Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Hennes Filmtipp: „The Best Offer“, Geoffrey Rush, Donald, der Einzige, zwei Stunden Behäbigkeit, reife Agoraphobie, Morricones Musik, ein kleinwüchsisches Universalgedächtnis, Oldmans Handschuhe, ein Ozeanpianist, Malène und Gänsehaut zwischen den Schulterblättern

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Geoffrey Rush und Donald,der Einzige während einer Auktion (links)

Auktionator mit schöner Frau in seiner Kunstsammlung (unten)

Fanatiker Schweigerscher Tatorte sollten das Kino für „The Best Offer“ meiden. Denn hier kracht es nicht, laufen nicht ständig irgendwelche Tölpel durch irgendwelche Räume und durchlöchern sich die Nüsse.

Denn „The Best Offer“ rotiert über zwei Stunden eher behäbig. Mit genussvoll zelebrierten Einstellungen, langen und wenig erhitzten Dialogen, nicht ganz frei von Kunstgewerblichkeit.
Ein Auktionator und psychopathischer Sammler von Frauenporträts soll im Auftrag einer jungen Frau den Hausbesitz von deren verstorbenen Eltern verscherbeln.
Die Tochter quält sich mit einer reifen Agoraphobie und bleibt zunächst unsichtbar.

Und so kulmimieren die Abläufe einfach vor sich hin, aber eben recht behäbig.
Der Auktionator Oldman (Geoffrey Rush, Sprachlehrer bei „The King`s Speech“) betrügt souverän, um billig weitere Porträts erwerben zu können, gemeinsam mit seinem Freund Whistler (Donald Sutherland), dessen Malerei Kollege Oldman aber verabscheut.
Oldman hätte schweigen sollen.
Der handwerkliche Genius Robert (Jim Sturgess) bastelt an einem Automaten des 18.Jahrhunderts. Schon dieser Aktion wegen ist der Streifen für Ästheten eine Lustnummer.
Wichtige Filmheinis verweisen in diesem Zusammenhang wissend auf „Hugo Cabret“. Ist ja gut und ist ja auch richtig, doch nebensächlich.
Der Film ist zwischen Kriminalfilm, Thriller und Mystery-Gurke angelegt.
Und dann diese Flut edler Bilder, unterlegt mit Morricones Musik, dazwischen der wundervoll arrogante Oldman, der seine Handschuhe nie von den Gliedmaßen streift. Und diese ständigen Zwischenspiele im Innenraum einer Kneipe bei einer kleinwüchsigen Dame mit einem Universalgedächtnis für Zahlen und Zeiten, welche die Gänsehaut zwischen die Schulterblätter treiben.

Mögen Ambiente und Handlung auch mitunter ihre Tücken haben, die Kunst des Schauspiels von Donald Sutherland, Geoffrey Rush, Jim Sturgess und Sylvia Hoeks ist herausragend.

Etwas irritierte mich anfänglich ein wesentlicher Schnitt in der Mitte des Films, als sich die etwas mysteriöse Grundstimmung auflöste und auf eine, eher reale Ebene abbog.
Die Verunsicherung löste sich bald, denn es begann im Grunde ein neuer Film, dessen Verwebung mit dem ersten Teil in ein bemerkenswertes Finale mündete.

Mitunter lese ich, dass aufmerksame und denkende Zeitgenossen den Schlussakt schon bald hätten erahnen müssen.
Mir gelang das keineswegs, sicher bin ich zu bekloppt.

Der italienische Regisseur Giuseppe Tornato drehte „The Best Offer“, dessen OEvre noch recht begrenzt ist.
Ich sah bisher von ihm „Die Legende vom Ozeanpianisten“(s.mein Text vom 21.12.2012), ein feiner Film mit einem brillanten Tim Roth und „Wunder von Malène“, gleichfalls ein erstaunlicher Streifen.

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März 29, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, Vicky Leandros, Reim und Whittaker

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Plakate in Leipzig

Mein Kulturprogramm für das laufende Jahr, festgezurrt auf wenigen Quadrat-Dezimetern. Unweit vom Leipziger Hauptbahnhof.

Nach den Konzerten erhebe ich Anklage wegen Körperverletzung und beantrage eine Versehrten-Rente.




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März 25, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, das Echo-Verleihung, Page und Maffay, Jones und Schweiger und die Grenzen masochistischer Exzesse

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Led Zeppelin mit Jimmy Page, Robert Plant und John Paul Jones, am Schlagzeug vermute ich Bonham.

Nicht bei das Echo-Verleihung









Gestrige das Echo-Verleihung mit Bühne und einigen aktionsreichen Schnapfschüssen. (unten)

Um mir derartige Sendungen einzuführen, müsste ich mich einem Selbstversuch unterwerfen, die Grenzen masochistischer Exzesse auszuloten.
Jimmy Page und John Paul Jones von Led Zeppelin erhielten gleichfalls das Echo. Weiterhin schlurften, humpelten, sabberten Wader, Mey, Maffay, Fischer, Schweiger, Lena, Bruni, Campino…über diese, unglaublich hässliche Bühne.
Und dazwischen dann Page und Jones.
Das muss man mögen.
Doch will ich Toleranz zelebrieren. Aber dennoch, Maffay neben Page ? Unter einem Dach ?
Etwas befremdlich.

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Echo 2013

Echo 2013 - Ceremony

Echo 2013 - Ceremony

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-Led Zeppelin, mitnichten bei das Echo-Verleihung








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März 22, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, Franziskus, des Papstes Kleidung, des Papstes Worte, des Papstes Bescheidenheit, des Papstes Vergangenheit, des Papstes Lungen, Giottos Franziskus, Altenburgs Italiener, Crumbs Black Angels, Schostakowitschs Streichquartett, des Papstes Zehennägel und des Genitivs Schönheit

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„Potz Blitz, zum Teufel, mein Gott“, nun lasst doch erst einmal unseren Franziskus in heiliger Ruhe zu seinen Vögeln wandern oder sich ein ordentliches Steak von den Estancias Argentiniens rösten.
Diese penetrante Sezierung der ersten Stunden als Papst, das Gekrame in dessen historischen „Schandtaten“ ….. sind eigentlich nicht mehr zu ertragen.

Immer und immer wieder die Interpretation der Kleidung, die er sich kurze Zeit nach dem fünften Casting um seinen argentinischen Leib geschnürt hatte, die Bedeutungsprognosen über die ersten Worte, die er „bescheiden“ und „volksverbunden“ zwischen Berninis Kolonnaden hauchte, umrahmt durch eine marginale Debatte, ob Franziskus oder vielleicht auch Franziskus I. sich als päpstliche Rufnamen eignen würden, treiben mich fast in die Wüste oder nach La Verna, des alten Franzes Einsiedelei.

Gut, dass der zeitgenössische Papst nicht rülpste, eine Artikulation, die sich bei älteren Herrschaften auch ungewollt entrollen könnte.
Das Interpretationsgedröhne danach wäre sicher interessant.

Diskutiert wird ja auch allen Ernstes die Stabilität seiner Lungen. Dieser Mann war erst wenige Stunden im Amt. Oder über die Möglichkeit, daß deutschsprachige Zeitgenossen sich auch für ein markiges „Franz“ entscheiden könnten. Wie Franz Müntefering oder Franz Josef Strauß. Dann könnte er ja auch Josef Franziskus heißen.

Fehlen eigentlich nur noch Einblicke in die Reißfähigkeit seiner Schneidezähne, in die optische Ästhtik seiner großen Zehennägel und zur Lektüre auf dem heiligen Klo.
Irgendwelche Tölpel verweisen dann z.B. auf des Papstes Zugehörigkeit zu den Jesuiten und auf deren herausragende Stellung innerhalb der Inquisition und verwechseln scheinbar Jesuiten mit Dominikanern..u.s.w.
Mir sind diese Abläufe hochgradig zuwider.

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Assisi, San Francesco

Ich verspürte nach der Kenntnisnahme des Papstnamens eher eine Inspiration, mir wieder einmal einige Erinnerungen an Umbrien zu gönnen, durch Fotos und Bücher von und über Assisi zu blättern.
Wir durchstreiften Umbrien 1994, natürlich auch Assisi, einige Jahre vor dem Erdbeben und der grauenvollen Zerstörung von San Francesco. Selten so gelitten.
In der Unterkirche gibt es z.B. Fresken von Simone Martini, Lorenzetti und Cimabue, in der Oberkirche dann natürlich Giottos Franziskus-Zyklus.
Für die Arena-Kapelle in Padua mit Szenen aus dem Leben Jesus, Marias, Annas und Joachims von Giotto (nach Assisi gemalt) hat es bislang noch nicht gereicht. Doch bin ich zuversichtlich.

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Altenburg, Lindenau Museum

Sicherlich weiß wieder kein Schwein, dass im thüringischen Altenburg, unweit von Leipzig, die größte und belangvollste Sammlung frühitalienischer Malerei außerhalb Italiens an die Wände genagelt wurde. Also in Thüringen nicht nur nach Zeugnissen von Luthers Tintenfass-Cholerik in Eisenach fahnden und sich nicht nur von der Erfurter Gloriosa zum akustischen Orgasmus treiben lassen. Es sollte auch die Möglichkeit geplant werden, im Altenburger Lindenau Museum nach Bildern von Lorenzo Monaco, Daddi, Masaccio, Botticelli, Lippi, Fra Angelico zu fragen, um erst danach auf verwaschene Skatkarten zu glotzen.
(ein Hinweis im Zusammenhang mit Giotto, Franziskus und Assisi)

Musik-Tipp

Kronos Quartett—– Black Angels

George Crumb—– Black Angels
Thomas Tallis—- Spem in Alium
Istvan Marta—- Doom. a Sigh
Charles Ives—- They are There!
Schostakowitsch—- Streichquartett 8

Ich bin ja nun kein Verfechter irgenwelcher blöder Zusammenstellungen. Doch als Geschenk für mich war die Scheibe ein außerordentlicher Glücksgriff.

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März 16, 2013 Posted by | Leipzig | 1 Kommentar

Jürgen Henne und „Les Misérables“.

Les Miserables

Barrikadenkampf in „Les Misérables“

Soll Gavroche singen wie Jessy Norman? Oder Hugh Jackman trällern wie Gigli, während Russel Crowe sich stimmtechnisch bei Schaljapin annschmiegt?
Diese „Kritiken“ von Interims-Fachleuten, die an der stimmlichen Befähigung der Schauspieler in „Les Misérables“ mäkeln, um die Umgebung mit ihrem musikalischen „Verständnis“ zu beeindrucken, obwohl die qualitative Einordnung dieser Gesänge schon eindeutig umrissen ist, nerven gnadenlos.

Denn es hört doch auch das dümmste Tapir, dass hier keine normgerechten Tenor-Arien geschmettert werden, also Schauspieler-Stimmen eingesetzt werden, die an den Opern in Mailand, Paris oder New York sich ohne stehenden Ovationen von der Bühne scheren müssten.
Doch darüber bräuchte tatsächlich niemand endlose Erklärungs-Wülste. Bei einem unverfilzten Gehörtunnel ist dieser akustische Eindruck eindeutig.

Irgendeine Nuschelzunge begann mit der messerscharfen Verurteilung des stimmlichen Potentials der Akteure und auch wirklich jede Hörfunkanstalt, einschließlich aller sogenannten „Kultursender“, fand es schick und ausladend originell, diese Inkompetenz nachzuöden.

Doch kann man hier keinesfalls Edelgesang erwarten, ich empfände es auch als hochgradig unangenehm.
Denn „Les Misérables“ ist keine Oper, nicht einmal ein Musical, sondern die Verfilmung eines Musicals. Und deshalb gelten andere Kriterien.

Denn Oper, Musical sicher etwas weniger, sind doch weitgehend musikorientiert, Handlung und Aktion unterstreichen die gesungenen und gespielten Noten. Denn es wird immer noch von Musiktheater gesprochen, weniger von Theatermusik.

Im Film dominiert der Ablauf, Musik kann zur Kulmination beitragen, zur Emotionalisierung und inhaltlichen Unterstützung.

Und ein strahlender Heldentenor auf den Pariser Barrikaden von 1832 in einer Musicalverfilmung würde ich nicht ertragen können.
Die Synchronisation Russel Crowes durch irgendwelche Pracht-Gröler von den Opernhäusern dieser Welt wäre mir zuwider und ich würde das Ergebnis als misslungene Parodie eines historischen Sachverhalts beurteilen.
Wiederum anders stellt es sich natürlich bei bei Kinoveranstaltungen dar, in denen Musiktheater von der Bühne in den Saal übermittelt wird.
Ich sah vor einigen Jahren in einem Leipziger Lichtspieltheater zwei Teile von Wagners „Ring“ (Rheingold und Walküre) in der überragenden Aufführung von Patrice Chéreau.
Hier entfaltet sich die Wirkung der Stücke wiederum anders, Wirkungsanteile zwischen Musik und Handlung werden erneut relativiert.

Der Film „Les Misérables“ setzt keine neuen Maßstäbe, doch habe ich mich fast einhundertundsechzig Minuten vorzüglich unterhalten.

Auch ohne das Format von Domingos oder Villazons Gekrähe.

Zugabe zum Tod Dieter Pfaffs

Ich kann weder seine schauspielerische Fähigkeit noch die Güte des musikalischen Vortrags einordnen. Meine Kenntnisse darüber sind arg rudimentär. Sicher war er ein außerordentlich angenehmer Zeitgenosse.
Doch wird er sofort mit Johnny Cash verglichen, auch mit Orson Welles. Gunter Gabriel und Cash sind in offiziellen Urteilen ohnehin auf der gleichen Ebene angesiedelt.
Mein Gott, lasst doch alle einmal die legendäre Kirche im Dorf.
Ich empfinde dieses Gesülze als Verhöhnung Pfaffs.
Ich hatte die Freude, Johnny Cash noch leibhaftig auf der Bühne zu sehen und kann mir deshalb durchaus ein zielsicheres Urteil erlauben.

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März 6, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar