Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und ein Rundfunk-Interview im Deutschlandfunk

Rundfunk-Tipp, 25.Februar 2021, Mediathek, Deutschlandfunk, 8.10 Uhr, 16:30 Min.

„Gefährdet Identitätspolitik die Gesellschaft?“ Interview mit Wolfgang Thierse als Gast mit einer intellektuell überragenden Präzision bei der Darstellung bedrohlicher Abläufe, grundiert durch seine Kenntnisse historischer Zusammenhänge und einer unaufgeregten, durchdachten und feinsinnigen Rhetorik sowie Dirk-Oliver Heckmann als lächerlich überforderter Fragensteller .

Das Gespräch nimmt Bezug auf Wolfgang Thierses Text in der FAZ vom 22.2.2021.

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Februar 25, 2021 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und reduzierte Gedanken zu Giulietta Masinas und Federico Fellinis Filmen der frühen Jahre, erdacht zur Würdigung des 100. Geburtstags der Schauspielerin am 22. Februar des aktuellen Jahres

Kleine Auswahl meiner Kollektion des Oeuvres Federico Fellinis. Frühe Filme zwischen 1954 u. 1957 mit Giulietta Masina als Darstellerin, die heute vor einhundert Jahren in der Emilia-Romagna bei Bologna geboren wurde.

Vor allem „La Strada“ und „Die Nächte der Cabiria“ ordne ich auch heute noch in meinen persönlichen Hefter der herausragendsten Streifen der Filmgeschichte ein.

„La Strada“ (1953) – die Geschichte um Zampano, eines ungeschliffenen, vierschrötigen, grobschlächtigen Schaustellers, der auf Märkten verelendeter Dörfer sich Ketten um den Brustkorb legt, um sie dann für ein paar Münzen zu sprengen. Und „La Strada“ ist auch die Geschichte über Gelsomina, die Zampano einer verarmten Familie abgekauft hatte und bei seinen artistischen Kraftaktionen als clowneske Dekoration agiert. Und trotz der Gemeinsamkeit ihrer trostlosen, öden Existenz gelingt es ihnen nie, sich emotional und kommunikativ auf einer Ebene zu treffen. Ein Film von fast unerträglicher Intensität, in dem sich auch die Dürre der Landschaften und Dörfer, das karge Leben der Bewöhner in Zampanos und Gelsominas Existenz am Rande der Gesellschaft spiegelt. Ohne lärmende Pathetik bewältigen Anthony Quinn als Zampano und Giulietta Masina als Gelsomina die emotionalen, psychologischen, sozialen Zusammenhänge ihrer Rollen mit einer Präzision, wodurch „La Strada“ eine Einordnung in die vorderste Linie filmhistorischer Höhepunkte gebührt.

In ihrer Position als Außenseiterin ist Cabiria in „Die Nächte der Cabiria“ ( 1957) der drei Jahr zuvor von Fellini beschriebener Gelsomina (s.o.) unbedingt vergleichbar. Nur behauptet sich Cabiria (Giulietta Masina) selbstbewusster und aggressiver, im Grunde auch optimistischer.. Die Handlung des Film ist im Milieu der Prostitution angesiedelt und erhält durch die Mitarbeit Pasolinis eine erhöhte Authentizität. Ihren Wunsch nach eigener Würde und nach der Akzeptanz durch ihre Mitmenschen umschließt Cabiria fast hermetisch, aber geräuschvoll mit herausfordernden, rabiaten Alltags-Plänkeleien. In einer Gesellschaft mit vollständig durchgestylter Struktur materiellen Zuschnitts und einer emotionalen Oberflächlichkeit, die ihr auch eine erfüllte Hinwendung zum männlichen Geschlecht verwehrt, feiert sie dennoch immer wieder ihr eigene Hoffnung. Der Film schließt mit Cabirias Lächeln inmitten singender und musizierender Menschen, sie lächelt ihr typisches, faszinierendes Masina-Lächeln, trotz einer weiteren, verheerenden Desillusionierung durch maskulin-asoziale Exzesse. Und auch in diesem Film zeigt Giulietta Masina, sie war mit Fellini verheiratet, ihre überragenden Fähigkeiten, jede Regung, jede Reaktion wird wahrhaft und glaubwürdig dargestellt.

In „Die Schwindler“ (1955) erhält erhält Giulietta Masina eher eine Nebenrolle. Sie spielt Iris, die Frau Picassos, ein erfolgloser Maler, der mit zwei anderen Klein-Gangstern z.B in der Kostümierung kirchlicher Würdenträger seinen Lebensunterhalt zusammenklaut. Augusto, der Chef dieser Hungertruppe , wandelt sich vom oft zitierten Saulus zum oft zitierten Paulus und wird deshalb von seinen beiden Mitstreitern entleibt. Die tatsächlichen Abläufe am Ende der Handlung bleiben aber weitgehend ungeklärt.

Giulietta Masina drehte weiterhin mit Fellini in dessen früher Phase z.B „Lichter des Varietè“ (1950) und „Am Rand der Großstadt ( 1953) sowie später „Ginger und Fred“.

Doch besonders „La Strada“ und die „Nächte der Cabiria“ weden unbeschadet den kommenden Urknall überstehen, zuvor zelebriere ich aber unbedingt mehr als eine Gedenkminute für Giulietta Masina und natürlich auch für Federico Fellini.

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Februar 22, 2021 Posted by | Leipzig | 1 Kommentar

Jürgen Henne, die alltäglichen Irritationen, Katarinas Solidaritäts-Empfehlungen, Jenas Verkühlungen und Captain Beefheart zwischen Barry Ryan, Archies, Sir Douglas Quintet und Chris Andrews

Irritation I

Jena, die thüringische Stadt, an deren Universität Hegel, Fichte, Schelling lehrten, ebenso Schiller und Heckel, der gnadenlose Verfechter von Darwins Lehren. Zeiss, Abbe und Schott entwickelten hier technische Apparate von Weltgeltung, Eugen Diederichs schrieb in Jena fast hundert Jahre Verlagsgeschichte. In der Universitäts-Aula hängt Hodlers sicherlich bekanntestes Bild und bei Motor/Carl Zeiss Jena dröhnte fast zwei Jahrzehnte Peter Ducke über den Rasen, der beste Fußballspieler der DDR.

Und die aktuellen Nachkommen in dieser Stadt müssen erleiden, dass ihr Bürgermeister nach dem Ausfall der Heizung in sechshundert Haushalten die Empfehlung zelebriert, die Fenster geschlossen zu halten, um eine galoppierende Auskühlung der Wohnungen zu verhindern, bei Außentemperaturen von minus 15 Grad und sichtbarem Schnee-Gefälle.

Glaubt dieser Bürgermeister, dass in „seiner“ Stadt nur noch Kretins vegetieren, deren Ahnen mit den Folgen von Napoleons Triumph in der Schlacht von Jena/Auerstedt belastet sind und bei minus 15 Grad und sichtbarem Schneegefälle zur Überbrückung der Heizungsmisere ihre Fenster öffnen.

Aber es wird ja noch viel feinsinniger. Denn in den Hauptnachrichtensendungen z.B. des Deutschlandfunks wird diese „humane “ Hilfestellung des Jenaer Bürgermeisters als wesentliches Ereignis des Weltgeschehens an die Hörer vermittelt.

Nochmals aufgemerkt. Innerhalb der Hauptnachrichten bei sicherlich zahlreichen Radiosendern Deutschlands wird über den Vorschlag eines Bürgermeisters berichtet, in Wohnungen mit defekter Heizungsanlage, bei minus 15 Grad und sichtbarem Schhneegefälle, die Fenster nicht zu öffnen. Eine Unterkühlung des Wohnraums könne nicht ausgeschlossen werden.

Irritation II (LVZ, 12.Februar 2021, Titelseite)

Vielleicht sollte Frau Witt sich auf ihr Talent besinnen, sich auf das Eis irgendeines Wald-Sees stellen und zehntausende Drehungen absolvieren. Ein paar Elche werden schon stehen bleiben. Die 7-fachen Rittberger oder 9-fachen Lutze (oder Lütze?) von Seifert, Witt…zogen mich nie mit erhöhter Intensität vor den heimischen Bildschirm.

Aber das sich Sachsens Ministerpräsident mit einem derartig infantilen, frontal-populistischem Geplärre einer ehemaligen Eiskunstläuferin auseinandersetzen muss, irritiert mich doch hohgradig (Er will sich mit K.Witt treffen, hoffentlich hat er nur gescherzt). Es gibt zahlreiche richtige und zahlreiche weniger gelungene Entscheidungen während der vergangenen Monate. Darüber muss man sprechen. Aber das sich K.Witt irgendwo gutgelaunt hinfläzt und mit „kämpferischer“ Pseudo-Solidarität das Einkommen und die Diäten von Politikern und Entscheidungsträgern einfordert, erreicht schon Dimensionen einer fast gewalttätigen Dürftigkeit.

Und K. Witt ist dann das Oberhaupt des Komitees, welches die Politiker und Entscheidungsträger auswählt, die Einkommen und Diäten bereitstellen sollten. Hoffentlich öffnet K.Witt dann auch ihr eigenes Bankkonto.

Nach all der Pein (s.o.) die Musik des Tages

Captain Beefheart (Don Glen Van Vliet), „Trout Mask Replica“ aus dem Jahr 1969, also korrekt die Monate, in deren Verlauf mir z.B. Musik-Gurken wie „Eloise“ (Barry Ryan), „Sugar, Sugar“ (Archies), „Mendocino“ (Sir Douglas Quintet) und „Pretty Belinda“ (Chris Andrews) die Gehörgänge malträtierten. Die Produktion der 28 Titel übernahm Frank Zappa.

Beefheart und Zappa schrieben gemeinsam z.B. auch die Songs zu „Bongo Fury“. Zappa singt und spielt Gitarre, Beefheart singt und bearbeitet die Mundharmonika.

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Februar 14, 2021 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar