Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne, Aki Kaurismäki, Manfred Manns Augenhöhen und die Unsterblichkeit unsterblicher Hymnen und großer Titel, die eine einzigartige Band noch größer und unsterblicher machte

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Mein Aki-Kaurismäki-Flügel-Altar

Aki Kaurismäki erhält den Silbernen Bären für die beste Regie.
Eine weise Entscheidung.

Wäre ein Motiv, wieder einmal „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ zu sehen oder „Schatten im Paradies“ oder „Ariel“ oder „Lichter der Großstadt“ oder „Das Leben der Boheme“ oder „Wolken ziehen vorüber“ oder „Tatjana“ oder „Le Havre“ oder „Der Mann ohne Vergangenheit“ oder hoffentlich ab Ende März „Die andere Seite der Hoffnung“ (und möglichst nicht nur in Nachtvorstellungen ab 0.30 Uhr).

Erste Zugabe

Deutschlanradio Kultur, gestern, kurz nach 10 Uhr:

Auflösung eines „Rätsels“ von vergangener Woche.
Gesucht wurde der Filmtitel eines Streifens über einen behinderten Jungen, wobei das Radio eine wesentliche Rolle spielt.

Lösung:“Sie nennen ihn Radio“.

Mir scheint die Anforderung an des Hörers Fähigkeit etwas dürftig.
„Sie nennen ihn Radio“ und der Hinweis auf einen behinderten Jungen und ein Radio.

Vielleicht dann bald die Frage nach dem Titel eines Westerns der um 12 Uhr mittags spielt.
Oder nach einem Film Alfred Hitchcocks, bei dem ein Fenster zum Hof eine wichtige Rolle spielt.
Zur Erleichterung dann noch die Hilfestellung, dass der Hauptakteur auf den gleichen Vornamen hörte wie James Dean.

Zweite Zugabe

Manfred Mann`s Earth Band ist eine bemerkenswerte Formation von kultivierter Musikalität, gerade bei Live-Auftritten. Als Zeuge eines Konzerts vor einigen Jahren in Leipzig hatte ich die Freude, mich davon zu überzeugen.

Der Rezensent der aktuellen Vorstellung, gleichfalls in Leipzig, schreibt nun in der Wochenendausgabe von Manfred Manns Aufenthalten auf den Bühnen dieser Welt seit über fünfzig Jahren (das ist korrekt) und von dessen Musik…. „auf Augenhöhe mit den Beatles, auf Augenhöhe mit Pink Floyd, auf Augenhöhe mit Supertramp.“

Erschließt sich mir nicht.

Welche Augenhöhe?

Bei Fragen der musikalischen Traditionen, der musikalischen Verwandschaft?
Bei Chartsplatzierungen (einschließlich Deutschland)?
Bei Verkäufen von Tonträgern?
Bei deren Einflüsse auf folgende Generationen?
Oder einfach bei der musikalischen Qualität?

Keine dieser fünf Augenhöhen entspricht den tatsächlichen Relationen zwischen MM’s…und den anderen Truppen.

Erschließt sich mir wirklich nicht.
Da nützt auch nicht die dreimalige Anwendung von „Augenhöhe“.
Es bleibt ein dreifacher Tinnef.
Aber es klingt lässig und wissend.

Und der Rezensent schreibt dann von „unsterblichen Hymnen“, von dieser „einzigartigen Band“ die „große Titel“ von Bob Dylan….“noch größer machte und unsterblich.“
Mir schaudert.
Merke: Man kann es auch übertreiben.

Außerdem nervt mich schon seit Jahrzehnten der Apostroph im Bandnamen.
Und bei „Mighty Quinn“ verlasse ich ohnehin den Raum, bei jeder der 5000 Versionen.

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Februar 20, 2017 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, die Donalds des Imre Grimm, Imre Grimm auf dem Weg zum Mittelpunkt der Erde, Imre Grimm übersieht die Schale von Atlantis und ein Bekenntnis.

Bekenntnis

Wenn mich Sigmar Gabriel und Martin Schulz zu einem Bier in ihre Heimatstädte einladen würden, ich buchte unverzagt ein Ticket nach Goslar.
Nicht wegen der relativen Nähe Leipzigs zur Kaiserstadt.
Und schon gar nicht wegen der Nähe von Gabriels Statur zu meiner Ausformung.

Ich mag eher keine leuchtenden, funkelnden, populistisch-emotional lärmende Volkstribunen.
(„Wir müssen zum Bäcker um die Ecke gehen und ihm in die Augen schauen….“ oder so ähnlich).
Bei derartigen Beiträgen entwickelt sich bei mir Fremd-Scham.

Und auch die vorpubertären Brüllereien, als Schulz verkündete, er werde das Kanzleramt anstreben, sollte bei den Teilnehmern inzwischen zu einer Scham-Errötung führen.
Denn diese Minuten vermittelten die Stimmung eines Kinder-Geburtstages in einer Phase, als der Gastgeber die Pfannkuchen serviert und das Geburtstagskind mit einer einzigen Lungenfüllung alle zehn Kerzen ausgeblasen hatte.

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Text von Imre Grimm (Auschnitt), LVZ, 11./12.Februar 2017

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Illustration zum Text von Imre Grimm (kein Ausschnitt), LVZ, 11./12.Februar 2017

Seit Monaten werden in Zeitungen und Zeitschriften, auf allen Rund-u. Fernsehfunkkanälen mit frappierender Beständigkeit die Übereinstimmung der Vornamen von Donald Trump und Donald Duck zelebriert (einschließlich „Die Zeit“).
Bedarf ja auch keiner komplexen, onomatologischen Tiefen-Forschung.
Denn Duck heißt Donald und Trump heißt Donald.
So einfach kann Erkenntnis sein.

Und seit Monaten wird ähnlich beständig der Gedanke gefeiert, dass man Donald Duck eher als Donald Trump im Weißen Haus bevorzugen würde.
Seit Monaten, immer und immer und immer wieder feiern diese Humor-Amöben ihre scheinbare Originalität.
Seit Monaten, natürlich nochmals verstärkt seit 20.Januar.

Außerdem zeichnet der Karikaturist der LVZ seit drei Wochen den neuen Präsidenten Amerikas mit Donald-Duck-Schnabel, war auch ganz neu.
Da falle ich vor Heiterkeit vom Stuhl.

Also seit Monaten wird dieses Land mit dem Scherz von fidelen Medienmitarbeitern überzogen, dass Donald Duck sicher ein besserer Präsident der USA wäre als der amtierende Präsident.

Bei zahlreichen Konsumenten diesen gesprochenen, gefilmten, gezeichneten,….Jux-Orgien entwickelt sich aber inzwischen nur eine einzige Strategie: Ignoranz und einfach „Überlesen“
Doch die Jux-Orgien-Organisatoren registrieren es nicht.

Und jetzt kommt Imre Grimm, ein Ulk-Juwel der LVZ (s.o.).
Um auf dessen Ebene abzufaulen, könnte ich ja z.B. Beziehungen zu den Märchen der Grimm-Brüder anbieten.
Oder zu Hans Grimm, auch nicht schlecht.
Ich könnte auch vom grimmigen Grimm schreiben, würde sich immer noch auf einem intellektuell höherem Level als die Imre Grimmschen Neckereien bewegen.

Imre Grimm verweist auf Donald Ducks Jobs und brilliert mit seinem Wissen, das die Ente bislang noch kein amerikanisches Präsidentenamt gefüllt hat.
Ein anderer Donald sei ihm zuvorgekommen
„Fein beobachtet“ (Loriot).
Ein weiser Imre.
Er schreibt dann abschließend:„Donald Duck for President! Jubel! Eine echte Option in diesen Tagen. Schönes Wochenende.“
Ihnen auch, Imre und weiterhin derartig filigran entwickelte Einfälle.

In einer Leserzuschrift der „Zeit“ hatte ein Kind schon vor einigen Wochen, vermutlich im Vorschulalter, „Donald Duck wird Präsident“ durch das Haus gekräht.

Und in diesen Dimensionen kopiert und denkt Imre Grimm.
Denken etwas weniger als kopieren.

Und eben derartig infantile, deckungsgleich-manipulative Tendenzen in allen deutschen Medien machen mir Sorgen.
Gleichfalls macht mir die Stigmatisierung der Mitmenschen ehebliche Sorgen, welche diese infantilen, deckungsgleich-manipulativen Tendenzen in allen deutschen Medien als unrechtmäßig innerhalb einer Demokratie in Frage stellen.

Imre Grimm bdewegt sich mit seinem Beitrag mitnichten nur in überschaubar unterirdischen Arealen.
Er nähert sich wacker dem Mittelpunkt der Erde.
Man möchte hoffen, dass er die Schüssel von Atlantis und den notwendigen Sprengstoff übersieht.
(Atlantis mit Schüssel gibt es nur in der Verfilmung von 1959 mit James Mason, bei Jules Verne rotiert ein Floß zur Erdoberfläche).

Aber vielleicht gibt es in Bälde einen neuen amerikanischen Präsidenten, namens Dagobert.
Oder einen italienischen Amtsträger mit Vornamen Pinocchio, möglich wäre auch Adolf als österreichischer Bundespräsident.
Dann würden sich bei Ihnen, Herr Grimm, sicherlich wieder wundevoll originelle Ideen entfalten.
Ich falle jetzt schon vom Stuhl.

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Eine Alternative zu Imre Grimm wäre z.B. die Vogelbeobachtung.
Als überregional beachteter Ersatz-Ornithologe gelang mir vor einigen Tagen dieses Foto (Eisvogel) im Leipziger Rosental.

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Oder ich beobachte als überregional beachteter Schuppen-Kriechtier-Beobachter verständnisvolle Leguane in Mexiko (Chichén Itzá).

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Februar 13, 2017 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, ein Opernball mit Hoppe, Brandauer, Krumbiegel, Rangnick, ein Rotschwänzchen mit Dose und ein Rotschwänzchen ohne Dose

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LVZ, 4/5.Februar 2017

Bei geschätzt drei Fußballexzessen für RB Leipzig auf den Titelseiten von wöchentlich sechs Ausgaben der Leipziger Tageszeitung hätte man zumindest erhofft, dass sich die Organisatoren der Berichterstattung über den Opernball in Dresdens Semperhütte um dezente Demut vor deren Tradition, vor Bedeutung und Ausstrahlung bemühen würden.

Aber nicht doch.
Ein beleidigend albernes Foto einer Außenansicht der Oper nervt auf Seite eins aus dem Papier, dekoriert mit der Preisverleihung von Sebastian Krumbiegel an Ralf Rangnick (links oben).

Ich blättere weiter zu Seite fünf, eine Abbildung mit Klaus Maria Brandauer und Rolf Hoppe (Preisübergabe: Brandauer ; Preisübernahme: Hoppe)

Ich blättere rückwärts1…KrumbiegelRangnick…ich blättere vorwärts5…BrandauerHoppe…ich blättere rückwärts1…KrumbiegelRangnick… ich blättere vorwärts5…BrandauerHoppe…….ich blättere nicht zurück1… und bleibe bei BrandauerHoppe5BrandauerHoppe5BrandauerHoppe5BrandauerHoppe5BrandauerHoppe5……..

Und ich denke an folgende fiktive Abläufe:

Ich stehe in einer Mitte, irgendwo in Mainz, links in einer Mitte oder rechts in einer Mitte, jedenfalls in irgendeiner Mitte in Mainz.
Rechts der Mitte das Fußballstadion in Mainz, links der Mitte ein Kino, demzufolge gleichfalls in Mainz.

Rechts der Mitte stehen vor dem Stadion Sebastian Krumbiegel und Ralf Rangnick und laden mich zu dem Fußballspiel RB Leipzig gegen den 1.FSV Mainz 05 ein, mit Sebastian Krumbiegel als Zuschauer und Ralf Rangnick als Sportdirektor.
Denn der Platz zwischen Frank Schöbel und Chris Doerk wäre noch frei.

Links der Mitte stehen vor dem Kino Klaus Maria Brandauer und Rolf Hoppe und laden mich zu „Mephisto“ ein, mit Rolf Hoppe als Ministerpräsident (Hermann Göring?) und Klaus Maria Brandauer als Hendrik Höfgen (Gustav Gründgens?)
Denn der Platz zwischen István Szabó und Krystyna Janda wäre noch frei.

Ich eile nach „Links, wo das Herz ist“ (Leonard Frank).

Nach fast zweiundeinhalb (!) Stunden verlasse ich das Kino und überquere die linke und die rechte Mitte.
Vor dem Stadion stehen Sebastian Krumbiegel und Ralf Rangnick und laden mich zu den letzten Minuten des Fußballspiels RB Leipzig gegen den 1. FSV Mainz 05 ein.
Die ballsportliche Aktion überwand das traditionelle Zeitmaß, weil ein Rotschwänzchen über dem Stadion eine Dose verlor, welche des Schiedsrichters Uhr zerstörte.

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Rotschwänzchen ohne Dose.
Nicht in Mainz, nicht in Dresden, Semperoper.
Aber in Dresden, Lingnerschloss, Oktober 2016.

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Mainz, Dom

Ich lächle charmant und betrete den Mainzer Dom, der noch etwas weiter rechts sich romanisch-trutzig an die Erde bindet.

Ich stehe vor dessen Bronzetür aus ganz alten Zeiten, finde den gotischen Marienaltar und das schöne Taufbecken, zähle die Grabmäler aus über achthundert Jahren, zelebriere in meiner Vorstellung das verschollene oder zerstörte Benna-Kreuz und widerstehe der Versuchung, auf dem Chorgestühl des Rokoko Platz zu nehmen.
Als ich den Dom verließ, waren die Stadionlichter gelöscht und ich frage den Stadiontorschließer nach dem Resultat des Fußballspiels RB Leipzig gegen den 1. FSV Mainz 05.

Denn Ignoranz ist die achte Todsünde.
Doch Prioritäten sollte man schon setzen.
Und diese Prioritäten sollten nicht ignoriert werden.
Das wäre dann die neunte Todsünde.


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Februar 7, 2017 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar