Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und Hans Arp in Leipzigs Rosental

Leipzig/Rosental, Abenddämmerung, 3.Dezember.

Kleines Gewässer, teils flüssiger, teils gefrorener Aggregatzustand.

Für eher schlichte Gemüter:

Helle Fläche = Eis + Schnee
Dunkle Fläche = Wasser ohne Eis + ohne Schnee

Ein Bild von Hans Arp, durch die Natur, durch meteorologische Abläufe
herausragend geformt.
Ich stand davor und genoss meine Gänsehaut.
Setzen, 1.

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Dezember 4, 2017 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die eher unregelmäßig bearbeitete Serie „Irritationen des Alltags“. Heute: „Die verschwörerisch geheimnisvolle Verteilung von Prioritäten durch Leipziger Journalisten

„Mein“ Jimi Hendrix auf Vinyl, Amiga/DDR

LVZ, vor einigen Tagen, zweite Kulturseite, Detail
Text zum 75. Geburtstag von Jimi Hendrix

Legende der Leidenschaft
Erschließt sich mir nicht, diese „Legende der Leidenschaft“.
Irgendwie ein sprachlich-aufgedunsenes Pantoffeltierchen, unter der Maßgabe abgewürgt, sich mit vermeintlicher Bedeutsamkeit aufzudrängen.

Eine Legende, deren Leidenschaft legendär ist.
Also Jimi Hendrix, die leidenschaftliche Legende.
Oder der legendäre Leidenschaftliche.

Dali lebte auch leidenschaftlich, besonders bei seiner Bartpflege und der gemalten Brandstiftung an langhalsigen Steppentieren sowie der Zelebrierung zermatschter Zeitmesser.
Unbedingt legendär.
Auch Picasso war, z.B. während der Anwesenheit weiblicher Zeitgenossen, man sollte auch von einer leidenschaftlichen Legende sprechen, mit legendären Leidenschaften gesegnet.

Oder Reinhold Messner, allein bei seiner Besteigung aller vierzehn Achttausender bewältigte er etwa siebzig Kilometer, die Strecke von Leipzig nach Dessau, eigentlich eine Legende der Leidenschaft.
Auch Pol Pot frönte der Leidenschaft, vorrangig bei der Vernichtung seiner Bevölkerung.
Und Freisler kreischte leidenschaftlich seine Stellung zu einer demokratischen Justiz in die Gerichtssäle, zweifellos legendär.
Ein legendär leidenschhaftlicher Gerichtssaalkreischer.

Flaubert schildert in einer Erzählung den leidenschaftlich geführten, aber zerstörerischen Bücherwahn eines Bibliomanen, Hesse im „Nachtpfauenauge“ das kindlich leidenschaftliche Gefecht um Schmetterlinge und Hoffmann im „Fräulein von Scuderi“ die destruktive Leidenschaft des Goldschmieds René Cardillac zu seinem selbstgefertigten Schmuck (Innerhalb einer Verfilmung agiert als Cardillac der bemerkenswerte Willy A. Kleinau)
Vielleicht keine historischen Legenden der Leidenschaft, doch immerhin literarische Legenden der Leidenschaft.

Es sollte doch gelingen, unter Beachtung der motivierenden Wirkung von Überschriften auf das weitere Informationsinteresse der Leser, eine derartig nervende, unspezifische und einfältig aufgeblähte Wortsülze zu umgehen, um anschließend einen individuell geprägten Hinweis zu bevorzugen.
Denn Dali, Picasso, Messner, Jürgen Henne, Pol Pot, Freisler, Cardillac…wurden und werden durch Leidenschaften getrieben, jeder auf seine Weise und sollten deshalb als Einzelexemplar beschrieben werden, auch in einer Überschrift.

Der erste Satz dieses Beitrags über Jimi Hendrix beschreibt dann das Festival in Woodstock:

Regen, Schlamm, Frieden, Liebe, Sound.
Meine Muskulatur für den Gähn-Vorgang wird aktiviert.

Bald darauf über die Gitarre von Hendrix:

Glühen, bluten, grollen, schreien.
Die Aktivierung meiner Muskulatur für den Gähn-Vorgang wurde abgeschlossen und ich gähne, gähne, gähne…..

Immer diese unergiebigen Wiederholungen, dieser ständig nachgenölte und aufdringlich öde Senf, seit fast fünfzig Jahren.

Bald darauf über Jimi Hendrix`Variante von „Star Spangled Banner“:

…“eine Kakophonie für die schwarzen Bürgerrechtler“…

Ich höre keine Kakophonie bei dieser Version der US-amerikanischen Nationalhymne, nicht alles was lärmt und kreischt ist Kakophonie.
Verfremdung wäre eine angemessene Beschreibung.
Aber wem interessiert das schon.
Schon gar nicht diesen Verfasser, der auch mit euphorisch vermittelten Dilettantismus seine musikhistorische Unkenntnis zelebriert (s.meinen Text vom 19.7.2017)

Nach einem Drittel des Artikels schloss ich die Zeitung und entpellte mein Frühstücksei.
Denn es gibt ja noch wichtige Dinge im Leben.

LVZ, vor einigen Tagen, zweite Kulturseite, Gesamtansicht

Der Text zu Jimi Hendrx wurde am Rand der zweiten Kulturseite fast auf ein unsichtbares Areal gedrängt, in die Rubrik: „Da ist ja noch ein bisschen Platz“.
(links, fast auf dem Tisch, nichts für Einäugige)

Und sofort erinnere ich mich an die Zelebrierung eines Buches von Hartmut König vor wenigen Tagen als dominantes Kulturereignis, welche die erste Seite dieses Teils der Zeitung beherrschte.
Hartmut König, diese unsägliche Erscheinung, dieser biedere, muffige, untertänige Klampfenheini der DDR-Kulturpolitik.

Ich erinnere mich ebenso an die schwärmerischen Informationen selbigen Autors über die neue Kolorierung der DEFA-Filmgurke „Du und ich und Klein-Paris“ (1971), gleichfalls vor einigen Tagen in bevorzugter Stellung auf der Zeitungsseite eingeordnet.
Auch Klaus-Dieter Henkler wird als Schauspieler erwähnt.
Schon der Gedanke an das Duo Hauff/Henkler verursacht bei mir ausuferndes Ohren-Asthma.
Während Hendrix bei den Kultur-Schnuffis der DDR sicherlich Schreikrämpfe auslöste, dürfte dieser Gesangs-Scharlach bei ihnen ein stabiles Hosen-Stäbchen garantiert haben, sicherlich auch bei Hartmut König.

Zugabe zum Thema

LVZ, 1.Dezember, zweite Kulturseite, rechts unten, kaum sichtbar.

Bericht über ein Konzert von „Musica Nova“ (Zwei Tage zuvor).
Diese Reihe beinhaltet ausschließlich Musik des 20/21.Jahrh, eine Leipziger Seltenheit.
Dagegen wird jede musikalische Blähung Beethovens, Mendelssohns, Schumanns….journalistisch frenetisch bejubelt

Und ich denke wiederum zügig an diesen fast das Format sprengenden Text zu Hartmut König und an das Gelaber über „Du und ich und Klein-Paris“, das gleichfalls mit dem Status einer erweiterten Bedeutung beschenkt wurde, gemessen am Quadratzentimetermillimeteranteil innerhalb des Zeitungsformats.

Musik des Tages

Toru Takemitsu
„In An Autumn Garden“

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Dezember 2, 2017 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar