, dass diese Absage in Dänemark ungläubige Reaktionen hervorgerufen hat und von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit Bedauern und Überraschung aufgenommen wurde.
Und ich erhielt endlich Gewissheit über die Gründe von Trumps Entscheidung.
Natürlich reagierte er auf den Unwillen von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, über den Verkauf von Grönland zu reden.

Aber das muss man mir eben plausibel darlegen.
Möglichst mehrfach.
Dann verstehe ich auch, dass Ministerpräsidentin Mette Frederiksen betonte, dass die USA einer der engsten Verbündeten Dänemarks sei.

Diese Zeitung zelebriert weise und gütig ihre Hochachtung vor den Lesern und gibt kluge Hinweise zu den globalen Vernetzungen auf unserer Erde.
Auch mehrfach, eindeutig eine didaktische Meisterleistung.

Milde und wohlwollend nehmen die Zeitungshersteller auch die Leser bei der Hand, die in der Sekunde des Übergangs von Seite 1 zu Seite 2 den Inhalt von Seite 1 bereits weitgehend vergessen haben und bieten ihnen verständnisvoll auf Seite 2 erneut diese Informationen an.
Mehrfach.
Kein wortwörtlicher Übertrag, denn man will den Leser auch fordern.

In der Regel überblättere ich den Sportteil, möglicherweise ein Versäumnis.
Denn vielleicht wurde auf diesen Seiten nochmals über Trumps Absage berichtet.
Und über deren Gründe.
Und über die Reaktionen und die Überraschung und das Bedauern und die Betonungen Dänemarks und der Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.

Auch die Überschrift mit dem markigen „Grönland-Nein“ vermittelt mir die Kompetenz der Schreiber, Inhalt und Form souverän zu vermählen.

Aber vielleicht verkauft Dänemark doch noch Grönland.

Ich erwarte dann: „Trump besucht Dänemark nach Grönland-Ja.“

Womöglich erbittet sich Ministerpräsidentin Mette Frederiksen aber auch noch eine Bedenkungs-Phase und hat also noch keine entgültige Entscheidung getroffen.

Dann vermute ich die Überschrift: „Nach Grönland-Vielleicht hat Trump im Atlantik geankert, präzise am Punkt der gleichen Entfernungen von Washington und Kopenhagen.“

Siehe auch meinen Text vom 6.6.2018

„Jürgen Henne und die Aufs und Abs, die Mehrs und Wenigers im Leipziger Journalismus.“

Lieder des Tages

Sparks
„This Town Ain`t Big Enough For Both Of Us“

Van Morrison
„Astral Weeks“, von der gleichnamigen LP (1968)

Roxy Music
„Virginia Plain“
Er sei noch niemandem begegnet, der sich wie Brian Ferry so ästhetisch langweilte (Hat irgendjemand gesagt)


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August 25, 2019 Posted by | Leipzig, Medien, Musik | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und Leipzig liest, läuft, hört, singt, tanzt, feiert, bellt, laust, fickt, trumpt, fällt aus dem Himmel, haut auf die Schnauze….

LVZ, 13.August

Gefühlt bei jeder zweiten Ausgabe wird in Leipzigs Tageszeitung, in der Regel auf der Titelseite, etwas infantil verschleimt Leipzigs Zusammengehörigkeit zelebriert.
Also Montag-Mittwoch-Freitag-Sonntag.
Sonntags erscheint keine Zeitung, dann wird eben schon am Sonnabend zuvor zelebriert.
Also Montag-Mittwoch-Freitag-Sonnabend.

Während der Buchmesse heißt es dann: „Leipzig liest.“

Vor einem Leipzig-Marathon: „Leipzig läuft.“

Während der Hörspieltage oder vor Abläufen am Zooschaufenster und vor dem Alten Rathaus: „Leipzig hört.“

Natürlich geht bei organisierten Massenaktionen auch schon einmal: „Leipzig singt“, „Leipzig tanzt“, „Leipzig feiert“….

Neben meiner Verunsicherung über das beleidigende Defizit der Zeitungs-Schreiber beim Einsatz sprachlicher Möglichkeiten irritiert mich mein Gefühl, auf einer kleinen Lepra-Insel am Rande der Stadt zu verkümmern.

Denn ich lese mitnichten mit zwei Millionen Mitlesern auf der Buchmesse, ich lese in meiner heimatlichen Hütte.

Ich höre gleichfalls nicht mit sieben Millionen Mithörern am Zooschaufenster oder vor dem Alten Rathaus. Oder auf der Wiese in ZOO-Nähe. Mir genügen Konzertsäle und meine heimatliche Hütte.

Ich verweigere ebenso die Teilnahme an der Bewältigung marathonähnlicher Strecken über Leipzigs Asphalt, gemeinsam mit elf Millionen Mitläufern, ich laufe im Bärlauch-Schleier durch Leipzigs nordische Wälder.

Ich singe auch nicht mit Heerscharen von Mitsängern, tanze nicht mit Heerscharen von Mittänzern, feiere nicht mit Heerscharen von Mitfeierlingen…

Ich bitte Leipzigs Journalisten, meinen Aussätzigen-Status zu beachten.

Also „Leipzig liest, außer Jürgen“, Leipzig läuft, außer Jürgen“, Leipzig hört, außer Jürgen.“
Würde ich so akzeptieren.

Bei der aktuellen Ankündigung der Aktivitäten, die „Leipzig“ so im Schilde führt, lässt mich die mangelnde Harmonie zwischen Bildinhalt und dessen journalistische Kommentierung etwas stutzen (s.o.).

Ich habe das mathematische Verständnis eines Feldhamsters und mich Ende der 60er Jahre gerade so mit letzter Wucht und kurz vor dem Koma durch das Mathe-Abitur geschoben.
Ein Antrag, mich als Carl Friedrich Gauß von Gohlis bezeichnen zu dürfen, würde wohl nicht die Zustimmungsmehrheit erhalten, schon gar nicht bei meinen noch lebenden Mathelehrern

Aber trotzdem beharre ich gnadenlos auf meinem Zählungsergebnis von sieben Surfern (s.o.), vielleicht etwas dürftig für ein Leipziger Massenereignis unter der markigen Ankündigung „Leipzig surft los“.
Außerdem bestreite ich die Notwendigkeit des Einsatzes von „los“ bei „Leipzig surft los“.
Ein reduziertes „Leipzig surft“ wäre ausreichend, „Leipzig surft los“ klingt einfach nur beknackt.
Ein Gespür für sprachlichen Feinsinn haben diese Zeitungshersteller, das stinkt nicht nur zum Himmel, das stinkt bis in die übernächste Galaxis.

Aber sicher werden sich bald neue Möglichkeiten ergeben, die unzerstörbare Verbundenheit Leipziger Bürger und Bürgerinnen auf dem Titelblatt ihrer Tageszeitung auch journalistisch zu dokumentieren.

Vielleicht in Bälde bei einer volkstümlichen Fallschirmsprung-Performance.
„Leipzig fällt vom Himmel“, klingt doch spannend.

Oder „Leipzig bellt“ für eine niedliche Hundeausstellung.
Als Alternative könnte man „Leipzig laust sich“ erwägen.

Oder bei Boxkämpfen für die ganz Kleinen auf Leipzigs Zentral-Markt wäre doch ein „Leipzig haut sich auf die Schnauze“ eine angemessene Losung.

Und natürlich „Leipzig fickt“ als Slogan der Vorfreude für eine Erotikmesse.

Aber besonders erfreut wäre ich über den Besuch des aktuellen Präsidenten der Vereinigten Staaten in Leipzig, der entzückt an der sozialdemokratischen Tür des Lipinski-Hauses in der Rosa-Luxemburg-Straße leckt, umringt von Leipzigs gesamter Bevölkerung.
Nur Jürgen wäre abwesend und die Leipziger Edelgazette könnte titeln: „Leipzig trumpt, außer Jürgen.“

Musik des Tages

Nach all diesen Lesereien, Laufereien, Hörereien, Singereien, Tanzereien, Feiereien, Bellereien, Lausereien, Fickereien, aus dem Himmelfallereien, auf die Schnauzehauereien….wäre ein Rückzug in die Individualität mit Amon Düül II auf der Kiste eine angemessene Reaktion.

„Yeti“
„Tanz der Lemminge“
„Carnival in Babylon“
„Wolf City“

Aus den Jahren 1970-73, die große Zeit von Amon Düül II.

Ich bevorzuge „Yeti“, da quiekt, quäkt, dröhnt, scheppert es so wundervoll.


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August 16, 2019 Posted by | Leipzig, Medien, Musik, Sprache | Hinterlasse einen Kommentar

Architektonisches Sonntags-Intermezzo mit Querhaus, Baumtöpfen, Epitaph-Figuren im Störtebeker-Modus und eine Jarmusch-Nacht mit Neil-Young-Epilog

Goseck, Kirche, bzw. Kirchenrest des ehemaligen Benediktinerklosters.

Cranachs d. Ä. „Hinrichtung der hl. Barbara“ soll sich bis 1945 zwischen diesen Wänden befunden haben.
Jetzt strahlt es im Metropolitan Museum of Art in New York, ein bemerkenswerter Weg.
Überhaupt haben Baugeschichte und aktuelles Erscheinungsbild dieser Kirche einen durchaus erstaunlichen Zuschnitt.
Goseck liegt innerhalb eines Terrains mit beachtlich hochwertiger Kulturgeschichte, unweit von Naumburg und Schulpforte, von Freyburg, der Schönburg und von Bad Kösen mit Rudelsburg und Saaleck.
Auch Memleben und Merseburg haben sich in übersichtlicher Entfernung abgelagert.
Ähnlich die Reste des Sonnenobservatoriums, etwa 2800 v.Z. und des Fundorts der Himmelsscheibe von Nebra, etwa 1600 v.Z.

Zurückgeblieben bzw. verschont sind von der ehemaligen Klosterkirche aus der Mitte des 11.Jahrh nur noch das Querhaus (s.o.) mit Apsiden, der Chor mit geradem Abschluss und eine zweischiffige Krypta, die im 16.Jahrh. im Ostteil durch den Einzug eines Tonnengewölbes zweigeschossig wurde.
(Die Benediktiner gründeten ihr Kloster hier um die Mitte des 11.Jahrh.)

Goseck, Blick nach Osten, Querhaus der ehemaligen Klosterkirche

Freundlicher Versuch, die ursprüngliche Struktur der Kirche zu veranschaulichen.
Man muss sich vorstellen, dass unmittelbar am Standpunkt meinem Fotografenapparats vor vierhundert Jahren sich das Mittelschiffportal befand, links auf der Linie der Blumen- (Baum)kästen die Pfeiler das Mittelschiff und das nördliche Seitenschiff trennten, der schwarze Belag etwa die nördliche Seitenschiffmauer markiert und die schattigen Schlossgebäude rechts (erste Hälfte des 17 Jahrh.) Teile des Mittelschiffs und das ehemalige Seitenschiff mit südlicher Ausrichtung ersetzt haben.

Chor, Nordwand

Alvensleben-Epitaph, links, erstes Viertel des 18 Jahrh., für den 1714 verstorbenen Ordomar v. Alvensleben.

Pölnitz-Epitaph, rechts, erstes Drittel des 17.Jahrh., für Bernhard von Pölnitz, kursächsischer Kanzler und Oberhofrichter in Leipzig.

Pölnitz-Epitaph, linke Seite mit der Darstellung von Bernhard von Pölnitz, von dessen Frauen, Söhnen und Töchtern, mit Blick auf Christi Kreuzigung, bzw. Kreuzabnahme (s.o.Gesamtansicht).
Figuren z.T. im Störtebeker-Modus, also enthauptet, Resultat vandalistischer Entgleisungen, vermutlich erst während der 70er Jahre des vergangenen Jahrh.
Die DDR-Kulturdeppen interessierte das eine feuchte Hüfte.

Pölnitz-Epitaph, rechte Seite
Epitaphe dienen im Gegensatz zu Grabmälern mitnichten zur Lagerung menschlicher Überreste und erfüllen eher die Funktion von Denkmälern.
Grabmal und Epitaph werden gebräuchlicherweise an unterschiedliche Standorten eingrichtet, das Epitaph bevorzugt an Kirchenwänden, doch auch an Pfeilern, Säulen…im Kircheninnenraum und werden in die übergeordnete Kategorie der Kenotaphe eingeordnet.
Spontan denke ich bei sächsischen Epitaphen z.B. an die Leipziger Universitätskirche (Olearius-Epitaph), an das Inventar der Laurentiuskirche in Pegau, aber auch an den Nosseni-Epitaph aus der ehemaligen Sophienkirche in Dresden (1945 stark beschädigt, am Beginn der 60er Jahre entgültig zerstört) und an den Görlitzer Nikolaikirchhof mit hunderten Grabmälern und Epitaphen.

Goseck, ehemalige Klosterkirche, Krypta
1046 geweiht.
Mit dominierendem Mittelpfeiler, keine besonders häufig bevorzugte Konstruktion.
Kreuzggratgewölbe.

Goseck, ehemalige Klosterkirche, Krypta-Fenster

Die Fenster wurden im 11.Jahrh. mit Eisengittern gesichert.
Davon existieren in Goseck noch zahlreiche Rudimente am ursprünglichen Standort.

Goseck, Krypta, spätgotische Gewölbemalerei


Filmvorschläge für eine Jim-Jarmusch-Nacht

Coffee & Cigarettes
Night on Earth
Mystery Train
The Limits of Control
Down by Law
Ghost Dog

U.a. mit Forest Whitaker, Tom Waits, Roberto Benigni, Isaach Bankolé, Tilda Swinton, John Hurt, Bill Murray, Steve Buscemi, Iggy Pop, Cate Blanchett, Armin Mueller-Stahl, Kari Väänänen (wurde besonders durch Filme des unvergleichlichen Aki Kaurismäki bekannt)….

Damit kommt man herausragend durch die Nacht.

Und die Filmmusik sollte man bei Jarmusch ohnehin immer im Ohr behalten und dann bald „Year of the Horse“ sehen, mit Neil Young, gleichfalls von Jarmusch.


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August 12, 2019 Posted by | Film, Kunst, Leipzig, Neben Leipzig, Reisen | Hinterlasse einen Kommentar