Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne, Harndrang mit spritzenden Klischees, Elses Kopf im Sand, ein Fressen mit nackten Händen, Jobsuche ohne Jobbedürfnis, die Herrscherin über alle Infantilitäts-Meridiane, die Bohrmaschine im Analgang, Fragonard und Boucher, Frauen mit haarigen Rücken und Kafka, Rilke, Lynch, Kaurismäki, Benn als Nebelkerzen und Else am Grab Kafkas

Hans Brosch
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Else Buschheuer

„Verrückt bleiben. Mein Leitfaden für freie Radikale“

Ein Buch im Aufbau-Verlag
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Auszüge, willkürliche Auswahl, sie könnte grenzenlos erweitert werden
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Kapitel 1 „Selber denken“

„…..Machen Sie es anders, anders als bisher, anders als die anderen. Suchen Sie sich Vorbilder. Machen Sie Fehler…..Leben Sie nicht nach Norm und Gesellschaft……“

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Also was denn nun, anders machen oder Vorbilder suchen.
Diese Gedankenkette ist unter aller Sau. Und warum soll ich absichtlich Fehler machen? Verstehe ich nicht! Ich versuche, Fehler zu vermeiden. Gelingt mir nicht immer. Doch weshalb absichtlich zelebrieren?
Dieser philosophisch-soziologische Harndrang mit unsäglich spritzenden Klischees ist unerträglich.
„Leben Sie nicht nach Norm und Gesellschaft“ – dieses Bedürfnis hatte ich schon mit vierzehn Jahren, kurz nach meiner ersten Ejakulation.


Kapitel 5 „Ruhepause: Think small!“

„Verschieben Sie die großen Fragen auf die großen Tage mit den großen Momenten, den großen Gefühlen und den großen Gedanken….Stecken Sie vorübergehend den Kopf in den Sand…“.

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Wann leuchten bei Ihnen, kleine Else, endlich die großen Tage mit den großen Gedanken?
Warum soll ich meinen Kopf in den Sand stecken?
Er ist doch so fein anzusehen.
Warum soll man bei großen Gedanken, bei den großen Sorgen um kindliches Wohlergehen, um den Arbeitserhalt und globale Entgleisungen auf große Tage warten. Warum nicht auch kleine Tage mit großen und kleinen Fragen, mit großen und kleinen Momenten, mit großen und kleinen Gefühlen, mit großen und kleinen Gedanken nutzen?

„Auf die großen Tage verschieben……“ Was für ein endlos-einfältiger Ideen-Brechreiz, welch dümmlich aufgeheizte Bedeutungs-Suppe.
Ich habe große Gedanken auch an kleinen Tagen, Sie haben kleine Gedanken nicht einmal an großen Tagen
Und nur wenn wir uns begegnen sollten, werde ich meinen Kopf in den Sand stecken. Ich würde ihn bis in Tiefen drücken, die Professor Lidenbrock sich nie hätte vorstellen können.

Und vielleicht hat der Pilot Ihres nächsten Fluges gerade einen kleinen Tag und will seinen Kopf in den Sand stecken.
Wann und wo Sie, Frau Buschheuer, Ihren Kopf irgendwo einrasten lassen, interessiert keine Sau.
Doch bei Ärzten, Krankenschwestern würde ich z.B. schon recht gern wissen, wo deren Schädel gerade steckt, besonders bei geöffnetem Brustkorb.

Kapitel 9 „Fressen“

„……Ich entschloss mich zum Selbstversuch….ich legte also im Restaurant das in eine Serviette eingerollte Besteck beiseite, zögerte kurz und schaufelte dann die Paelle mit der nackten Hand in mich hinein……Alles schleckte ich auf, wischte mit der Handfläche den Teller ab und leckte dann erst die Handfläche sauber, dann den Teller ab, während sich livrierte Kellner hinter mir unruhig gruppierten.. Das Fressen hat Spaß gemacht.
Es war lebensbejahend, anarchisch.
Versuchen Sie mal das Fressen ohne Besteck, heute Abend, beim Italiener um die Ecke. Und vergessen Sie das Schmatzen nicht! Guten Appetit!“

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Mein Gott, Frau Else, Sie nötigen mich zu Respektgesängen. Sie haben einfach mit nackter Hand gegessen. Einfach so.
Und dann auch die Handfläche und den Teller abgeleckt, auch einfach so.
Ich bin verblüfft und irritieret, ob dieser freien, radikalen (s. Buchtitel) Willensäußerung.
Sie setzen dadurch Maßstäbe für die Entwicklung der menschlichen Kommunikation. Einfach so!
Mit nackter Hand fressen. Einfach so? Und Handfläche und Teller einfach ablecken. Einfach so?
Ihre scheinbar grenzenlose Tollkühnheit rührt mich.
Sie sind der „Eddie the Eagle“ des Abendmahls.
Und ich wäre dann also gleichfalls das coolste Frettchen unter der Sonne, wenn ich esse wie eine Pottsau, ich würde dann gegen eingefahrene Normen rebellieren. Toll!
Dennoch werde ich weiterhin mit Besteck essen, Handflächen und Teller nicht ablecken, nicht rülpsen und keinesfalls die Hände am Hemd säubern.
Weil man ja nicht draußen wie ein Dreckschwein herumlaufen will, müsste ich nämlich dann das Hemd waschen. Und dazu habe ich keine Lust. Einfach so!

Kapitel 16 „Zeitinseln durch Aberwitz

„…..Studieren Sie Jobanzeigen, auch wenn Sie einen Job haben, Partnerschaftsanzeigen, auch wenn Sie einen Partner haben, Wohnungsanzeigen, auch wenn Sie nicht umziehen wollen…..“

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Was ist denn das für eine Freizeitgestaltung? Da müsste ja ein ganz weiches Ding an meiner Waffel glühen.
Jobanzeigen studieren, obwohl ich einen Job habe,
gleichfalls Wohnungsanzeigen, obwohl ich eine Wohnung habe.
Dann würde ich also zu der Elite der Aussteiger gehören, die sich von der spießigen, muffigen, biederen Masse gelöst hat?
Wenn ich Wohnungsanzeigen studiere, obwohl ich nicht umziehen möchte. Toll!
Oh, Else, Sie Königin und Herrscherin über alle Infantilitäts-Meridiane.
Selbst bei Ihnen hoffte ich auf eine Hemmschwelle.

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Doch folgt in diesem Buch eine Orgie von Plattitüden der anderen.
Sie schlägt in „Sex“ (Kapitel 20) vor, nach dem Lustprinzip zu leben (Toll!), vor nichts zurückzuschrecken. Sie gesteht uns zu, schwul zu sein, Blümchensex zu haben, auch Analsex oder Safersex, Haushaltsgeräte einzusetzen, Pornos zu sehen, mit der Katze das Bett zu teilen………..gähn, dieser ganze wässrige Schnee von gestern.
Da hätten doch nicht einmal die Bravo-Leser in den sechziger Jahren gezuckt, auch nicht im Schritt.
Und deshalb soll ich mir diesen gebündelten Papierlappen kaufen.
So heftig kann das weiche Ding an meiner Waffel gar nicht glühen.

Ein enger Freund würde sich gern die rotierende Handbohrmaschine in die Analöffnung schieben und seine Spermaröhre mit Rosinen verstopfen.
Findet das Ihre Akzeptanz? Oder soll er doch nur mit der Katze ins Bett steigen und darf er ihr dann wenigstens die Spalte streicheln?

Delikate Abläufe mit Tieren haben z.B. schon die herausragenden Franzosen Boucher und Fragonard im 18.Jahrh. gemalt.
Doch woher sollen Sie das wissen, kluge Else, Sie müssen ja Jobanzeigen suchen, obwohl Sie keinen Job brauchen, Wohnungsanzeigen lesen, obwohl Sie nicht umziehen wollen……da vergeht schon ein gerüttelt Maß an Zeit!
Und außerdem wollen Sie ja noch Fehler machen und nicht nach Norm und Gesellschaft leben. Und „Klong“, schon wieder Zeit vorbei. Toll!


Hans Broch
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In Kapitel 19 („Nieder mit dem Glück der Unterwerfung“)
wird es dann so richtig gut. Else Buschheuer erarbeitet sich die fiktive Vorstellung, es „wäre andersherum gekommen.“
Die Kathedralen hätten Frauen erbaut, nur Frauen stehen an der Spitze von Wirtschaft, Politik und Religion. Frauen wären schwammig, riechen nicht gut, hätten Glatzen, Plautzen, und haarige Rücken…..Die Frauen tragen Krawatten, platzen fast aus ihren Anzügen….
Und dann erläutert Sie, dass Frauen dann einen ähnlichen Umgang mit Männern bevorzugen würden, wie Männer heute, analysiert sie tiefschürfend, Frauen behandeln.Toll.
Sie fragt dann auch gleich einmal:

„Was ist das, eine Heldin? Was ist das, eine Frau? Wer hat die nötige Distanz, das zu entscheiden? Ein Mann ja wohl kaum. Eine Frau erst recht nicht…..“

Na dann vielleicht ein südostmalaiisches Tornister-Tapir?
Oder das vierte Geißlein aus dem Märchen der Grimms?

Schluss. Man kann es nicht ertragen. Das ist Körperverletzung.

Und dann werden Namen genannt, Zitate abgepoltert. Endlos……

Mutter Teresa, Jeanne´Arc, Virginia Woolf, Philippe Djian, Valerie Solanas, Alice Schwarzer, Madonne, Gerard Depardieu, Catherine Deneuve, Else Lasker-Schüler, Veit Harlan, Nicholas Ray, Joan Crawford, Stieg Larsson, Marilyn Manson, Robin Hood, Tod Browning, Julia Roberts…nur auf fünf Seiten.
Sicherlich habe ich einige überlesen.

Über fast einhundertundneunzig Seiten wird diese Zitatenkette abgespult. Also achtzehn Bezugnahmen auf fünf Seiten, also sechshunderundvierundachtzig auf fast einhundertundneunzig Seiten.
Mindestens!

In allen Kapiteln endlose Reihen von Zitaten. Die anmaßende und deplatzierte Absicherung eigener Schlichtheiten durch die Gedanken wacher Geister.

Freud, Jung, Rilke, Kafka, Dostojewski, Bukowski, Bobby Fischer, Jean Genet, Benn, Thomas Mann, David Lynch, Churchill, Orson Wells, Aris Kaurismäki…bis zum Telefonheini Graham Bell….und so weiter und so weiter. Jeder darf einmal.

Es ist ein Jammer, diese klugen Köpfe müssen als Nebelkerzen auf einer Bühne zünden, auf der die einzige Schauspielerin versucht, ihren eigenen Opportunismus zu maskieren, als Angestellte einer Schauspielerin, die ihr Viertelwissen dennoch nicht verbergen kann.

Bei unsachgemäßer Behandlung der russischen Literatur des 19. Jahrh., bei den Franzosen des 20. Jahrh., den deutschen Expressionisten, bei Kafka und Rilke werden ohnehin meine bestialischen Gene aktiviert.

Also erwarte ich, dass Else Buschheuer das Zitatenlexikon zwischen Ihre Kochbücher schiebt, das Lexikon „Wie lebe ich gegen Norm und Gesellschaft“ und das Nachschlagewerk „Wie organisiere ich schöpferisch eigene Fehler“ kurzfristig vernachlässigt und ordentliche Essays über Dostojewski, Genet oder Benn schreibt.
Doch fehlt ihr dazu jedes intellektuelle Fundament und jede Aufrichtigkeit, um Ihr Lebenskonzept zu begründen.

Denn wenn aus den Kapiteln von „Verückt bleiben“ die Luft herausgedröhnt ist, bleibt eine ledrige Pyramide irgendwelcher Zitate, unlesbarer Trivialitäten aus eigener Feder und der Eindruck, dass eine Zeitgenossin, die mit radikal ausgelebten Willen als „verrückt“ beurteilt werden möchte, sich aber opportunistisch und leichtfüßig durch den Alltag hangelt und z.B die Nahrungsaufnahme ohne Besteck, nur mit der „nackten Hand“, als Indiz für „Andersartigkeit“ auswählt, vegeblich versuchte, diese Gloriole an ihrem Haupt festzuzurren.

Im Prolog schreibt Else Buschheuer dann über ihren Besuch am Grab Kafkas. Machen Sie das bitte nie wieder. Bitte, bitte !
Bei Kafka reagiere ich besonders sensibel. Nie wieder. Bitte !
Else Buschheuer erhält am Grab Kafkas eine SMS von Ihrer Freundin Leah:
„Loriot ist tot“
Sie reißt eine Seite aus dem Notizbuch und notiert:

„Lieber Franz, ich bin heute nach Prag gekommen, um dein Grab zu besuchen, und jetzt ist Loriot tot.
Hat Sie wirklich „Lieber Franz“ geschrieben?“
Dann wird noch flugs etwas Parsifal beigemischt, natürlich mit Zitat und Else Buschheuer schlussfolgert allen Ernstes:

„Ich denke nicht darüber nach, was ich tue und warum ich das tue oder wie das wirkt, was ich tue. Ich bin vollkommen frei, eine Lebende zwischen Toten. Nur Kafka, Loriot und ich. Das ist ein Glücksmoment, der nur mir allein gehört“

Und ich falle vom Stuhl, grabe mich in das Holz und schreie gellend.
Die Nachbarn klingeln schon.

Vietnam

Die beigemischten Bilder sind keine Buchillustratioen, dazu sind sie zu hochwertig.

juergenhennekunstkritik.wordpress.com

juergen-henne-leipzig@web.de

Mai 28, 2012 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne in Usbekistan, im Fergana-Tal und in Buchara, Samarkand und Chiwa, Shaxrisabz und Kizilkum, der Registan, Köpfe im Sand, Tigerlöwen an der Medrese , Timur und Ulug´bek, ein Mausoleum der Samaniden, Nasreddin auf dem Esel, Menschen und Dromedare in der Kizilkum, Höllenpiste nach Timurs Sommerpalast und Abu Dscha´far Muhammad ibn Musa al Chwarizmi

Registan, Samarkand, Usbekistan

Registan = Sandplatz,ehemals gesellschaftliches Zentralterrain für Rechtssprechungen, Erlassverkündigungen, Markttreiben, Militärparaden.
Hin und wieder wurde auch ein Kopf vom Restleib getrennt und in den Sand gesetzt,

Nach neueren Forschungen soll ja Marco Polo nur bis Samarkand gekommen sein.
Bei den seltsamen Abenteuern und seltsamen Reisen des Marco Polo, zweibändig von Willi Meinck (1955/57), durfte der Venezianer im 13.Jahrhundert noch die Seidenstraße bis China bewältigen und Kublai Khan die Hand betasten.
Nach mehrmaligen, heißblütigen Studien in diesen Büchern, noch im vorpubertären Entwicklungsstadium, wollte ich meinen besten Freund Marco bei allen weiteren Reisen waghalsig und treu zur Seite stehen.

So entwickelten sich Samarkand und Buchara, u.a. neben Angkor in Kambodscha und den mexikanischen Pyramiden auf Yukatán, zu meinen Meridianen der Begehrens.
Mit der Reise durch Usbekistan wurde nun die Erfüllung meiner spätkindlichen Sehnsüchte vollendet.
Der Registan in Samarkand, gewichtiger Platz Zentralasiens und von der UNESCO in die Kategorie der höchsten Bedeutsamkeit eingestuft, vereinigt drei Medresen (Koranschulen, erbaut zwischen 1417 und 1660 / Ulug´bek-Medrese, Sherdor-Medrese, Tillakori-Medrese)

Registan, Samarkand.
Sherdor-Medrese (1619-1632)

(die „Löwentragende“)

Bemerkenswert die beiden „Tigerlöwen“ im Tympanon des Bogenportals, deren Appetit auf irgendwelche Huftiere recht eindeutig erscheint.
Tiger und Löwe werden in der islamischen Mythologie als synonyme Erscheinungen genutzt und agieren als sakrale Symbole von Ali, Schwiegersohn des Propheten Mohammed.
Außerdem überwiegt bei der gesamten Architektur-Ornamentik die Sonnensymbolik.
So tragen die beiden Löwe-Tiger-Mutationen den Heißrundling in sich und die Flächen des Baus sind mit zahlreichen Varianten des Hakenkreuzes gefüllt, Swastika als Sonnensymbol.
Neben der tierischen Figürlichkeit dominieren geometrische Anordnungen, entsprechend des islamischen Bilderverbots, im Koran eigentlich nicht vorgegeben.
Man vermutet deshalb bei dieser Akzeptanz von Gegenständlichkeit indische Einflüsse oder Hinweise auf Verbindungen zu den Freunden Zarathustras.

Registan, Samarkand, Ulug´bek-Medrese

Älteste Medrese des Registan-Terzetts, 1417-1420.

Ulug´bek war ein Enkel Timurs (1336-1405), also der Nachfahre eines Herrschers, dessen Aktionsbreite zwischen bestialischen Vernichtungen und sensibler Kulturförderung pegelte. Timur jagte die Mongolen und gründete einen mächtigen Staat in Zentralasien. Er zelebrierte Feldzüge in den Kaukasus und nach dem Iran. Er wütete gegen die Goldene Horde und überstieg die Grenze zu Indien und in den Nahen Osten. Sein Tod vehinderte die Ausdehnung seiner Dreschereien nach China.
Aus allen eroberten Gebiete sammelte Timur Künstler und Handwerker ein und brachte sie nach Samarkand, auch mit der Peitsche.

Er gilt bis heute als prachtvoller Staatsmann, der die Renaissance
der islamischen Welt, der Kultur des mittleren Ostens erkämpft hat.
Zahlreiche Denkmäler, der Heroismus ist mitunter schwer zu ertragen, sind über Usbekistan verstreut.

Timurs weniger appetitliche Seite hat z.B. der russische Maler Wasili Wereschtschagin im Bild festgehalten („Apotheose des Todes“) Es zeigt einen etwas befremdlichen Umgang Timurs mit seinen Feinden.
Im Rausch des Sieges wurden tausende Totenköpfe zu einer Pyramide getürmt.
Ein Text über Wereschtschagin, den ich vor einigen Jahren schrieb, sollte eigentlich in einer nicht unbedeutenden Zeitung erscheinen. Es blieb aber beim „sollte.“
Ich habe ihn dann am 16.10.2007 in diesen Blog gestellt. Diese Sätze zu lesen, lohnt sich noch immer.

Ulug´bek dagegen (1394-1449), der Namensgeber der Medrese, war ein bemerkenswerter Mathematiker und Astronom, doch scheinbar ein lausiger Politiker.
Er vernachlässigte die Staatsgeschäfte und wurde auf Anordnung seines eigenen Sohnes entleibt.
Dennoch begann in Samarkand mit seiner Herrschaft ein Jahrhundert des Wohlstands und ausbleibender Metzeleien.
Das Eingangsportal der Medrese misst fünfunddreißig Meter, gemäß den Leidenschaften Ulug´beks mit azurblauen Sternen geschmückt.
Nach der Enthauptung Abdullatifs, Sohn und Mörder Ulug´beks, wurde der Kopf zur besinnlichen Freizeitgestaltung der Massen auf der Medrese platziert.

Registan, Samarkand, Tillakori-Medrese
Jüngster Bau der Registan-Architektur (1641-1660)

Moschee im Innenhof, Innengestaltung.
Es funkelt doch recht heftig und ich sehne mich dann manchmal, entsprechend meiner ästhetischen Leitlinien, z.B. nach romanischen Basiliken, z.B. Maria Laach in der Eifel.
Unser Lehrer für Kunstgeschichte in der Penne charakterisierte die romanische Architektur mit: „Wuchtig, trutzig, erdverbunden.“

Samarkand, Gur-Emir-Masoleum

Dieses Wunderwerk ausgewogener Baukultur baute Timur für seinen Enkel Muchamad-Sultan, den er schon als seinen Nachfolger erkoren hatte (unten).
Doch dessen Tod 1403 verhinderte die Thronerklimmung. Der Bauplatz hatte familiäre Tradition, denn zuvor hatte eben Muchamad Sultan knapp daneben eine Medrese und eine Chanaka errichten lassen.
Über dem Grabmal, auf dem Tambour, trohnt eine gerippte Kuppel, deren Farbenspiel, der Tageszeit folgend, auffällig variiert.
Die Kenntnis über Wirkungsmechanismen von Komplementärfarben muss vorausgesetzt werden.
Nach einigen Zwischenspielen wurde auch Timur selbst in diesem Mausoleum beigesetzt, Es entwickelte sich zur Grablege der Timuriden.
Die abgebildeten Kisten(oben)agieren nur als Scheingräber, die tatsächlichen Bestattungsorte wurden exakt darunter in einer Gruft angelegt.
Das dunkle Grabmal aus Edelnephrit, mittig-halbrechts, gilt Timur.
Weiterhin lagern hier u.a. seine Söhne Schachruh und Miranschah sowie neben Muchamad Sultan auch Timurs Enkel Ulug´bek.

Buchara, Samaniden-Mausoleum

Ausgang 9.Jahrh./Beginn 10.Jahrh., während der Regierungszeit von Ismali Samani (892-907).
Die persischstämmigen Samaniden herrschten von 800-1000 über das Territorium des heutigen Usbekistan.
Der Bau ist von frappierender Eigenständigkeit. Für Mittelasien ein absolutes Unikat. Einflüsse sicher aus vorarabischer, überwiegend sogdischer Zeit. Perfektes Ebenmaß der einzelnen Bauteile. Vollendete Zuordnung der geometrischen Dekors.
Das Mausoleum wurde über die Jahrhunderte fast vollständig von Erdschichten bedeckt.
Alle vier Fassaden sind gnadenlos identisch.
Ich habe selten einer derartige Exaktheit des Handwerks, architektonische Logik und ästhetisch bedingte Abhängigkeiten gesehen.

Buchara, Samaniden-Masoleum

Innenraum

Detail

Detail

Ein Traum aus Stein
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Buchara, Bildhauerei vor einer Medrese.
Hodscha Nasreddin

Eine derartige Gebäudebestrahlung muss man mögen.

Nasreddin, der intellektuelle Schalk des islamisch-türkischen Einzugsgebietes, machte sich nicht selten selbst zum Detlev, verhöhnte aber auch andere nach „Strich und Faden.“
Mitunter Till Eulenspiegel nicht unähnlich.
Mit klugen Sprüchen, Hilfestellungen und Witzchen, die zunächst vordergründig als närrisches Gesülze erscheinen, nach einer gedanklichen Verdaung aber eine sensible Weisheit offenbaren, verkörperte er des Volkes Stimme mit allen Blödheiten, mit Schläue, Tragik und Verstand.

Beispiel

Ein Mann fragte Afandi:
– Was von beiden ist nützlicher, die Sonne oder der Mond?
– Afandi antwortete, nachdem er lange nachgedacht hatte:
– Meiner Meinung nach ist der Mond nützlicher als die Sonne. Die Sonne geht am Tage auf, wenn es überall sowieso hell ist. Der Mond aber erhellt die Dunkelheit der Nacht.

Menschen in Usbekistan
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In Taschkent.
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In der Wüste Kizilkum
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In Buchara

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Denkmalpflege in Samarkand


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Frauen-Nekropole der Timuriden, Samarkand


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Im heiligen Bezirk, bei Samarkand
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Wüsten in Usbekistan
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Kizilkum ohne Kamel (Dromedar)

Wüste mit Kamel (Dromedar)

Wüste ohne Kamel (Dromedar), mit ehemaliger Festung und Schirm

Wüste mit zwei Kamelen (Dromedare), bei der Overtüre zur aktiven Fortpflanzung

(von oben nach unten)


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Usbekische Denkmäler
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Denkmal für Abu Dscha´far Muhammad ibn Musa al Chwarizmi in Chiwa

Daraus das Wort Algorithmus abgeleitet.
Mathematiker, Astronom, Geograph, Kartograph.
Wird in Usbekistan außerordentlich verehrt.
Ich war im Fach Mathematik die letzte Tüte und hangelte mich vor über vierzig Jahren geradeso durch das Abitur.
Deshalb mein großer Respekt vor Abu Dscha´far Muhammad ibn Musa Chwarizmi.

Denkmal für Timur in Shaxrisabz

Etwa 160 Kilometer von Samarkand, um den Berg herum. Über den Berg nur 80 Km. Doch ist diese Straße eine Höllenpiste. Wir bevorzugten dennoch die kurze Strecke. Mein Magen hing danach in der linken Achselhöhle, einige Zähne lockerten sich.
Timur wurde in der Nähe von Shaxrisabz geboren und erbaute hier seinen Sommerpalast, im Hintergrund, noch als gewaltige Ruine erhalten

Denkmal für Ulug´bek in Samarkand, 1394-1449,

Herrscher der Timuridendynastie und Astronom ( s.o.), unweit seines Observatoriums.
Der Hintergrund verweist auf seine Leidenschaft, der er auch als Politiker gnadenlos frönte.
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Denkmal für Timur in Taschkent

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Mai 21, 2012 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und Robin Gibb und Adam Yauch und der Schlüssel in der Hosentasche

Die Bee Gees agierten natürlich im Rahmen meiner ausufernden Musikhysterie während der zweiten Hälfte der sechziger Jahre eher in der dritten bis vierten Reihe.
Doch immerhin erlaubten die Mädchen den pubertären Knaben bei pubertären Tänzchen und „Massachusetts“, „To Love sombody“, „World“….eine körperliche Annäherung, auch unterhalb der Gürtellinie.
Während eines Tanzes in dieser „erhitzten“ Atmosphäre bat mich ein reizendes Mädchen, doch meinen Schlüssel aus der Hosentasche zu nehmen. Es gelang mir nicht. Robin Gibb ist tot.

Bei den Beastie Boys ging mein Begehren natürlich in eine ganz andere Richtung. Als ich bei einem Freund Mitte der achtziger Jahre erstmalig „Licensed to Ill“ hörte, riss es mir die Füße vom Boden.
Die wundervolle Aggressivität, diese bestechende Vielseitigkeit musikalischer Wege und Nebenwege könnten mich bis heute aus den Fesseln einer möglichen Apathie befreien.
Ich hatte immer gehofft, dass die Truppe doch noch einmal an entfernungsmäßig vertretbaren Musikstätten aufspielen würde.
Ich hätte mich diesen Konzert auch auf Stelzen, im Rollstuhl oder in Ritterrüstung genähert. Auch wegen Adam Yauch. Wie kann man nur an Ohrspeicheldrüsenkrebs sterben?
„Licensed to ill“ wird bis zum Kisteneinstieg an elitärer Position in meinen Regalen für Tonträger stehen.

Mai 21, 2012 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und Samarkand, Mai 2012

Jürgen Henne auf dem Registan, Samarkand, Usbekistan.
Portal der Tillakori-Medrese, rechts unten, meditierend, mit dem schönen Hemd.

Jürgen Henne am Eingang des Basars, Nähe Samarkand, suchend, mit dem schönen Hemd.

Mai 16, 2012 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar