Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne bei Fred Thieler und Joseph Beuys in Chemnitz. Und mitnichten bei Klinger in Leipzig

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Fred Thieler

Art Informell,     Abstrakter Expressionismus,     Tachismus,     Farbfeldmalerei,    Color Field Painting,    Action Painting,    Hard Edge,    Lyrische Abstraktion,     Konkrete Kunst,    Art Brut,    Neue Pariser Schule,    Minimalismus…..

Bei dieser Kette edler Kunstangebote leuchten meine Seniorenaugen wie Arktur im Sternbild des Bärenhüters.

Um die vergangene Jahrhundertmitte wurden vorrangig in Amerika und Europa diese  Wunderkerzen gezündet. Sie gelten für mich auch noch heute als wuchtige Verlagerung künstlerischer Modelle und Strategien, seit vor zweihundertundfünfzig  Jahren sich Europa von flächendeckenden Kunstepochen verabschiedete und allmählich in jeder Region ein eigener, künstlerischer Brei köchelte.

Sicherlich hatten  auch Pollock, Tobey, Kline, Yves Klein…..ihre Ahnen. Bei guter Laune kann man bis William Turner zurückgehen oder bis  Ciurlionis, der seine Bilder nicht selten mit musikalischen Fachausdrücken betitelte. Und bei „Allegro“ oder „Presto“ begann er dann heftig zu spachteln. Auch Monets Seerosen haben vielleicht inspirierend gewirkt und Vincents letzte Bilder  mutierten zu einer einzigartigen, göttlichen „Schmiererei“. Und dann kamen natürlich Kandinsky und später Wols als Türöffner für den europäischen Tachismus.

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Jackson Pollock, aktiv

Und dann erreichte die Zeitrechnung die Jahre um 1950 und Pollock kam auf das Tablett,  gleichfalls die „Nouvelle École de Paris“, die informelle Truppe in Deutschland entwickelte sich ( Hoehme, Schumacher, Götz…) und Jürgen quickte erstmalig dümmlich in die Welt hinein. Welch grandiose Zusammenhänge.

R wie Raffael und Rothko,   P wie Pollaiuolo und Pollock,  T wie Tintoretto und Twombley,  F wie Fragonard und Francis,  B wie Botticelli und Bill,  D wie Dürer und Dubuffet,  S wie Schongauer und Still,  K wie Kalf und Kline, N wie Notke und Newman…….eine wundervolle Reihung. Ich sehe da auch keine qualitative Hierarchie zwischen den beiden R’s, den beiden F’s, den beiden N’s.  u.s.w…….alles herausragende Kunst.

Allerdings würde ich  sicher das Gedröhne einer kollektiven Kotzorgie ertragen müssen, wenn unsere Traditionalisten diese Zusammenstellung zur Kenntnis nehmen sollten, „denn früher konnten sie wenigstens noch richtig malen“ und „Triegel ist ohnehin der beste Maler der Gegenwart, der kann wenigstens richtig malen, so wie früher, ätsche, ätsche.“ Spätestens nach dem zweiten „ätsche“ verdrehe ich meine Augen gen Spinnweben, wende mich ab und dem Rotwein zu.

Als DDR-Depp  war mir eine tiefschürfende Beschäftigung mit dieser Kunst nur begrenzt möglich. Entweder man zog durch die Budapester Buchläden oder schloss sich Raubzügen an, die sich während der Leipziger Buchmessen an den westlichen Ständen organisierten. Die Verleger tolerierten  weitgehend diese Aneignungspraxis und schauten in den Himmel, wenn wieder einmal  Bücher unter weiten Mänteln verschwanden.

Eigentlich wollte ich aber nur auf zwei Ausstellungen verweisen.

Fred Thieler

Informelle Kunst aus Deutschland

Chemnitz, Museum Gunzenhauser, bis 21.September

Joseph Beuys

Zeichnungen

Chemnitz, Kunstsammlungen, Theaterplatz, bis 21. September

Wenn am Stammtisch über Beuys gesülzt wird, wird ausschließlich über die Fettecken gesülzt. Seine außerordentliche Eignung für die Zeichnung bleibt unbesülzt. Das ist schade.

Auch die ständigen Sammlungen der beiden Häuser sind dramatisch ansehnlich, schon Jawlenskys wegen (Gunzenhauser).

Da fahre ich eben nach Chemnitz, wenn in Leipzig über den Sommer nur Max Klinger und 199999 Bilder von allen „Leipziger Schulen“ zu sehen sind (Harry Blume, Hachulla, Mattheuer, Peuker, Rauch, Rink, Stelzmann, Tübke, H.Wagner, D. Ziegler…….schnarsch…Das zu Leinwänden gewordene Grauen).

 

Musik des Wochenendes

Vielleicht wieder einmal ein Dvorak-Fest.

Natürlich unbedingt das Cello-Konzert, natürlich die 9.Sinfonie, auch die slawischen Tänze sind hörenswert und die Streicher-Musik, ebenso Ausschnitte aus „Rusalka.“

Es muss ja nicht immer Feldman sein

Obwohl, nach Dvorak anschließend „Rothko Chapel“ und „For Samuel Beckett“ (für 27 Instrumente) von Morton Feldman könnte passen.

Oder das einzige Album von „Blind Faith“ (1969). Mit Eric Clapton, Ginger Baker, Steve Winwood und Ric Grech.

Immerhin besser als ein Quartett aus Gus Backus, Costa Cordalis, Wolfgang Lippert und Matthias Reim.

 

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Juli 28, 2014 Posted by | Kunst, Leipzig, Neben Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die unregelmäßig bearbeitete Serie: „DIESES UND JENES AUS JÜRGENS ALLTAG“ Heute: „JENES“. Und Serrault Chabrol Cluzet Aznavour Rotkäppchen Obama Merkel Strauss Guntram Kümmel Trueba Maillol Babirusa Schweinsteiger Reim Hendrix Erdmannsdorff Langhans Schinkel Stüler Macke Marc Cezanne Piene Mack Nagel-Günther Marriott Frampton Ridley Clempson Farlowe

 

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Chabrol: „Die Phantome des Hutmachers“

Aznavour, rechts mit Serrault

 

Aber sicher, „Ziemlich beste Freunde“ ist ein unterhaltsamer Familienfilm. Und Francoise Cluzet ist ein bemerkenswerter Schauspieler.

Ich kenne ihn schon seit Mitte der 80er Jahre aus Chabrols cineastischer Sonderleistung („Die Phantome des Hutmachers“). Außerdem mit Serrault und Aznavour. Charles ist nun 90 und tourt immer noch über die Bühnen, doch leider nie in meinem erweiterten Einzugsgebiet

Auch in dem ansehnlichen Streifen „Kein Sterbenswort“ agiert Cluzet mit hoher Qualität.

Doch die Hybris um den Mann im Rollstuhl und dessen farbigen Tausendsassa ist unangemessen. Doch darum geht es mir nicht und für eine Filmanalyse ist es  zu schwül.

Die tägliche Klapserei, mit der dieser Filmtitel aufgenommen und für die eigene „Witzkultur“ genutzt wird, bringt mich in sanfte Rage. Als durchaus medienaktiver Zeitgenosse, der mit Sinnesorganen, wuchtig wie bei Rotkäppchens Fresssack, durch Zeiten und Räume marschiert, kann  ich diesen sprachlichem Eintopf-Journalismus nur schwer entgehen.

„Ziemlich gute Freunde //   ziemlich sehr gute Freunde //  keine ziemlich gute Freunde //  keine ziemlich sehr gute Freunde //  nicht mehr ziemlich gute Feunde //  nicht mehr ziemlich sehr gute Freunde“  (Gibt es alles, selbst gehört !).

Aber es geht ja noch weiter. Da ertönt dann plötzlich rüchsichtslos: „Ziemlich gute Feinde“ (z.B. Obama  Merkel) // „ziemlich sehr gute Feinde„……und so weiter und so armselig.

Durch Presse, Fernsehen, Hörfunk öden sich also unbarmherzig der Original-Titel und dessen beknackte Mutationen. In allen Zusammenhängen wird diese Sülze abgelabert. Ohne Sinn und Verstand, die Hauptsache, man ist dabei.

Über den inflationären Einsatz von „Helden“Götter“ und „Wunder“ während der vergangenen Tage schweig ich still.

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Käse und Kümmel

 

 

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Kiche im Dorf

 

Ich will ja gern die Kirche im Dorf lassen, nicht den Kümmel aus dem Käse pulen,  den Ball flach halten und nicht alles auf die Goldwaage legen. Doch diese Zelebrierung von Dürftigkeiten, diese Ignoranz gegenüber einigermaßen sorgfältigem Journalismus erzeugt ein gewisses Maß an Bangigkeit.

Der „Musikfachmann“ eines regionalen Kultursenders lobte die Vielseitigkeit von Richard Strauss und hebt hervor, dass der Komponist in weiten Teilen die Libretti für seine Opern selbst schrieb. Von den etwa fünfzehn Bühnenstücken stammen, nach meiner Kenntnis, aber lediglich die Texte zu „Guntram“ und „Intermezzo“ von ihm, nach denen außerdem keine Sau mehr quiekt.

 

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Vor wenigen Tagen las ich eine Rezension über „Das Mädchen und der Künstler“ (oben), ein Kinofilm von Fernando Trueba. Der Streifen beschreibt die letzten Monate Aristide Maillos, der 1944 tödlich verunglückte. Der Verfasser glaubt aber, berechtigt zu sein, die Zeit des Geschehens in den spanischen Bürgerkrieg (1936-39)  verlegen zu können.

Wohlgemerkt, ich will die Kirche im Dorf lassen, nicht den Kümmel…….pulen. Doch diese hohe Oberflächlichkeits-Quote und die scheinbar flächendeckende Sicherheit dieser unkompetenten Autoren, sich derartige Mätzchen erlauben zu können, vielleicht sind die Chefredakteure ähnliche Dilettanten, beunruhigt mich schon.

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Babirusa

 

Ich bin ja nun mitnichten Mitglied im Schweini – Fanclub, schon gar nicht im Matthias – Reim – Fanclub oder in der Meisterklasse zur Erhaltung des zweiseitig gekrümmten Korkenziehers in Meppen. In Fanclubs agieren mir zu viele geräuschvolle Mitmenschen. Wenn ich nicht in diesem östlichen Gurkenland meine Jugend erlebt hätte, wäre ich  am Ende der  60er Jahre sicher der offiziellen Jimi-Hendrix-Edelgilde beigtreten. Oder ich gründe selbst den „Rettet – den – Sulawesi – Babirusa – Fanclub“. Vor einigen Jahren gab es im Leipziger Zoo zwei wundervolle Exemplare dieser Tiere. Obwohl der Ästhetikberater des lieben Gottes sich bei der Erschaffung dieses hornigen Vierbeiners vermutlich einen Eimer göttlichen Getränks mit  reichlich Umdrehungen zugeführt hat.

Jedenfalls bin ich gleichfalls kein Vortrompeter für Aristide  Maillol. Zu makellos , harmonisch und ausgewogen ist mir diese Bildhauerei und Maillol verfolgt den Klassizismus zumindest auf dessen Nebenspuren. Und bei klassizistischer Malerei, Graphik und Plastik verlasse ich mit ergiebiger Ignoranz die Räume und betrete nur unter Schmerzen die Architektur. Dabei ist für mich die frühklassizistische Baukunst noch in Maßen ansehnlich (Erdmannsdorff/Wörlitz ; Langhans/Bauten im Schlosspark Charlottenburg).

Doch die Koordinaten, auf denen z.B. Schinkel oder Stüler zugeschlagen haben, durchmesse ich in der Regel recht hastig.

Auch die Malerei von David, Tischbein, Mengs und die Bildhauerei Schadows, Canovas und Thorvaldsens können sich nicht mit meiner Aufmerksamkeit schmücken.

Maillol  hatte eine enge Verbindung zu Arno Breker. Kann ich nachvollziehen. Wobei ich die Qualität dieser Kunst natürlich nicht anfechten werde. Es ist auch keine Geschmacksfrage, denn Geschmacksfragen über künstlerische Qualität gibt es nicht.

Ich bevorzuge z.B Macke vor Marc aber weigere mich nicht, beiden eine ähnliche Bedeutung für die Kunst des 20.Jahrhunderts zu bescheinigen.

Das Ausweichmanöver —- „Das ist Geschmacksache“….., diese verbal-freundliche Flucht vor einem Gespräch über Kunst ist erweiterter Tinnef. Entweder man erkennt Qualität oder glotzt unwissend in die Röhre.

Und weshalb Maillol als „Cezanne der Bildhauer“ gerühmt wird, erschließt sich mir nicht. Weil er sich um abstrahierende Tendenzen bemühte? Erschließt sich mir tatsächlich nicht. Also Stimme und Hände weg von „meinem“ Cezanne.

Aber der Film ist in Ordnung. Ich schrieb über ihn einen kleinen Beitrag am 8.Januar in meinem Blog.

Otto Piene hat sich verabschiedet. Vor wenigen Stunden sprach man innerhalb der Hauptnachrichten von Piene, der mit Hans Mack am Ende der 50er Jahre in Düsseldorf „Zero“ gründete. Das ist soweit richtig. Nur Hans Mack heißt nicht Hans Mack, sondern Heinz Mack. Doch wie gesagt, ich will ja keinen Kümmel aus dem Käse…….

Ich habe die Kunst der „Zero“-Truppe immer ganz gern gemocht, Nagel-Günther gehörte ja später gleichfalls dazu.

Deshalb bitte ich um eine Gedenkminute für Otto Piene und um den Besuch seiner Berliner Ausstellung.

 

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Musik der Woche:

Live-Alben von Humble Pie. In einer Besprechung las ich: „Da fliegt die Hirse weg“. Das ist nicht ganz korrekt. Da fliegen die Kürbisse durch die Luft. Diese Musik holt Zeppeline vom Himmel.

Mit Steve Marriott (Small Faces), Peter Frampton (früher Herd, „From the Underworld“ und „Paradise Lost“ sind immer noch ordentliche Titel), Greg Ridley (früher Spooky Tooth, „Waiting for the Wind“ und die Version von “ I Am the Walrus“ sind auch heute noch bemerkenswerte Musik) und Dave Clempson (früher Colosseum, ich sah Clempson schon 2 x gemeinsam mit Chris Farlowe auf der Bühne. Erstrangig)

Also eine erlesene Truppe.

 

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Juli 18, 2014 Posted by | Film, Kunst, Leipzig, Medien, Verstreutes | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die unregelmäßig bearbeitete Serie: „Jürgen Henne und der Service der Woche“. Heute: “ Der Kampf um die Brothalbierungsfläche“ und Händel, Galina Ustwolskaja, Luc Ferrari, Sly Stone, J.M. Coetzee

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Malfabrot

 

Service der Woche

Ich liebe Malfabrot, eine DDR-Kreation und eine Tradition aus Zeiten, als  Ulbricht noch widerwärtig durch Ostdeutschland krähte und uns mit seinem bekloppten Tischtennis – u.Volleyballgespringe auf den Knieknorpel ging.

Ich mag kein Zwiebelbrot, Lebertranbrot Kartoffelbrot, Rosinenbrot, Holunderbrot, Bärlauchbrot, Sesambrot, Haferflockenbrot, eiweißarmes Brot, Brechbrot, glutenfreies Brot, brotreduziertes Brot, dreiblättriges Kleebrot, vierblättriges Kleebrot, anderes Kleebrot, Spreizbrot, Sonnenblumenkernebrot, Stauchbrot, Fliederbrot, Brot mit geriebenen Möhren, Mumpelbrot, Kürbisbrot mit ganzen Früchten….ich will einfach nur beknacktes Malfabrot, bei dem man ein Stück abschneiden kann, ohne dass Schürze,  Tisch und Boden mit Zwiebeln, Bärlauch, Sesam, Spreiz, Haferflocken, Lebertran, Rosinen, Stauch, Holunder, Bärlauch, mit armem Eiweiß, Flieder, reduziertem Brot, Brech, Sonnenblumenkernen, geriebenen Möhren, dreiblättrigem Klee, vierblättrigem Klee, anderem Klee, Mumpeln, freiem Gluten und ganzen Kürbisfrüchten……..ausgelegt werden.

 

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Geriebene Möhren (Pfui Deibel!)

 

Und in einer Leipziger Verkaufseinrichtung sah ich zwischen Zwiebelbrot, Sesambrot, Brechbrot, Haferflockenbrot, Mumpelbrot……..tatsächlich Malfabrot. Ich stürzte zu den Glaskisten und schob recht lebhaft und mit schweißigen Händen zunächst Lebertranbrot, Stauchbrot, Mumpelbrot……zur Seite, wodurch  feuchter Stauch, feuchter Lebertran und feuchte Mumpeln gegen das Glas spritzten. Danach klaubte ich nach dem Malfalaib.

Meine Bitte nach der Halbierung des Brotlaibs wurde zurückgewiesen.

„Bei uns werden  nur ganze Brote verkauft“ antwortete die Verkäuferin mit dunklem Flaum unter der Nase.

Ich sprach dann verständnisvoll und mit sonorer Schaljapin-Stimme von meiner 109-jährigen Großmutter, die keineswegs in der Lage wäre, ein „ganzes“ Brot zu vertilgen. Die Zeit würde vergehen und die zweite Hälfte hätte dann bald die Konsistenz von Wurzener Zwieback im Endstadium. Schade um Moni Malfa.

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Fjodor Schaljapin, ich vermute als Boris Godunow

 

Der dunkle Flaum der potenziellen Malfa-Verkäuferin begann, erregt zu wippen.

Mit einem markigen „Was wissen Sie denn ! “ zeigte sie meine Grenzen auf. Ich duckte mich und flüsterte: „Ich weiß natürlich nicht“.

Sie erzählte von dem fehlenden Standort für die Brotteilung, von der vollständigen Auslastung der Verkaufsfläche, wodurch die Installierung einer Brothalbierungsfläche nicht möglich sei. Und wenn dann“die Hygiene“ käme, „dann wäre was los !“

Ich erwiederte, dass eine Fläche von etwa 50 cm x 50 cm sicher genügen würde, um ein Brot professionell zu halbieren und  es selbstverständlich unhygienisch sei, ein Brot auf überlagerten, ausgelaufenen Fisch-Aspik-Bechern oder zwischen eitrigen Erdbeeren und Kernseife zu halbieren. Nur eine kleine Fläche von 50 cm x 50 cm würde aber genügen. Eine glatte, sterile Fläche von 50 cm x 50 cm. Eine kleine Fläche in der gesamten Verkaufseinrichtung, nur 50 cm x 50 cm.

Der schwarze Flaum wippte  jetzt so heftig, dass er fast die Eingänge der Nasenlöcher blockierte.

„Ach, was wissen Sie denn und wenn dann die Hygiene kommt !“, sagte sie abschließend  und ich entschied mich für den Kauf des „ganzen“ Brotes.

 

Musik der Woche

Klaviermusik von Galina Ustwolskaja

„Lascia ch’io piango mia cruda sorte“ aus Händels „Rinaldo.“

Tonbandexperimente von Luc Ferrari.

Funk/Rock von „Sly and the Family Stone“

 

Reim des Tages, bitte singend diese sprachliche Schönheit erleben.

Auf der Reeperbahn, nachts um halb eins,

ob Du’n Mädchen hast oder Karl-Heinz……..

 

Buch der Woche

„Leben und Zeit des Michael K.“ von J.M. Coetzee

 

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Juli 11, 2014 Posted by | Leipzig, Verstreutes | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die unregelmäßig bearbeitete Serie: „Filme, die keine Sau kennt, außer Jürgen“. Heute: „Der fliegende Händler“ und J.J. Cale, Robert und Sonja Delaunay

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Mutter und Vater Sforza vor ihrem Lebensmittelladen

„Le fils de l´épicier“ heißt der Film von Éric Guirado.

Also „Der Sohn des Händlers“, besser „Der Sohn des Lebensmittelhändlers.
Es wäre eine solide Übersetzung.
Aber nein, „Der fliegende Händler“ muss ran.
Ich denke da sofort an einen fliegenden Teppich, mit einem Händler darauf.
Oder an Hans Albers auf einer Kanonenkugel mit persischem Teppichdekor.
Oder an den fliegenden Holländer.
Vielleicht auch an Hans Albers und Richard Wagner auf einem Perserteppich mit schwarzem Mast und roten Segeln.
Doch von Bagdad bis zur Provence (Tatort des Films) sind es doch einige orientalisch-französische Meilen.

Vater Sforza (provenzalisch-lombardische Herkunft?), Besitzer eines Lebensmittelladens, der auch mit irgendeinem rädrigen Klapperkübel die älteren Bewohner, in der Regel fast 110 Jahre alt, hinter den sieben Bergen mit Alltäglichkeiten versorgt, schlägt ein Herzinfarkt darnieder.
Sohn Antoine, zehn Jahre zuvor im Zorn dem Elternhaus entflohen, schaut wieder einmal vorbei, zelebriert sein knochiges Verhältnis zur Mutter und geht keiner Nervung mit seinem Bruder aus dem Weg.
Mit Claire, seiner Nachbarin aus Lyoner Tagen übernimmt er angewidert den Posten des Vaters als fahrender Lebenmittelanbieter…u.s.w.

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Antoines Alltag

„Was wollen Sie?
Was weiß ich denn, geben Sie am besten eine Dose Erbsen.“

Es ist zunächst diese Häufung skurriler Typen, die vor dem Verkaufswagen einen überschaubaren Andrang organisieren, von Antoine die Freundlichkeit seines Vaters erwarten, die er aber mitnichten bieten kann. Dabei gelingen Antoine auch ziemlich rotzige Schnauzereien.
Doch bleibt alles weitgehend in zivilisierten Bahnen. Keine Verhöhnung etwas sonderbar gewordener Mitmenschen, keine Entgleisungen, angeschrieben wird aber, wie bei Vater Sforza, nie und nimmer.
Nur einmal rastet Antoine bedenklich aus und rülpst recht deftig zu seinem Vater, Rückkehrer aus dem Krankenhaus: „Du stehst mit einem Bein im Grab und nervst uns immer noch.“

„Der fliegende Händler“ ist ein sogenannter „kleiner“ Film mit reduzierter Aktion, vielleicht sogar etwas langweilig. Kein Spektakel, keine Reibungen im Schritt, keine Kollisionen im All, auch nicht Godzilla in provenzalischen Tälern und ohne Jurassic-Park neben der Dorfkneipe.
Wobei ich mich mit einem krachend-berstenden Blockbuster durchaus gern faszinieren lasse.
Ich sitze dann so vor mich hin und staune Tyrannosaurus-Rex-Kacke, was die Computer-Heinis da so abziehen.
So hat z.B die „Alien“-Reihe einen fest zementierten Platz auf der oberen Ebene meiner DVD-Kiste (Natürlich bevorzugt Teil 1).

Doch dem Händler der Provence umgibt reichlich Stille.
Stille zwischen Schwerhörigkeit, Alzheimer, missglücktem Suizid und geheimer Schwangerschaft, doch auch mit zahlreichen Momenten, die das Leben in dieser Abgeschiedenheit als begehrenswerte Alternative schildern.

Auch die Landschaft ist nicht wuchtig, ohne Hybris, einfach nur schön. Deren filmische Präsentation wird keineswegs aufdringlich angelegt. Blicke aus Türen, aus Fenstern vermitteln eher ein impressionistisches „Nebenbei“. Selbst der Sonnenuntergang erhält eine asketische Leuchtkraft
Bei einer Einstellung wurde ich an Menzels unfassbar gemaltes „Balkonfenster“ erinnert.

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Claire, recht ansehlich

„Über allen Gipfeln ist Ruh…“. So ruhig trottet der Film nun auch nicht daher.
Mit Techno in der Kiste fährt Bruder Francoise schon einmal über die Mittelgebirgs-Pisten. Doch sonst eher Verhaltenheit, von Pink-Floyd-Tendenzen bis zu feinsten Akustik-Gitarren.
Komponist und Ausführende sind mir beängstigend unbekannt.

Die Schauspieler trumpfen nicht auf, Extravaganzen und Kabinettstückchen für die Ewigkeit bleiben aus.
Und zum Ende bahnt sich vielleicht doch noch eine weiblich-männliche Zusammenführung an, dann sicher mit Schritt-Reibungen.

Doch davor kommt der Abspann.

Mist.

Musik der Woche:

„Crazy Mama“ und „Cocaine“ von J.J.Cale.
Cale/Clapton: „The road to Escondido“, mit Preston, Albert Lee

Und überhaupt alles von J.J. Cale.

Buch der Woche:

Ein Band über Robert und Sonja Delaunay

Blog der Woche:

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Juli 6, 2014 Posted by | Film, Leipzig, Musik | Hinterlasse einen Kommentar