Juergen Henne Kunstkritik

Claude Debussy, Aki Kaurismäki, ein russischer Ikonenmaler, die Kathedrale von Rouen, die Ästhetik einer Streichholzfabrik, Ausdünstungen eines Fernsehers, Renegades in Leipzig, Iris auf dem Pfad der Rache, das Vorspiel eines Fauns, Verstreutes zwischen Schrebergärten und Triebisch und ein Stuhlsturz zu Gohlis, aber ohne Kriegsfolgen

Meine Empfehlung für ein kulturelles Intermezzo nach der Drangsal täglich angebotener Medien-Zumutungen optischer und akustischer Ausführung, aus deren Tentakeln man sich trotz übermenschlicher Ignoranz nur qualvoll entfesseln kann.

Heute: Teil 1 „Prélude à l´après-midi d`un faune“ von Claude Debussy

Claude Debussy

Um eine angemessene Klarsicht über meinen Vorrat an Tonträgern zu bewahren, bemühe ich mich bei Ordnungsfragen und sinnvollen Aufbewahrungskriterien zumindest oberflächlich, chronologische Abläufe und musikhistorische Marksteine zu beachten.
Schon immer hatte dabei die Musik Debussys das Privileg, den Abschnitt „Neue Musik“ oder „Moderne“ einzuleiten, deren Beginn inzwischen weitgehend einvernehmlich für die gesamte Kultur und Kunst auf die abschließenden Jahre des 19. Jahrh. festgelegt wurde.
Meine musiktheoretischen Kenntnisse sind in einem durchaus überschaubaren Rahmen angelegt und bei einer freundlichen Erläuterung des Charakters der Modernität Debussys mit Pentatonik, Tritonus, Quintparallelreihen oder Gamelanmusik und Mikrointervallen muss ich schamhaft in den Himmel starren und Verständnis nur vortäuchen.
Auch die Verbindungen Debussys zu slawischer und asiatischer Musik kann ich eher erahnen oder fühlen, doch nicht an den jeweiligen Notationen begründen.
Doch spürte ich schon seit meiner frühen Jugend, also kurz nach der Geburt von Robin Hood, die Eigenständigkeitin der Musik Debussys, das „Fremdartige“, die Rebellion, oft nur in leisen Tönen.
Ich bemühte mich bald eifrig, eine Grundstock von dessen Musik anzulegen, die aber im dunklen Mittelalter der DDR nicht gerade üppig angeboten wurde.
Ich fahndete nach „La mer“, und den „Images“, nach „Preludes“ „Les Nocturnes“und „Estampes“ und sah später „Pelléas et Mélisande“.
Doch blieb das „Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns“ nach Mallarmé ein zentrales Stück meiner Freude.
Und vielleicht wird man animiert, sich wieder etwas Mallarmé-Lektüre zu gönnen. Und wäre dann bald bei Rimbaud und Verlaine, am Beginn der literarischen Moderne und bei durchlesenen Nächten

Meine erste Debussy-Scheibe

Aus prähistorischen Zeiten, als der Abtastmechanismus sicherlich noch auf Kieselstein-Basis funktionierte.
Mit einem kalligrafisch recht ansehnlichen Schriftzug. Der weiße Akzent auf der Hülle resultiert aus meinem Dilettantismus gegenüber dem fotografischen Handwerk.
Gefüllt wird das Cover von Monets „Seerosen“. Der Euphorie für diese Bilder konnte ich nie folgen. Monets Oevre ist reichlich mit besseren Arbeiten gefüllt ( z.B. die verschiedenen Versionen der Kathedrale von Rouen. Ich besuchte sie 1991 bei unserer ersten Frankreich-Tour und verinnerlichte dann auch bald Monets Sicht auf dieses Bauwerk im Musée d´Orsay).
Cecile Ousset war damals eine recht begehrte Pianistin, deren Weg ich aber nicht weiter verfolgte und deren Lebenszeit sich dem achtzigsten Jahr nähern dürfte.

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Heute: Teil 2 „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ von Aki Kaurismäki

Aki Kaurismäki

Meine außerordentliche Zuneigung zum skandinavischen Film bündelt sich in den cineastischen Ausnahmeleistungen Aki Kaurismäkis.
Natürlich haben auch französische, englische, spanische, nordamerikanische und osteuropäische Filmemacher unvergessliche Streifen hinterlassen. So habe ich in unmittelbarer Vergangenheit wieder einmal Tarkowskis „Stalker“ und „Andrej Rubljow“ gesehen, Lumets „Pfandleiher“ und die „Phantome des Hutmachers“ von Chabrol, Viscontis „Tod in Venedig“ und den „kleinen“ aber herausragenden „Station agent“ von Thomas McCarty.
Aber eben auch „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ kann sich auf dieser Edelgalerie der Filmgeschichte der vergangenen knapp fünf Jahrzehnte ohne Gewissenspein einordnen.

Alltagsszene.

Iris (Kati Outinen) bemüht sich, haushälterische Anforderungen befriedigend zu bewältigen. Mutter und Stiefvater pflegen ihre Nutzlosigkeit, öden aphatisch herum, pennen vor dem Fenseher und demolieren das Gesicht ihrer Tochter, die sich von ihrem kargen Gehalt ein Kleid kaufte.

Der Film beginnt mit einer Zelebrierung der Abläufe in einer Streichholzfabrik. Nervend, aber auch von hoher Ästhetik.
Die Aufgabe von Iris besteht in der Kontrolle einer ordnungsgemäßen Haftung der Etiketten auf den Schachteln. Sicherlich keine Verrichtung, die einen glückseligen Nachtschlaf begünstigt und die morgentliche Trennung vom Bett schwungvoll beflügelt.

Und immer wieder diese unerträgliche Monotonie, diese Spachlosigkeit und emotionale Askese, bei der die akustischen und optischen Ausdünstungen eines Fernsehers als Entschädigung für fehlende Sozialkontakte fungieren.
Die erste Äußerung im Film wird nach etwa zehn Minuten abgestöhnt.

Diese Abläufe sollten eigentlich das menschliche Mitleids-Gen aktivieren und Gedanken über gesellschaftliche Grenz-Deponien, die ihren Status als soziale Randgruppen sicher schon erweitert haben, vehement ankurbeln.
Doch verkrampft weitgehend dieses Gen, denn anders als ihr Bruder, der einen Ausbruch aus diesem widerwärtigen Scheintot im elterlichen Millieus vollzog, unterwirft sich die Hauptakteurin dieser emotialen Vermüllung und kann nur zu Extremmaßnahmen greifen, zu einer totalen Zerstörung, die von ihr natürlich auch mit gespenstischer Apathie abgewickelt wird.

Karismäki philosophiert in Bildern, mit Gesichtern und der Tristess eines Ambientes. Große Gesten und ausufernde Gemüts-Tornados gönnt er nicht seinen Schauspielern. Die Sphäre der Empfindunglosig -u. Gleichgültigkeit, von sozialer Betäubung und eine Aktionsbereitschaft, die sich dem Koma nähert, entwickelt sich außerhalb der Sprache.
Nach der Gesichtmassage durch ihren Stiefvater rebelliert Iris kurz. Sie geht mit dem gekauften Kleid zum Tanz, stöpselt mit einem Tanzpartner, wird schwanger und aus der elterlichen Wohnung geworfen, ihr Stöpselpartner reagiert beängstigend gleichgültig auf die Schwangerschaft und Iris beginnt, sich einen Pfad der Rache zu ebnen, natürlich alles ziemlich apathisch.
Bemerkenswert auch die finnische Filmmusik, die für mitteleuropäische Hörtraditionen recht gewöhnungsbedürftig ist. Außerordentlich erfreulich ist die Verwendung des Songs „Cadillac“ der Renegades, 1965 in Birmingham gegründet.
Die Band agierte vorrangig in Finnland, „Cadillac“ entwickelte sich auch in Deutschland-West zumindest zu einem mittleren Hit (um 1964/65) und in Leipzig, Deutschland-Ost, zu einer Kultnummer, bei der wir wie die Blöden rotierten, Schlagzeug und Gitarre nachmimten und überhaupt uns der ersten Phase einer Wohnungsdemolierung näherten.

Iris bei der Zubereitung eines Trankes.

Der Blick auf die kleine Schachtel zerstört den Glauben an die Möglichkeit, es könnte Waldmeister-Limonade sein.

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Verstreutes

Das Flüsschen Triebisch in Meißen, etwa fünfunddreißig Kilometer lang.

Nach dem Besuch des Grafikmarktes vor einigen Tagen, der eine recht ansehnliche Auswahl anbot. Doch im Angesicht dieser fließenden Harmlosigkeit wieder Erschütterung, völlige Verständnislosigkeit und großen Respekt vor ungezügelten Wassermassen.
Links am oberen Ende der Hauswand-Lisene der Stand des Hochwassers von 2002.

Ergänzung meines Textes vom 11. Mai 2011.

Hunderte Teilnehmer schlurfen organisiert durch einen Leipziger Schrebergartenverein.
Ich falle vom Stuhl.

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Mai 25, 2011 Posted by | Film, Kunst, Leipzig, Musik, Neben Leipzig, Verstreutes | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne als Scherzartikel vor dem Detail eines Baggers, das Sächsische Industriemuseum/Industriemuseum Chemnitz, Odol und die Erotik eines Kusses, Fewa, ein Hammer in Frohnau, Melittas Kaffeefilter, Ostwalds Nobelpreis, Strichlisten für Autos, der Traum vom Weltraum, Cranach, Stoph und Ulbricht, ein Pferd in Kolmanskuppe und ein Weg von Q nach Ö.

Gerbisdorf bei Leipzig, Schaufelrad, 1989 als Detail eines monströsen Baggers installiert. 1991 entsorgt, das Rad wurde als technisches Denkmal erhalten.
Meine kraftvolle Figur versackt rechts unten zum Scherzartikel.

Als ausgewiesener Eiferer gegenüber der Erhaltung von gewichtiger Industriearchitektur und deren Ausrüstungen haben wir schon rastlos das mitteldeutsche Terrain durchstreift, aber auch dessen Grenzen locker überschritten. Höhepunkt war bislang natürlich die Zeche Zollverein in Essen.
Der erweiterte Raum Mitteldeutschlands ist mit Anlagen hochwertig erhaltener Industriedenkmäler reichlich versorgt. Brikettfabriken (Domsdorf), Eisengießereien (Peitz), Kraftwerke, Gasometer, Kalkwerke, Brauereien, Ziegeleien (Hundisburg), das gesamte Techniksortiment der Braunkohlegewinnung mit gigantischen Baggern (Ferropolis), Sägewerke und natürlich der Frohnauer Hammer bei Annaberg-Buchholz, mit Ursprung im späten 15. Jahrhundert, ermöglichen eine flächendeckende Aufklärug über industrielle Geschichte

Blick von der Galerie auf die Ausstellungshalle im Erdgeschoss des Sächsischen Industriemuseums/Industriemuseum Chemnitz

„In Chemnitz wird gearbeitet, in Leipzig gehandelt und in Dresden geprasst…“ ( Sächsischer Volksmund )

Grundsätzlich ist diese volkstümliche Einordnung aus historischer Sicht durchaus treffend. Doch entwickelte sich spätestes im 19.Jahrh. auch in Leipzig und Dresden eine industrielle Kultur, in der auch gearbeitet wurde.
Dresden wählte dabei den Einstieg in die Genussmittelproduktion, fabrizierte Zigaretten und Süßwaren, dazu die entsprechenden Zigarettenverpackungsmaschinen. Außerdem frönte man der feinmechanischen Industrie und der Herstellung pharmazeutischer Endprodukte.
Leipzig vertiefte sich vorrangig in die Papierherstellung, in alle Nuancen des polygraphischen Gewerbes und in die Industrie rund um die Braunkohle.
Sachsen behauptete immer eine führende Position bei der Industrialisierung. Die überreiche Segnung mit Bodenschätzen, Wasser, Holz, ein hohes Bevölkerungswachstum, dichte Besiedlung, ein hoher Anteil von städtischer Bevölkerung mit entsprechender Toleranz und Aufgeklärtheit forcierten die Entwicklung zu einem Gebiet mit qualitativ hochwertiger und spezialisierter Kleinindustrie.
Sie konnte dabei auf eine, über Jahrhunderte gewachsene und kompetente Arbeiterschaft aus Handwerk und Gewerbe zurückgreifen.
Diese Tendenz zu konsumorientierter Produktion wird auch im Erfindungsreichtum sächsischer Unternehmer unterstrichen. Scheinbar von überschaubarer Bedeutsamkeit haben diese Artikel denoch das tägliche Wohlempfinden vermehrt.
So entwickelte Karl August Lingner das Odol aus Wasser, Alkohol, Lavendel, Menthol, Pfefferminze, Anis, Nelkenöl und verbannte kurzfristig penetrante Rachengerüche und erweiterte damit die erotische Strahlkraft eines Kusses.
Melitta Bentz nervten die Kaffee-Reste, sie grübelte und erfand den Kaffee-Filter. Und Heinrich Gottlob Bertsch schüttete allerlei Chemielösungen zusammen und erhielt „Fewa“, das erste vollsyntetische Feinwaschmittel.
Natürlich wurden in Sachsen auch Entwicklungen von außerordentlicher Tragweite beeinflusst.
Wilhelm Ostwald erhielt den Nobelpreis für seine Ammoniaksynthese, die erste deutsche Fernbahn dampfte zwischen Leipzig und Dresden, Meißner Porzellan wurde entwickelt und Schrebergärten erhielten die ersten Grundrisse, Julius Adolph Stöckhardt begann eine fundierte Rauchschadensforschung.
Seit 1902, in Zwickau ab 1904, beeinflussten die August Horch Motorenwerke wesentlich die deutsche und globale Fahrzeugindustrie.

Blick von der Galerie auf die Ausstellungshalle/Erdgeschoss

Maschinenraum mit Dampfmaschine von 1896
Innenraum von 1907. Diese Höllenmechanismus kann noch mit Dampf angetrieben und vorgeführt werden.

Maschinenraum
Bemerkenswert die Dekoration, die Verbindung von archaischer Technik und feinsinniger Ästhetik.Technik nicht als unbeherrschbarer Fluch und Teufelszeug, sondern integriert als Notwendigkeit für perspektivische Visionen.
Die Wandbilder fertigte Martha Schrag aus Chemnitz (1870-1857).
Durchaus einigermaßen ansehnlich.
Denn während der mittleren Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts wandelten sich dann gerade die offiziell geförderten, von Diktaturen bejubelten Beschreibungen von Arbeitern und Arbeitsprozessen zu Katalysatoren für einen dauerhaften Brechreiz und zu Hilfsmitteln für wahnwitzige Strategien.
Auch Arbeiten Martha Schrags wurden in die Kategorie „Entartete Kunst“ eingeordnet.

Pkw Wanderer, 1935, 85 PS, 120 Km.

Ich bin nun nicht gerade der hitzige Autofreak, der von Messe zu Messe hastet. Und bin sicherlich auch überfordert, einen Vergaser von einer Radkappe zu unterscheiden. Ich kann auch kein Liebesvehältnis zu diesen Vierradkisten aufbauen. Sie bleiben Behelfsmittel, welche mich von A nach B, oder von Q nach Ö transportieren. Dafür bin ich dankbar und ich belohne deshalb auch diese glänzenden Straßenterroristen mit einer zweimaligen Waschung im Jahr.

Doch will ich natürlich nicht verhehlen, dass mir die Perfektion eines Motors, die Genialität der Gedankenketten, welche zu diesen Ergebnissen führten und die Vehältnisse zwischen Gebrauchswert, Funktionalität und ästhetischer Raffinesse ein außerordentliches Vergnügen bereiten.

Und ich erinnere mich, während apathischer Stunden vor fünfzig Jahren, meinen damals schon ansehnlichen Kopf aus dem Fenster gehalten zu haben und Autos zählte. So richtig akribisch mit Strichliste.
Trabant, Wartburg, P 70, IFA F 8 hießen die Kutschen, hin und wieder erfreute ich mich auch an den russischen Wolgas und Moskwitschs und am tschechichen, b.z.w. tschechoslowakischen Skoda.
Doch Kraftfahrzeugmechaniker, Fernfahrer oder Taxifahrer wollte ich nie werden. Dann schon eher Kosmonaut. Doch um die sozialistischen Interessen im Weltraum wahrzunehmen, wurde ich zu fett.

Noch ein Auto. Pullmann-Lomousine, 1935/36, 75 PS.

Zeichenbrett, 1900

Baumwollringspinnmaschine, 1965.
Sie rotiert noch heute in dreißig Ländern.

Fernsehgerät „Cranach“, 1960.

Besonders lecker sind die agierenden Personen auf der Bildfläche, links Willy Stoph, mittig Ulbricht.
Dieser Fernsehertyp wurde „Cranach“ getauft und dann wird man mit Ulbricht und Stoph gefoltert, schauder.
Ich erinnere mich an weitere Ausführungen von ostdeutschen Glotzöfen namens Dürer, Rubens, Rembrandt.
In meinem Elternhaus flackerte schon sehr früh ein „Rubens“ ( Ende der fünfziger Jahre).
„Professor Flimmrich“ und „Meister Nadelöhr“ wurden dann zu Höhepunkten in Hennes „Guter Stube“ für die Kinder der Umgebung.
Und auch ein markiges „Täve, Täve, Täve“ für Schur und ein halbmarkiges „Ecke, Ecke, Ecke“ für Bernhard Eckstein während der legendären Friedensfahrten entwickelten sich im Kinderchor zur Normalität.

Tenderlokomotive, 1910

Schlosserwerkstatt einer Färberei, seit den zwanziger Jahren keine Modernisierung. Elektromotor als zentraler Antrieb.

Revolverdrehmaschine, 1921.

Die Einspannung von sechzehn der unterschiedlichsten Werkzeuge ist möglich. Die Firma Wilhelm von Pittler in Leipzig/Wahren wurde ab 1894 zum Synonym für die Herstellung von Revolverdrehmaschinen.
Etwa siebenhundert Meter entfernt von meiner Wiege. Ich absolvierte in diesen Hallen den „Unterricht in der sozialistischen Produktion“ (UTP), Pflichtfach in der sozialistischen Schule.

Pauschenpferd, 1920.

Ein Gerät steht z.B. noch in Kolmanskuppe (Namibia).
Das sind dann Abläufe, die mich durchaus faszinieren können.

Waschmaschine, 1936 ; Wäscheschleuder, 1922 ; Wäschepresse, 1930 ; Bodenstaubsauger 1930 ; Sitzbadewanne 1910

Pantographen-Handstickmaschine, 1909.

Stickmotive für Handtaschen, Etuis, Puderdosen, Kissen

Halbselfaktor, 1830.

Halbmechanische Spinnmaschine. Gleichzeitiges Spinnen von einhundertzweiundfünfzig Spindeln ist möglich.

Mechanischer Webstuhl von 1870

Handkulier-Wirkstuhl von 1870 für Strümpfe und Handschuhe

Ausstellungshalle mit Spinn-,Web-,Wirk-,Strickmaschinen

Tellerplattiermaschine von 1890 für Posamentenindustrie, z.B. Herstellung von Effekten, Kordeln…

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Mai 17, 2011 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Das Wandern ist des Jürgens Lust, aber nicht flankiert von viertausend Geselligkeitsfanatikern…. und zertrümmerte Fersen, die Ausscheidungen des Urenkels, kollektiver Stuhlgang, Tinnitus der Ameisen und das Bedürfnis nach Einsamkeit

Viertausend „Wanderer“ durchkreischen, solidarisch verbunden, eine Landschaft in Leipzigs Umgebung.

Fremde Schweißtropfen klatschen den Nachbarn an die Nasenflügel, Fersen werden durch den Hintermann zertrümmert. Gespräche von waghalsiger Laustärke, die mindestens dreitausend Mitwanderer deutlich vernehmen können, künden von der Konsistenz der Ausscheidungen des Urenkels.

Nach drei Stunden ist gemeinsamer Stuhlgang. Wem dieses Begehren schon früher bedrängt, wird mit einem Tannenzapfen im Analkanal auf den Wanderweg zurückgetrieben.
Eichelhäher und Pirol bitten Maulwürfe um den Einlass in deren Erdwohnungen. Reh und Hirsch erklimmen die Baumwipfel, Ameisen verkriechen sich mit Tinnitus in ihren Hügeln und Füchse hinterlegen furchtgepeinigt auf jeder Heidelbeerpflanze ihren Bandwurm.

Derartige Veranstaltungen sind für mich zu Grauen mutierte Körperertüchtigungen, exhibitionistische Ausgangspositionen für gegenseitige Belobigungsorgien, für die Selbstanpreisung von Pseudoaktivitäten und gehaltvoller Freizeitgestaltung.
Vergelt`s Gott, dass ich mit dem Bedürfnis beschenkt wurde, auch allein und einsam durch Wälder, vorbei an Wiesen zu wandern. Hier ein Blümchen, da ein Blümchen und keine Urinergießungen, die viertausend Mitkämpfer auf die grüne Fläche setzen.
Vielleicht auch mit einer ansehnlichen Dorfkirche als Ziel.
Mit einer schönen Frau an der Seite ist dieses Ereignis natürlich noch unvergesslicher.
Und welch Wunder, dass ich Grizzly auch damit beglückt wurde.

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Mai 11, 2011 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, Donavan, ein sanfter Rebell, Wermutweinbrühe und Kotz-Orgien, Hendrix und Freddy, Jagger und Roy Black, ein Autogramm von Eric Burdon, fünfundzwanzig Tonträger, lustlose Cholerik und ein Sunshine Superman

Fünfundsechzig Jahre Donavan

Ich denke, diese Scheibe erwarb ich 1969 als Geschenk, welches ich mir selbst zur mittelmäßigen Bewältigung des Abiturs gönnte, selbstredend aus dem „Westen eingeschleust“ und zu einem überirdischen Preis. Normalität im Frank-Schöbel – u. Ute- Freudenberg-Land.
Donavan, der „Sanfte Rebell“ hatte natürlich nie das Charisma eines Bob Dylan, der uns in ekstatische Verzückung trieb ( Ich halte nach wie vor „Like A Rolling Stone“ für den vollendetsten Song der Rockgeschichte).

Mit Donavan schwelgten wir eher in behutsam strukturierten Proteststunden, zugedröhnt mit einer billigen, eigentlich ungenießbaren Wermutweinbrühe, denen dann am Morgen eine kollektive Kotz-Orgie folgte.
Ich habe Donavan seit vielen Jahren nicht mehr gehört. Das Zeitalter steht bei 2011 und es gibt auch heute großartige Musik. Sie im Klima gegenwärtiger Medienpanik zu orten, ist natürlich mühselig und erfordert ein gerüttelt Maß Kompetenz, auf welche ich natürlich zugreifen kann.

Ich erinnere mich an Hitparaden für „jung und alt“ vor fünfundvierzig Jahren (Deutschlandfunk, Radio Luxemburg), als bei den Platzierungen z.B. Jimi Hendrix auf Freddy folgte, Peter Alexander auf Mick Jagger, Roy Black auf Canned Heat und Who oder Small Faces auf Manuela. Das war eine klare, überschabare Lineatur. Heute undenkbar, Gott sei Dank.
Natürlich kann ich mich nicht radikal von den legendären „60ern“ lösen.
Vor einigen Tagen hörte ich wieder einmal „It`s My Life“, „Inside Locking Out“, „Don`t Bring Me Down“ und „When I Was Young“ der Animals, aus den Tiefen dieser Zeit. Meine Gänsehaut war nicht zu überspüren. Allerdings habe ich den Animals bis heute einen Sonderstatus zuerkannt. Und die Signatur Eric Burdons ist das einzige Autogramm, über welches ich verfüge.

Vor einigen Jahren reihte ich mich nähmlich in die nicht sonderlich ausladende Reihe der Extrem-Fanatiker Erich Burdons ein, der sein Buch in einer Leipziger Buchhandlung signierte.
Vor mir übergab ein Herr meines Alters etwa fünfundzwanzig Schallplatten und CD`s mit feuchten Augen zur Signierung an Burdon. Die Aktivierung meiner cholerischen Nebentendenzen verharrte dennoch in ausgeprägter Lustlosigkeit und ich wartete geräuschlos.

Doch gibt es Zeitgenossen, bei denen die Geschichte der Rockmusik und deren zahlreicher Nebenwege am Ende der 60er Jahre endet.
Da nudelt eben dann nur Musik der Beatles, der Bee Gees und Monkees, der Mama`s und Papa`s, von Dave Dee…., Neil Diamond, Cat Stevens und den Archies zwischen den Wänden hoch und runter.
Ich würde mich in diesem Fall für ein akustisches Koma entscheiden. Oder ich knalle mir Musik von Marilyn Manson, Pere Ubu, den Beastie Boys oder White Stripes zwischen die Ohren.

Jedenfalls wird Donavan morgen fünfundsechzig und ich werde zumindest „Sunshine Superman“, „Hurdy Gurdy Man“, There is A Mountain“, „Mellow Yellow“ und „Colours“ hören.
Und es wird mir Freude bereiten.

Aber keinesfalls „Atlantis“, ein Titel, der mich schon vor dreiundvierzig Jahren nervte.

Mai 9, 2011 Posted by | Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar