Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und J.J. Cale

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Zum Tod J.J.Cales

Ich genehmige mir eine Minute vollkommene Stille für die respektvolle Erinnerung an J.J.Cale.
Danach einige Titel aus „The road to Escondido“ (oben), eine Scheibe, die sich stabil in den vorderen, ständig griffbereiten Abteilungen meines CD-Angebotes eingeordnet hat.

Und „Cocaine“ von 1977 ist ohnehin unzerstörbar und wird auch nach dem kommenden Urknall durch die Neutronen kreisen.

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Juli 29, 2013 Posted by | Leipzig | 1 Kommentar

Jürgen Henne, Twitter und George (2x)

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Jürgens Traum bei 33 Grad im Schatten und gefühlten 207 Grad in der Sonne

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Gründe für meine radikale Twitter-Askese!

Twitter-„Debatte“ über den Film „George“

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Anfang

— „schauderhaft pathetische Scheiße“

— „Das war zu befürchten, oder?“

— „grauenhaft…und Götz George zeigt wieder einmal sein doch beschränktes Schauspiel“

— „hm“

— „Böses Mädchen, aber wahr“

— „was soll das eigentlich sein? Aufarbeitung? Rechtfertigung? Was auch immer…nie blieben Erwartungen so unerfüllt“

— „wenn man bedenkt, dass ich mir das sogar in den Kalender eingeschrieben habe“

— „ich als memo im PC und Handy…und dann so eine grottenschlechte Scheiße. Ehrliche Aufarbeitung können wir wohl nicht!“

— „mit oder ohne dauernuscheln“

— „muss es wohl auch geben.“

Vorläufiges Ende der Twitter-„Debatte“

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Mein Gott, seid Ihr alle wichtig und mutig. Mit welch wuchtig überzeugenden Argumentationsketten hier dreingeschlagen und der Film einer intellektuell deftigen Analyse unterzogen wird, ist schon aufregend.
Es ist natürlich schick, genau diese Position zu vertreten.

Doch seid ihr mit dieser Ebene zufrieden, einen Film „besprochen“ zu haben, begleitet von ekliger Nachplapperei.

Oder begründet noch irgendjemand und irgendwo tiefschürfender sein Urteil. Lasst es mich wissen.
Denn „grauenhaft“, „grottenschlechte Scheiße“, „schauderhaft pathetische Scheiße“ und „hm“ erscheinen mir als Bewertungskriterien für einen Film nicht wirklich geeignet.
Bei mir löste der Streifen eine vorrangig ambivalente Erregung aus, die ich aber jetzt nicht darlegen werde, um eine Überforderung dieser Twitter-Truppe zu vermeiden.
Außerdem transpiriere ich wie ein Tapir im Hochofen.

Doch wieso wird dem Film „pathetische Scheiße“ bescheinigt. Im Gegenteil, ich sah und hörte eine auffällige Nüchterheit. Nennt mir eine Situation im Film, bei der „pathetische Scheiße“ dominiert.
Und Entgleisungen („Kolberg“) mit Heinrich George wurden einfach nur zur sachlichen Abrundung des diffizilen Bildes eines überragenden Schauspielers eingesetzt.

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Juli 25, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und Heinz Meier

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Heinz Meier ist tot.
Mitunter war er besser als Loriot.

Ich werde mir in Bälde einige Stücke gönnen, doch keineswegs diesen Lotto-Heini, der meine Humor-Gene nie besonders erheiterte, der aber auch in diesen Stunden in allen Medien-Meldungen als Synonym für HM vorgetragen wird.

Eher Meier als wundervoll genervter Skatspieler. Und natürlich als Camping-Gefährte im „Kosakenzipfel“, der die scheinbare Ungerechtigkeit bei der Nahrungsmittelteilung nicht akzeptieren wollte.

Doch besonders als Kapazität in „Filmanalyse“, mit großartigen Mitspielern und einem Loriot, der scharfsinnig bis in das Jahr 2013 blickte und schon früh dieses kotzig-„kompetente“ Kunst-Gesülze verhöhnte, dass zu einem miefigen Doppelpunkt schrumpft, wenn man die Luft-Phrasen ablässt.
Außerdem spielte Meier auch in Stücken von Beckett, Sartre, Ionesco, Bernhard….., wusste ich nicht, doch sehr sympathisch.
Also, Bernhard Victor, Evelyn, Heinz, ihr könnt jetzt irgendwo da oben weitermachen.

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Juli 22, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, Samuel Becketts „Murphy“, Bucherwerb in der DDR, Zappa-Scheiben auf einem Mono-Plattenspieler, Beckett gegen Hesse, Menschentrauben vor Westbüchern, eine selige Oma mit Pink Floyd im Koffer, zweihundert Zeitgenossen vor einem Plattenladen und Schimmi Höndrix is alle

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Samuel Beckett. Ich liebe diesen Kopf.

Samuel Becketts Manuskript zu „Murphy“ wurde vor wenigen Tagen von einer britischen Universität für mehr als eine Million Euro erworben.

Und sofort spulten sich Erinnerungsketten ab, über den Bucherwerb in der ekligen DDR, über den Kampf um Schallplatten „aus dem Westen“ und die unglaubliche Freude, mit vibrierenden Händen eine Zappa-Scheibe im eigenem Zimmer auf den eigenem Mono-Plattenspieler auflegen zu können.
Denn mit „Murphy“ begann meine Zuneigung zur Literatur Becketts, die bis heute nicht getrübt wurde.
Nach „Murphy“ bekam ich 1970 irgendwie, zumindest gegen viel Geld, einen Band mit „Molloy“, „Malone stirbt“ und „Der Namenlose“, aus dem Westen.
Meine Gier stieg und ich gierte natürlich nach „Warten auf Godot“, bald auf das „Endspiel“ und „Das letzte Band“.
Ich habe dafür Bücher von H.Hesse angeboten, nur sehr sparsam auf den Verkaufslisten der DDR-Verlage verzeichnet. Dieser Gegenwert wurde akzeptiert.
Und das war aller Mühen Anfang.
Jetzt wollte ich natürlich Joyse, für den ich etwas Beckett opfern musste, dieses Opfer aber bald erneut erwarb, gegen ein anderes Opfer, das ich dann gleichfalls neu erwarb…….
Das absurde Theater zog mich in den Bann, also ran mit Pinter, Ionesco, Adamov. Aber auch Bücher Henry Millers, Genets und Bukowskis, Rolf Dieter Brinkmanns und Hubert Fichtes passten noch in mein Regal.
Alles „aus dem Westen“.
Baudelaire, Rimbaud, Verlaine wurden in eng begrenztem Maße von DDR-Verlagen verlegt. Unter dem legendären Ladentisch, sozusagen.
Ich wollte aber unbedingt auch „Maldorors Gesänge“ von Lautréamont.
Also hinein in die Tauschszene mit „Westbüchern“.

Geld spielte keine Rolle, hatten ohnehin wenige.

Auch geklaut wurde gnadenlos, auf der sozialistischen Mustermesse in Leipzig, bei der auch westeuropäische Verlage ihre Ware feilboten.
Meist formierte man sich sich vor einem Büchertisch zu einer undurchschaubaren Menschentraube. Der mittlere Teilnehmer steckte dann die Gierobjekte an seinen Körper, während seine Mitkämpfer scheinbar gelangweilt an die Wände glotzten.

Den Verlagsvertretern blieben diese Aktionen natürlich nicht verborgen und glotzten gleichfalls gegen die Wände, sie zelebrierten absichtlich eine wundervolle Ignoranz. Nach der nicht ganz zivilisiereten Abräumung der Tische, wurde die blanke Platte mit Ersatzexemplaren belegt. Doch bald bildete sich erneut eine undurchschaubare Menschentraube. Bis der Vorrat reichte.

Bei Schallplatten entwickelten sich mitunter andere Abläufe. Die Zahlung von 80 DDR-Mark und 160 für eine Doppel-LP waren dabei Mindestmaß.
Aber auch familiäre Besuche erweiterten den ostdeutschen Kulturhorizont.
Meiner seligen Oma, die in den 70er Jahren jährlich für vier Wochen nach Niedersachsen reisen durfte, verdanke ich z.B Zappas „Sheik Yerbouti“, Pink Floyds „Wish You Were Here“ und „Hunky Dory“ sowie „Heroes“ von David Bowie.

Doch gab es natürlich auch einen internen Musikmarkt mit entsprechenden Tausch-Riten.
Während der 80er Jahre selbst mit Hilfe der Zeitung „Sächsisches Tageblatt“, das „Organ“ der damaligen Blockpartei LDPD.

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Hier erschienen dann Kleinstanzeigen wie „Suche Tull – Biete Purple“ oder „Suche Floyd – Biete Zeppelin“ oder „Suche Sabbath – Biete Heep“. Jeder wusste, wer gemeint war.
Ich reagierte z.B. auf eine Annonce: „Biete Tramp – suche Lizzy“.
Ich erhielt also „Crime of the Century“ von Supertramp und gab eine Scheibe von Thin Lizzy.

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Auswahl meiner „Westplatten“ der 70er und 80er Jahre

Sonntags 1974 ging ich mit Kinderwagen durch den Norden Leipzigs, schaute in das Fenster eines Plattenladens und erstarrte.
Links mittig fingerte Jimi Hendrix auf seiner Gitarre herum. Die Verkäufer hatten tatsächlich einen schwarzen Rundling mit dessen Musik über ein Wochenende in der Auslage angeboten.

Eine sehr spezielle Entscheidung „Doch sie wussten nicht, was Sie taten“ (Jürgen Dean).
Sechs Uhr in der Frühe stand ich vor der Ladentür. Allerdings vor mir schon etwas zweihundert Mitmenschen.
Nach vier Kunden brüllte der bullige Verkäufer: „Schimmi Höndrix is alle.“
Gefüllt mit Verzweiflung kauften viele Zeitgenossen Musik von James Last und Mireille Mathieu, ebenfalls neu im Angebot.
Zumindest aus dem Westen sollte es sein.
Ich aber ging nach Hause und studierte die Annoncen des „Sächsischen Tageblatts.“
Denn Mathieu und Last konnte ich selbst als Import aus dem Westen nicht ertragen.

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Juli 12, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und die unregelmäßig bearbeitete Serie: „Journalistische Sülze des Tages“. Heute: Tellkamp und die Stasi

LVZ, 4. Juli, Kulturteil, Seite 1.

Tellkamps Wortmeldung.

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“ Uwe Tellkamp
Abhörskandal erinnert an Stasi“

„Der Schriftsteller Uwe Tellkamp(44) fühlt sich in der Debatte um das Abhörprogramm des amerikanischen Geheimdienstes NSA an die Stasi erinnert.
Der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ sagte Tellkamp: „Mich erinnert die Debatte um das Abhören an die DDR und die Stasi“……….“


Meine Einschätzung zu Tellkamps Wesen, zu dessen Aufrichtigkeit und Literatur steht dabei nicht zur Debatte.
Gleichfalls nicht die inhaltlichen Tendenzen seines Beitrags.
Und ich habe den Text in der „Zeit“ noch nicht gelesen.
Könnte allerdings auch so bleiben.

Natürlich nervt mich die fortgesetzte Wiederholungshysterie in jedem Quarkblatt (Stasi – NSA), bei strenger Einhaltung radikaler Sparmaßnahmen im Bezug zur Aktivierung eigener Denkprozesse.

Immer diese identische Abnudelei irgendwelcher Sachverhalte. Ohne Zugabe individuell durchdachter Akzente sickert populistischer Kram aus erstarrten Köpfen.

Wir wissen jetzt um Tellkamps Einschätzung

Innerhalb von wenigen Zeilen die dreimalige Wiederkehr einer banalen Feststellung, die seit Wochen in allen Medien und bei jedem persönlichen Gespräch mit wichtiger Gestik abgerotzt wird, getragen von der Gewissheit, eine originell-historisch gedachte Meisterleistung abgeliefert zu haben.
Und nun auch Tellkamp, gleich dreifach, dreifach, dreifach in der Überschrift und korrekt acht kurzen Zeilen.
Mir wird übel, übel, übel.

„Mich erinnert die Debatte um das Abhören an die DDR und die Stasi“
Mein Gott, ist dieser Satz deprimierend schlicht.

Außerdem wird Tellkamp doch sicher nicht durch die Debatte um das Abhören an DDR und Stasi erinnert. Doch eher durch die Abhör-Exzesse selbst.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Debatte „um das Abhören“ kaum an Stasi und DDR erinnern sollte. In der DDR gab es dazu keine Debatten „um das Abhören“.
Doch diese Sphären rein sprachlicher Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Kausalitäten werde ich in diesem Zusammenhang nicht betreten, ich befürchte eine Überforderung der journalistisch tätigen Akteure.

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Juli 5, 2013 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar