Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und Pierre Soulages

Aus meiner kleinen Soulages-Literatur

Ich bitte um eine spürbare Erweiterung der Schweigeminute für meinen hochgeschätzten Pierre Soulages, geboren Weihnachten 1919, verstorben vor zwei Tagen.

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Oktober 27, 2022 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die eher unregelmäßig bearbeitete Reihe: „Jürgen Henne und die alltäglichen Irritationen“. Heute : ein Konzertsaal, eine Konzertankündigung, ein Schauspieler, DDR-Garagen und BRD-Garagen

Impressionen aus der Musikstadt Leipzig am 21. Oktober 2022 im Mendelssohnsaal des hiesigen Gewandhauses, 20 Uhr, kurz vor Beginn des Konzerts.

Gegeben wurde „Vingt regard sur l`enfant-Jesus“ (Zwanzig Blicke auf das Jesus-Kind), eines der bedeutendsten Klavierwerke des 20. Jahrhunders (etwa zwei Stunden), von einem der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts (Olivier Messiaen).

Oh Scham, oh Scham……

Beiträge über die Messiaen-Tage in Görlitz am 22.2. 2019 und am 22.2. 2020 hier in diesem Blog.

Zeitgenössische Litfaßsäule vor dem Gewandhaus, auch digital mehrmals sichtbar am und im Gebäude.

Informiert wird über den Slogan des Konzerts, über das Datum des Konzerts, über den Ort des Konzerts, über den Klangkörper, den Dirigenten und den Solisten des Konzerts, aber nicht über das Programm des Konzerts.

Ich lehne schon seit meiner Jugendzeit in der DDR jegliche Abonnements für Konzerte, Theaterdarbietungen, Opern usw. ab, weil ich nicht abonnementsverpflichtet bei irgendwelchen Gurkenveranstaltungen anwesend sein wollte. Deshalb war für mich immer eine Information über inhaltliche Programmverläufe unerlässlich.

Dadurch musste ich mich auch nicht über mögliche Musikzusammenstellungen schinden, die z.B. ein Potpourri des „Vetters aus Dingsda“, Beethovens Wellington-Quark und Wehdings unsägliches Pavillon-Intermezzo beinhalten.

Sicherlich kann man heute mit erhöhtem Zeitaufwand die vermissten Informationen erfahren, doch erschließt sich mir nicht der scheinbar unverzichtbare Wert dieser Mitteilungsreduzierung. Ich identifizierte das Litfaßsäulenbild (oben) recht zügig als relativ frühes Porträt Strawinskys. Eine merkwürdige, lästige Werbestrategie in unmittelbarer Nähe des Gewandhauses bleibt es trotzdem, für hektische Vorbeiläufer weitgehend unergiebig und als Zeugnis professioneller Organisationsabläufe in dem Haus eher ungeeignet.

Eine Untat muss gesühnt werden und wenn Kevin Spacey einer Untat schuldig ist, muss Recht gesprochen werden, von einem demokratischen, unabhängigen Gericht in einem demokratischen Rechtssystem eines demokratischen Staates. Es können dann Einsprüche folgen und sicherlich tausend andere Mittel und Möglichkeiten eingesetzt werden, um entgültig Recht zu sprechen.

In meinem doch etwas schlichten Verständnis für diese Verknüpfungen müssen sich die Abläufe derart organisieren, um ein faires Urteil zu gewährleisten.

Und Kevin Spacey wurde in einem demokratischen Rechtssystem von einem demokratischen Gericht eines demokratischen Staates zunächst freigeprochen. Und diese Entscheidung sollte zunächst niemand in seinem individuellen Wertekanon als Reinwaschung einordnen, schon gar nicht die intellektuell etwas schmächtigen Redakteure der Seite 31 vom 21. Oktober 2022 (LVZ). Siehe obiges Bild.

Ideologie geht hier vor Demokratie und Wahrheit und ich bin nicht gewillt, diesen permanent abgestrahlten und grobkörnig strukturierten Aufforderungen in allen Medien zu folgen, Distanz, Abneigung und selbst Abscheu gegenüber den Vereinigten Staaten auf dem amerikanischen Kontinent zu entwickeln.

Ganz im Gegenteil !

Leipziger Volkszeitung, 21. Oktober 2022

Sicher hat jeder das Recht, sich bei Garagen zu treffen, um dort auch an Schrauben zu drehen, Karten zu spielen, Bier zu trinken (s. Bild oben), im Text wurde dann geschrieben, dass bei den Garagen gleichermaßen gewerkelt, gegessen und gelacht wurde, auch bei DDR-Garagen. Und jetzt sollen diese DDR-Garagen abgerissen werden.

Ich wünsche den DDR-Garagen-Besitzern, dass sie ihre DDR-Garagen behalten können. Oder fürstlich entlohnt werden oder einen DDR-Garagen-Ersatz erhalten, in denen man ähnlich ausgelassen schrauben, Karten spielen, Bier trinken, werkeln, essen und lachen kann. Vielleicht in der Architektur etwas ausladender als die DDR-Trabant-Garagen.

Aber wie heißt der Spruch mit der Kirche, im Dorf sollte man sie lassen, glaube ich. Oder neben der Garage? Auch neben der DDR-Garage?.

Jedenfalls würde man die Kirche weit außerhalb des Dorfes abladen, wenn DDR-Garagen, bei denen man schraubte, Karten spielte, Bier trank, werkelte, aß, lachte… als Stück Ostkultur, als Kulturgut der DDR klassifizieren und damit erhöhen würde, arme Kultur-DDR.

Denn ich vermute doch, dass im Schwarzwald und in Meppen, in Wanne Eickel und Kleinkotzenreuth ähnlichen Verrichtungen gehuldigt wurde, an BRD-Garagen. Warum auch nicht. Aber ein Stück Meppener Kultur und Kleinkotzenreuther Kulturgut ist es dann vielleicht doch nicht

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Oktober 25, 2022 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die eher unregelmäßig bearbeitete Serie: „Herbstliche Wanderungen im erweiterten Umland Leipzigs „. Heute: In den Spuren von Johann Wolfgang v. Goethe und Karl Friedrich Schinkel auf den Petersberg bei Halle

Petersberg. Auf dem Weg zur Stiftskirche , Bismarckturm nach Entwürfen von Wilhelm Kreis, Anfang 20. Jahrh.

Kreis baute z.B. auch das Hallenser Museum für Vorgeschichte, die Leipziger Betonhalle und das Hygiene-Museum in Dresden. Außerdem setzte er gefühlt eine Million andere Bismarcktürme in die Landschaft.

Petersberg. Auf dem Weg zur Stiftskirche. Ein durch Pflanzenvermehrung etwas unvollkommener Blick in die Tiefe des Goethebruchs.

Man lehrte mich in kindlichen Zeiten, dass der Petersberg auf gerader Linie nach Osten die höchste Erhebung bis zum Ural-Gebirge sei. Aber auf Grund meiner damals nicht unbeträchtlichen Faktenkenntnisse, angetrieben durch einen fanatischen Erdkundelehrer in den 60er Jahren, bei dem wir alle Länder, Hauptstädte, Flüsse, Seen, Meere, Flaggen des Universums auswendig zu lernen hatten, zweifelte ich nachdrücklich an dieser Erkenntnis. Aber es sind tatsächlich nur wenige Hügel, die wenige Meter auf dieser Strecke von 3000 Kilometern bis zur europäisch-asiatischen Grenze sich über den Petersberg erhenen.

Spuren von Jägern des Paläolithikums (Altsteinzeit) wurden auf dem Petersberg gefunden wobei diese Epoche so etwa vor sechshunderttausend Jahren begann und so etwa vor zehntausend Jahren endete und die Geschichtsbücher der 60er Jahre uns lehrten dass so etwa seit sechshunderttausend Jahren der Mensch die Erde belästigt wobei heute dieses Ereignis auf so etwa über zweimillionen Jahre zurückverlegt wird und man vor etwa vierzig Jahren in Äthiopien ein menschenähnliches Skelett freiglegte (Lucy) über dessen Alter man sich weitgehend auf etwa über dreimillionen Jahre einigte irgendein Vormensch sozusagen kein Unmensch aber ein Vormensch. Eine wunderbare Erde.

Übrigens gibt es in Leipzig einen großartigen Maler aus Äthiopien, er heißt Solomon Wija

Oben auf dem Petersberg, Hospiz-Ruine des Klosters, 12.Jahrh.

Wurde auch als Beherbergungsstätte genutzt. Die Brände im 12./16./17.Jahrh. behelligten den Bau nicht, aber die Kollegen der Reformation zelebrierten eine umfangreiche Beschädigung der Klostergebäude. Später auch Unterkunft für Familien, meist Diebe und Bettler (So steht es in den Annalen).

Karl Friedrich Schinkel, der preußische – klasssizistische – historistische Elite-Architekt, der in den 30er Jahren des 19. Jahrh. den Petersberg bestieg, warb zwar um den Wiederaufbau der Kirche, das Hospiz-Fragment interessierte ihn aber eher dürftig. Deshalb steht die Hütte heute noch so da, wie sie schon seit Jahrhunderten dastand. Aber auch ganz hübsch.

Petersberg, Stiftskirche, Innenraum nach Osten mit Chor und Apsis

Bau der Kirche während der 20er/30er40er Jahre des 12.Jahrh., Weihe um 1150, Heimstatt von Augustiner-Chorherren

Dreischiffig, hochromanisch, basilikaler Grundriss, Breite des Langhauses nur unauffällig kürzer als die Langhaus-Länge, bemerkenswert breite Seitenschiffe im Vergleich zum Mittelschiff, deshalb ein eher gedrungener Raumeindruck. Grablege von z.B. Konrad d. Großen, Graf aus dem Haus Wettin, der in der ersten Hälfte des 12.Jahrh. als Kurfürst vorrangig auf dem Areal des heutigen Sachsens seine Kreise zog. Nicht verwechseln mit Konrad II., dessen Einfluss sich doch ungleich beträchlicher auf die Politik des Mittelalters auswirkte. Er agierte im 11.Jahrh. als römisch-deutscher Kaiser und als König von Burgund und Ostfranken. Außerdem gibt es eine erkleckliche Anzahl anderer Konrads, denen man eine mehr oder minder ausgeprägte Machtentfaltung zubilligte.

Am Ende des 12.Jahrhundert erweiterte man, infolge einer Zunahme der Chorherren, die Kirchenarchitetur (Chor und Querhaus). Mehrere Brände fackelten über die Jahrhunderte zumindest Teile der Kirche ab. Auch deshalb tendiert die erhaltene und überlieferte Ausstattung des Mittelalters gegen Null.

Um die Mitte des 16. Jahrh. war dann Schicht im Schacht, denn die Säkularisierung und ein wirklich verheerender Brand ließen den Bau als Ruine zurück, die dann bis zum Beginn des 19. Jahrh. vor sich hin zerbröselte.

Ab Ende des 18. Jahrhunderts wuchs das Interesse an der Petersberger Kirche. Auch Goethe scheint seinen positiv gewürzten Senf zum Wiederaufbau beigesteuert haben. Ab 1852 wuchteten die Bauleute dann wieder alles zusammen, weitgehend im originalen Sound. Am Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrh. folgte eine ausgeprägte Restaurierung, wobei die romanischen Strukturen weitgehend einbezogen wurden.

Portal am südlichen Querhaus

Blick nach Nordwest

Südliches Querschif mit irgendwelchem Gemüse an den Wänden

Ostteile mit Chor und Apsis

Auch für Kinder und Enkel ist der Petersberg ein interessantes Terrain für einen Beitrag zur umfassenden Persönlichkeitsbildung. Ein bemerkenswerter Tiergartem, eine bemerkenswerte Sommerrodelbahn, eine bemerkenswerte Kletteranlage, eine bemerkenswerte Flora, ein bemerkenswerter Friedhof, ein bemerkenswerter Eisbecher sind geeignet, minderjährige Tobsuchtsanfälle anhaltend zu neutralisieren.

Zugabe

Das weibliche Vormensch – Lucy – Skelett (s.o.) erhielt seinen Namen tatsächlich nach dem Beatles-Titel „Lucy In The Sky With Diamond“ („Sgt.Pepper`s…“), der zum Zeitpunkt des Fundes aus einem Kofferradio tönte.

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Oktober 18, 2022 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne,…wir werden den Doppelwumms auf den Wech bringen…und Mucks Wunderschuhe

King Kong bei seiner Freizeitbeschäftigung

Warnung

Einem Mitbürger meines sozialen Umfeldes, der sich nicht scheut, bei meiner Anwesenheit seine Ausführungen sprachlich akzentuiert mit einem effektvoll eingebundenen und rauchig vorgetragenem „Wumms“ oder einem „Doppelwumms“ zu fundieren, empfehle ich, sich zuvor um die Ausleihe des kleinen Mucks Wunderschuhe zu bemühen. Denn ich könnte dann bei mir eine Mutation zwischen einem tobenden King Kong (s.o.) und der Leipziger Version von Jack the Ripper nicht ausschließen.

Ich bin nicht gewillt, diese Infantilisierung der Sprache kampflos zu akzeptieren.

Auch bei „…werden wir auf den Weg bringen…“, „…haben wir auf den Weg gebracht…“, „…könnten wir auf den Weg gebracht haben…“, „…werden wir auf den Weg bringen gesollt…“, „haben wir auf den Weg gebracht dürften“…, müsste der Verkünder Mucks Schuhe in Sichtweite abstellen.

Doppel-Olaf aus dem Kanzleramt führte diese spezifische Verfahrensweise einer Verrichtung in die politische Sprache ein und aktuell wird in allen Medien, in Presse, Hörfunk und allen Fernsehkanälen irgendetwas auf den Weg gebracht, nicht selten mit einem „Wumms“ oder „Doppelwumms“ garniert.

Man glaubt, in einem Tollhaus sprachlicher Verlotterungen und Verlumpungen zu existieren.

Doppelwummsolaf wählt in der Regel die sprachliche Variante …“auf den Wech bringen…“ Ist das osnabrückich ? Keine Ahnung.

Und hoffentlich werde ich jetzt nicht der rassistischen Aneignung fremder Kulturen bezichtigt, weil ich Mucks Schuhe für eine humoristische Nuance verwendete.

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Oktober 9, 2022 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, Igor Strawinsky, Philip Glass, Küblböck vor Mozart, mein Kapuzengang, Stabhochsprung bei 6,22 Meter und 2,87 Meter, musikalische Häkeleien, KOYAANISQATSI und das Wenn und das Aber

Vor vielleicht fünfzehn, zwanzig Jahren organisierte das öffentliche Fernsehen eine unerträglich dröhnende und aufdringliche Umfrage nach den größten Deutschen aller Zeiten. Selten ein derartig saublödes Thema zur Kenntnis genommen.

Ich hatte mir aber einige Notizen von dem Ergebnis gemacht und kann sie jetzt kurz vortragen.

Küblböck rangierte vor Mozart, Jauch vor Bonhoeffer, Heino vor Robert Koch, Roy Black vor A.v.Humboldt, Katarina Witt vor Thomas Mann, Xavier Naidoo vor Siegmund Freud, Stefan Raab vor Richard Strauss…. Ich gönne ja jedem sein Späßchen, doch die Darbietung dieser Aktion für besonders einfältige Zeitgenossen durch das öffentliche Fernsehen hatte mich schon erheblich irritiert und ich überlegte, welchen finanziellen Beitrag ich für diesen Mumpitz absetzen musste und rechnete den Betrag in Weinflaschen, Bücher, DVD`s oder CD`s um.

LVZ, 24./25. September, Igor Strawinsky als größter Komponist des 20.Jahrhunderts (Bildunterschrift). Detail einer Konzertkritik.

Und jetzt scheinen die Pfadfinder der Kulturabteilung in Leipzigs einziger Tageszeitung eine Hitparade der „größten“ Komponisten des 20 Jahrhunderts erstellen zu wollen. Die Nummer 1 wurde schon festgezurrt.

Igor Strawinsky heißt der Mann (Bild oben) und ich bekenne, dass ich keine Woche verstreichen lasse, ohne ein Mindestmaß von Musik gehört zu haben, die er in Noten gesetzt hat. Man könnte diese wöchentliche Freizeitbeschäftigung als Zustimmung für den Wert der Einordnung dieses Komponisten in den LVZ-Charts taxieren.

Aber mitnichten, würde ich erwidern. Mir gehen diese Dödeleien gnadenlos auf die Kapuze. Denn Beurteilungen über künstlerische Werte jeglicher Art können nicht mit den Maßwerkzeugen abgezirkelt werden, wie sie z.B. im Stabhochsprung sinnvoll erscheinen. Denn wer über 6.22 Meter hüpft, ist neuer Weltrekordler und wer sich bei 2.87 Metern den Hals bricht ist eine Stabhochsprung-Flasche. So einfach ist das.

Und im Text euphorisiert sich der Autor dramatisch und taumelt selig in die Formulierung von dem…. „ohne Wenn und Aber größten Komponisten des 20.Jahrhunderts“. Gemeint ist Strawinsky. Abgesehen von der sprachlichen Hölle, die ich durchschreiten muss (Das Wenn und das Aber), blockierte diese kernige Frontalbeurteilung kurzfristig meine Gutlaunigkeit.

Bei Kunst ist das eben nicht so einfach zu fassen , doch darüber zu labern, widerstrebt mir, ist mir einfach zu blöd und überlasse es der Zeitung. Ohne Wenn und Aber.

Aber mir missfallen recht stabil, wie schon geschrieben, diese fast beleidigend unbedarften Qualitätshitparaden. Meinetwegen sollen derartige Simpel-Aktionen an Glühweinständen auf den Weihnachtsmärkten ablaufen. Aber doch nicht innerhalb der Musik des 20.Jahrhunderts.

Und in einer Konzertkritik am Tag darauf (mit Musik von Anton Bruckner und Philip Glass) zelebriert der gleiche Verfasser die ersten Skizzen vom Ende, vom Rest der Charts, also Komponisten, deren Musik scheinbar in den Spülkisten der öffentlichen Aborte aufbewahrt werden sollte.

Aus meinem Philip Glass-Angebot

Philip Glass heißt der Mann und gilt als Vertreter der Minimal Music, zusammen mit u.a. Steve Reich, Terry Riley und Michael Nyman.

Mich irritiert dabei weniger, dass der Verfasser die Musik von Glass als „minimalistischen Pomp“ erlebt hat, für den der MDR-Chor „nämlich viel zu schade“ sei und das „die kunstgewerblichen Pattern-Häkeleien des Philip Glass bereits vor 150 Jahren Schnee von gestern waren„. Denn es lebe das eigene, möglichst kompetente Werturteil.

Ein gerüttelt Maß Unruhe baut sich aber in mir auf, wenn ich meine Erinnerungen an die Konzerte der vergangenen Jahrzehnte mit Musik des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert aktiviere, z.B. an meine inzwischen dreistellige Anzahl der Besuche bei Musica Nova in Leipzig, an Konzerte mit aktueller Musik in verschiedenen Kinos der Stadt, im Mendelssohn-Haus, aber auch z.B. in Hellerau, Gohrisch, Rheinsberg, Görlitz….., auch mit Musik von Strawinsky und Glass. Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Autor dieser beiden Konzertkritiken auch nur einziges Mal erspähen durfte.

Und ich befürchte, dass sein Zugang für die Tonkunst der vergangenen einhundert Jahre und für die Zeiten nach Edward Elgars Cello-Konzert (1919) irgendwo in den 1,80 Metern Körpersubstanz zugekorkt ist wie der Gespensterheini in der legendären Flasche, den Inhalt er aber nicht entweichen lässt. Dagegen gibt es natürlich nichts einzuwenden und es interessiert mich im Grunde wie die damalige Hütchenproduktion in Obervolta.

Aber ich verkünde mit robust ausgeprägter Eindringlichkeit meine Skepsis, dass dieser Autor befähigt ist, eine Hitparade der Komponisten des 20. Jahrhunderts einzurichten, von Strawinsky bis Glass sozusagen. Ohne das Wenn und ohne das Aber.

Philip Glass als Interpret seiner eigenen Kompositionen erlebte ich vor zwölf Jahren als ungeplantes Überraschungskonzert in Stresa, innerhalb einer Tour durch das Piemont. Es gab den Film „KOYAANISQATSI“ mit Glass am Klavier. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er als Schneemann von gestern oder vorgestern durch die musikalischen Welten irrte.

Ohne Wenn und Aber.

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Oktober 4, 2022 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar