Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und die eher unregelmäßig bearbeitete Serie: „Jürgen Henne und die alltäglichen Irritationen“. Heute: Fussballspiele in der Irritationsschleife

Meine Fernbedienung auf Unterlage in geschlossenem Tonmodus

Meine Fernbedienung auf Unterlage in geöffnetem Tonmodus, gut sichtbar

Mein Enthusiasmus für Fußball bewegt sich ja nun wirklich nicht auf derartig tiefschürfenden Ebenen, wodurch ich rund um die Uhr meine unterschiedlichen Taktik-Entwürfe abwäge, ob z.B. beim 1.FC Stunzelsholzen eine Sechserkette mit privilegierter Außenriss-Technik, zurückgezogenem Halbaußenstürmer und dem Drang zum Eckfahnen-Handstand es reißen könnte oder seitwärts und rückwärts orientierte Wirbel-Verteidiger mit der Lizens zur Verteidigung sich eher anböten, um dem Fußballverein die Chancen eines Triumphs zu erhöhen.

Doch hin und wieder, mitunter auch wieder und hin, erfreue ich mich an stattlich vorgetragenen Spielzügen, an erstaunlicher Artistik, an ruppig-grobkörnigen Fouls, an hörbaren Kopfzusammenstößen in Ballhöhe und an Torfreudeverschlingungen, die gemeinhin für deftig erotische Abläufe zur Verfügung stehen, also Ereignisse, die mein gesamtes Bedürfnis nach gehobener Fußball-Unterhaltung abdecken.

Doch gibt es inzwischen den legendären Wermutstropfen in dieser durchaus bekömmlichen Melange.

Denn „Experten“ bedrängen mich und trüben mein Wohlbefinden. Doch mitnichten nach dem Spiel bei Experten-Runden in Experten-Studios, bei denen nur Experten zuschalten dürften. Also innerhalb einer Gemeinschaft, aus der man mich wegen mangelnder Experten-Kompetenz mit der Machete zwischen den Zähnen heraustreiben würde. Völlig zu recht.

Aber nein, in keiner Experten-Runde, während der gesamten neunzig Minuten eines Spiels lähmt diese Kommunikation zwischen Reportern und Experten meine Aufnahmebereitschaft für das Spiel, ich will doch einfach nur neunzig Minuten Fußball sehen und hören und weniger die peinigend und pausenlos dargebotenen Experten-Kommentare zu Vorzügen und Nachteilen, zu Unabwägbarkeiten, Besonderheiten, Fragwürdigkeiten,……irgendwelcher taktisch gelungener oder misslungener Blähungen.

Aber ich habe für mich die einzig angemessene Reaktion gewählt, die ich, mit den Lippen am Weinglas, besonders geräuschvoll schlürfend zelebriere…..ich schalte den Ton ab, Schicht im Schacht (s.o.)

Und ich bin immer wieder beeindruckt, mit welcher Kontinuität ich auch die banalsten Dinge herausragend ablichte.

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Juni 24, 2021 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die eher unregelmäßig bearbeitete Serie“ Jürgen Henne und die Welt im Lesezeichen“ (alternativ auch: Lesezeichen der Welt). Heute: Lesezeichen aus Vietnam

Lesezeichen aus Vietnam, 2007 erworben, sicherlich im Literaturtempel Hanoi, vielleicht auch nicht, doch irgendwo in Vietnam.

Bei der sprachlichen Deutung dieser Zeichen bin ich überfordert. Neben der deutschen Sprache beherrsche ich nur das Spitzbergische vollendet.

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Haupttor des Van Mieu, Literaturtempel in Hanoi, älteste Universität Vietnams und herausragendes Heiligtum des Landes. Die Anlage wurde vermutlich am Ende der Regierungszeit des Königs Ly Than Tong errichtet (1054-1072).

Zunächst ausschließlich zur Huldigung von Konfuzius bereitgestellt, erhielt der Tempel wenige Jahre später durch eine Erweiterung die Funktion einer „Akademie für die Söhne der Nation“. Anfangs wurde der Eintritt in diese Bildungseinrichtung nur königlichen Sprösslingen genehmigt, später auch jugendlichen Bewohnern, die bei regionalen Prüfungen auffällig abräumten, z.B. aus aristokratischen Bevölkerungsschichten.

Am Beginn des 19. Jahrh. entschloss man sich, die Akademie in die ehemalige Kaiserstadt Hue zu verlegen (Als letzte Kaiser Vietnams regierte dort über etwa 150 Jahre die Nguyen-Dynastie). Hue wird vom Huong Giang durchzogen, auch liebevoll als „Fluss der Wohlgerüche“ oder „Parfüm-Fluss“ gepriesen.

Eine derart würdige Lyrik hätten z.B. Pleiße, Elster, Parthe, Luppe in Zeiten der DDR-Verwesung, also vierzig Jahre lang, sicher nicht verdient. Als Flüsse im Raum Leipzig hätte man sich eher Kennzeichnungen wie „Fluss zur Beschleunigung von Nasen-Lepra“ oder „Fluss der Geruchszumutung“ vorstellen können.

Der Van Mieu in Hanoi mutierte nach der Auslagerung zu einer provinziellen Schule und in den ehemaligen Akademiegebäuden wurde eine Kultstätte zu Ehren der Eltern von Konfuzius eingerichtet.

Die Struktur des Van Mieu nimmt wesentliche Zusammenhänge der Baupläne des Konfuzius-Tempel im chinesischen Qufu auf, Geburtsort des Philosophen.

Die Anlage gliedert sich in fünf Innenhöfe, durch Mauern getrennt, verbunden durch Tore und Pavillons.

Einzelne Teilbereiche heißen dann auch schon einmal: Tor des erworbenen Talents….Tor der gewonnenen Tugend….Tor des Pavillons des Sternbildes der Literatur….Quelle des himmlischen Lichts….Großes Haus der Zeremonien….See der Literatur….Tor des großen Erfolgs….Halle des großen Erfolgs….In der DDR gab es da eher das Walter-Ulbricht-Stadion und die Wilhelm-Pieck-Stadt Guben.

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Hanoi, Van Mieu, dritter Innenhof

Blick auf die Quelle des himmlischen Lichts, ein quadratischer Teich im Zentrum des Hofs. Im Hintergrund unter einer Überdachung stehen zweiundachtzig Steinstelen, von Schildkröten getragen (Nicht mehr vollständig erhalten). Auf ihnen wurde zwischen der Mitte des 15.Jahrh. und dem Ende des 18 Jahrh. über 1300 Namen von Prüflingen notiert, die den höchsten zu vergebenen Titel erwarben (Tien si).

Die Schildkröte symbolisiert als heiliges Tier in der vietnamesichen Mythologie das ewige Bestehen, die Beharrlichkeit und Unerschütterlichkeit, in diesem Zusammenhang gilt der Panzerträger auch als Sinnbild für die Bedeutung des Lernens.

Neben der Schildkröte tummeln sich als Hauptakteure in Vietnams Mythen besonders noch Drachen, Phönix , zumindest dessen vietnamesische Version und Qilin, ein weitgehend unansehnlicher Einhorn-Verschnitt.

Es ist schon bemerkenswert, für welche Aufgaben z.B. der Phönix seine einzelnen Körperteile zur Verfügung stellen muss, um ordendliche und geordnete Mythen zu gewährleisten.

Das Ganzkörperformat des Phönix steht zunächst für das Universum und die Kaiserin. Auf dem Rücken wird das Firmament festgezurrt, der Federschwanz versinnbildlicht die Sterne, die Flügel den Wind, die Füße die Erde, die Haare die Vegetation. Aber auch der Kopf kommt mitnichten ungeschoren davon. Er symbolisiert die Gerechtigkeit, die Augen feiern Sonne und Mond.

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Hanoi, Van Mieu, Reihung von Schildkröten, die Stelen tragen, Detail.

Die Stelen und deren Informationen wurden vor einigen Jahren in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen.

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Hanoi, Van Mieu, Schildkröte, die eine Stele trägt, Detail aus dem Detail der Reihung von Schildkröten, die Stelen tragen.

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Hanoi, Van Mieu, Dachdekoration.

Für die Bestätigung der Annahme, Phönix zu sehen, fehlen die Phönix-Flügel, bei der Schildkröte sollte man auf der Sichtbarkeit des Schildkröten-Panzers beharren und Quilin ohne Horn würde sicher zur Wildsau werden.

Also wären zwei Drachen eine angemessene Wahrnehmung. Der Drache verkörpert die Kaiserfamilie, vornehmlich den Kaiser. Phönix hat sich dagegen eher auf die Kaiserin orientiert, s.o.

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Konfuzius im gleichnamigen Tempel, vierter Innenhof.

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Die große Trommel, wahrscheinlich im vierten Innenhof, vermute ich zumindest. Durch das Gelärme wurden die Anwesenden zu den entsprechenden Zeremonien gerufen.

Zugabe

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Mit einem Drachenboot und dem Mond auf dem Parfüm-Fluss, 2007, s.o.

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Juni 10, 2021 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die Marschformationen der Beatles, der Prinzen, der Höhlenmaler, der Tapire, der Finken….

LVZ, 28.5. 2021

Schlager der Prinzen gehören nun nicht vordergründig zum Kernrepertoire meiner musikalischen Zuneigung. Im alphabetischen Bereich „P“ meiner kleinen Tonträgersammlung finde ich u.a. Pere Ubu, Penderecki, Palästrina, Prokofiew, Pavement, Poulenc, Puccini, Pixies, Pink Floyd, Pretty Things, Pärt, Pintscher……..aber keinen Rundling der Prinzen.

Ich gehe furchtlos zu „B“ meiner kleinen Tonträgersammlung, also zu Brinzen, denn Nachlässigkeiten bei der korrekten Einordnung geschehen immer wieder. Ich orte die Musik der Beasty Boys, von Blue Cher, Björk, Britten, Berio, Bowie, Birtwistl, Berg, Blue Cher, Boulez, Berlioz…… und natürlich der Beatles, aber keine versehentliche Einordnung der Prinzen bei „B“.

Vielleicht sollte ich noch bei Linz(s)en nachsehen, doch eine Kochbuchsammlung steht mir nicht zur Verfügung.

Wie sagte schon unser großer Friedrich: „Jeder soll nach seiner Facon selig werden“. Er meinte zwar die individuelle Zugehörigkeit zu einer Religion, doch sollte man diese weisen Worte getrost auf andere Reviere erweitern. Und darum hinein mit jeder Musik in die dafür willigen und gerüsteten Gehörgänge. Auch für die musikalischen Knüller der Prinzen werden Hammer und Amboss zahlreicher Gehörlöffel vorgeölt sein.

Aber warum dieses bekloppte Foto mit einem dramatisch nervigen Bezug auf „Abbey Road“ der Beatles. Das Cover kennt ja nun jede Sau. Schon die Höhlenmaler von Lascaux und Altamira haben vor 25 000 bzw. 15 000 Jahren diese Anordnung zur Überquerung der Straße zu ihren Wänden gewählt. Auch Theo Tapir mit seiner Kurzrüsselfamilie wurde beobachtet, als er in ähnlicher Formation die Dschungelpfade durchmaß. Von Darwins Galápagos-Finken ganz zu schweigen, die halten sich dabei sogar an den Händen, bzw. an den Flügeln.

Mir ist bisher entgangen, ob es sich bei diesem Simpel-Einfall um das Cover der neuen CD handelt. Dann hätte die Betitelung der Scheibe mit „Alles nur geklaut“ (einer ihrer Schlager) wenigstens einen minimalen Humorakzent bereitgehalten. Aber ich vermute, meine Hoffnung hat sich nicht erfüllt.

Aber wie sagte schon unser großer Friedrich….s.o.

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Juni 1, 2021 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar