Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und die Frauen in der Hallenser Talstraße und Clara Schumann und RB Leipzig und Bruder Tuck……..

href=“https://juergenhennekunstkritik.files.wordpress.com/2019/09/img_3992.jpg“>
Faltblatt zur Ausstellung

Infolge der Notwendigkeit einer zügigen Bewältigung unaufschiebbarer Abläufe überregionalen Zuschnitts muss ich die Hinweise auf diese Ausstellung auf eine erweiterte Kurzinformtion reduzieren.

Dabei verweise ich zunächst auf meinen Beitrag vom 4.März 2019.
Ich erwähnte eine Ausstellung im Leipziger Bildermuseum, wobei die Räume ausschließlich von weiblicher Kunst belegt wurden, der ich eine überwiegend flache Qualität bescheinigen musste.
Ich erhielt dann zahlreiche E-Mails mit entsprechenden Reaktionen.

Der Ausstellung „Die schaffende Galatea – Frauen sehen Frauen“ in der Hallenser Kunsthalle Talstraße näherte ich mich nun mit schlotternden Nasenflügeln und der Hoffnung, dass sie mich beeindruckt.
Und, vergelt`s Gott, sie hat.

Vermutlich werde ich in Bälde und an dieser Stelle meine Zufriedenheit begründen.
Zunächst aber nur einige Bilder von bemerkenswerter Qualität.


Gabriele Münter

Marianne von Werefkin

Elfriede Lohse-Wächtler

Käthe Kollwitz

Dorothea Maetzel-Johannsen

Cornelia Schleime

Rosemarie Rataiczyk

Johanna Schütz-Wolff

Die Qualität der Aufnahmen ist mitunter lausig.
Mein bevorzugter Fotografenapparat schlug nach dem ersten Bild die Hufe hoch und ich musste meine Ersatzmaschine nutzen, mit der ich eigentlich nur dümmliche Wahlplakate deutscher Parteien ablichte (z.B. während der vergangenen Monate in Sachsen).
Dafür reicht dieses Gerät, mit dem Robin Hood schon Bruder Tuck knipste.

Kunsthalle Talstraße, Halle/S., bis 13. Oktober, Di-Fr 14-19 Uhr, Sa/So !4-18 Uhr, Eintritt: 7 EURO.

Hoffentlich findet dieses Clara-Schumann-Festival bald ein Ende.
Ich akzeptiere natürlich ihre kulturhistorische Bedeutung.
Aber diese kollektive Hysterie ist unerträglich.
Jede Pfeife klebt seinen Senf dazwischen.
Man könnte vermuten, in Leipzig gibt es nur Clara Schumann und RB Leipzig.


juergenhennekunstkritik.wordpress.com
juergen-henne-leipzig@web.de
ILEFLoffsen2005198309092012dorHH

September 14, 2019 Posted by | Kunst, Neben Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, die sächsische Landtagswahl, die sächsischen Politiker, die Leipziger Journalisten und die Beastie Boys.

Landtagswahl 2019 in Sachsen

CDU 32,1 % …… Verlust: 7,3 % zu 2014

SPD 7,7 % …… Verlust: 4,7 % zu 2014

AfD 27,5 % …… Zuwachs: 17,8 % zu 2014

Ich blättere jetzt, zugegeben etwas lustlos, in Leipzigs gestriger Tageszeitung (LVZ)
Einfach so, unkontrolliert, ohne Konzept, ohne System, einfach so.

—————————————————————————–

„Kretschmer kriegt die Kurve“ (LVZ, Titelseite, Überschrift)

Na, na, sagte ich mir, nicht die ganz große Originalitäts-Orgie, doch immerhin etwas Skepsis, etwas Ironie.
Sehr erfreulich.
Aber dann.

——————————————————————————

„Ministerpräsident gewinnt mit CDU klar die Wahl“ (LVZ, Unterüberschrift, Titelseite).

Verlust und Zuwachs bei CDU und AfD, siehe oben.
Sollte man immer im Auge behalten.
Die Tendenz, nicht das aktuelle Ergebnis ist entscheidend

———————————————————————————

„Das freundliche Sachsen hat gewonnen“ (LVZ, Kretschmer).

Mein Gott, ist das dürftig. Weil sie Kretschmer wählten, sind sie freundlich, alle anderen sind Drecksäcke.

———————————————————————————–

„Das ist ein guter Tag für unser Land…“ (LVZ, Kretschmer).

Verlust und Zuwachs bei CDU und AfD, siehe oben.
Sollte man erneut im Auge behalten.
Die Tendenz, nicht das aktuelle Ergebnis ist entscheidend.
Die Dürftigkeiten entfalten sich.

———————————————————————————–

„Wir haben einen Gestaltungsanspruch – und der endet ja nicht am 1.September“ (LVZ, Dulig, SPD).

7,7 % werden diesen Gestaltungsanspruch goutieren. Aber nach möglichen 4,9 % bei der nächsten Wahl endet der Gestaltungsanspruch.
Dann muss Martin wieder ran.

———————————————————————————-

„Die große Erleichterung. Die CDU feiert den Wahlgewinner Michael Kretschmer…“ (LVZ, Seite 3, Überschriften.)

„Als die ersten Hochrechnungen gegen 18 Uhr über die TV-Schirme flackerten, gibt es kein Halten mehr…..Klar über 30 Prozent-ein Triumph, an den vor Wochen niemand geglaubt hatte“. . (André Böhmer, LVZ.)

„…Kretschmer live erscheint um 18.10 Uhr vor seinen Anhängern. Jubel, Ovationen, Gänsehaut. Alle Handys sind auf den Görlitzer gerichtet. Manche haben Tränen in den Augen.“. (André Böhmer, LVZ.)

Flackernde TV-Schirme, kein Halten mehr, Triumph, Jubel, Ovationen, Gänsehaut, Handys, Tränen.

Siehe oben die Wahlergebnisse, auch auf die Verluste und Zuwächse von CDU und AfD sollte man wiederum im Auge behalten.
Die Tendenz, nicht das aktuelle Ergebnis ist entscheidend.
Dieser Journalismus ist unerträglich tendenziös und zum Teil von antiintellektueller Bösartigkeit.
Hochgradig zum Speien.

———————————————————————————-

„Hauptsache klar vor der AfD und Hauptsache mit einer 30 vor dem Komma. Mehr hatte eigentlich niemand erwartet. Da kann auch Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen aus der Ferne wettern und das Ergebnis als „schwere Schlappe“ für die CDU einordnen. Die Erleichterung in den Reihen der Sachsen-Union ist trotzdem groß, man will sich die Stimmung partout nicht verderben.“
(André Böhmer, LVZ.)

Aber nicht doch, nicht doch, lasst Euch die Stimmung mitnichten verderben, auch partout nicht. Es könnte aber natürlich sein dass sich in vier Jahren die Qualität der Stimmungsverdorbenheit steigern wird.
Und erleichtert Euch auch unbedingt weiterhin, am besten auf dem Klo.

———————————————————————————–

„Noch am Sonnabendmorgen hatte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) beim legendären Bäcker Schulz im Waldstraßenviertel Brötchen verteilt“ (LVZ, Titelseite).
„Noch am Sonnabend war er im Wahlkampf-Endspurt omnipräsent – verteilte sogar bei einem Leipziger Bäcker in aller Herrgottsfrühe frische Brötchen“ (LVZ, Seite 3)

Mir wird übel.
Mich interessieren nicht die belegten, fettigen Jagdwurst-Brötchen, die Kretschmer verteilt, auch nicht in aller Herrgottsfrühe.
Und warum wählt Kretschmer für seine Performance mit fettigen Jagdwurstbrötchen ausgerechnet einen „legendären“ Bäcker in Leipzigs privilegiertem Waldstraßenviertel.
Die Bewohner im weniger privilegierten Sellerhausen oder im problematischen Grünau hätten die Geschenke auch gern angenommen.

———————————————————————————-

Fazit

Mir geht es nicht um CDU und SPD, schon gar nicht um die AfD, diese Truppe ist mir ähnlich fern wie der Abstand von Erde und Neptun.

Doch die völlige Reduzierung von Objektivität, diese fast schon militanten Verzerrungen, die stündlichen, täglichen, wöchentlichen Einseitigkeitsexzesse, diese regelrechte Verdammung mit grundsätzlich kollektiven Auswürfen und die Ignoranz gegenüber Andersdenkenden irritieren und beunruhigen mich doch erheblich.

Rosa Luxemburg zu zitieren, ist mir zu blöd aber daran erinnern will ich schon.

Und wenn in ein paar Jahren tatsächlich rechte oder linke Kameradschaften extremen Zuschnitts das Ruder in diesem Land übernehmen sollten, müsste man u.a. die aktuell agierenden Politiker und Journalisten in den zukünftigen Geschichtsbüchern zur Rechenschaft ziehen und in die schwarz umrandeten Kapitel aufnehmen.

Und jetzt gönne ich mir eine Pulle Wein und die Beastie Boys, sonst geht man ja nach dieser Zeitungs-Lektüre kaputt.
Oder Musik von den Undertowns.
Oder von Schnittke, Poulenc, Palästrina, Strauss.
Denn schon Nietzsche sagte: „Ohne Musik….“


juergenhennekunstkritik.wordpress.com
juergen-henne-leipzig@web.de
ILEFLoffsen2005198309092012dorHH

September 3, 2019 Posted by | Geschichte, Leipzig, Neben Leipzig, Verstreutes | Hinterlasse einen Kommentar

Architektonisches Sonntags-Intermezzo mit Querhaus, Baumtöpfen, Epitaph-Figuren im Störtebeker-Modus und eine Jarmusch-Nacht mit Neil-Young-Epilog

Goseck, Kirche, bzw. Kirchenrest des ehemaligen Benediktinerklosters.

Cranachs d. Ä. „Hinrichtung der hl. Barbara“ soll sich bis 1945 zwischen diesen Wänden befunden haben.
Jetzt strahlt es im Metropolitan Museum of Art in New York, ein bemerkenswerter Weg.
Überhaupt haben Baugeschichte und aktuelles Erscheinungsbild dieser Kirche einen durchaus erstaunlichen Zuschnitt.
Goseck liegt innerhalb eines Terrains mit beachtlich hochwertiger Kulturgeschichte, unweit von Naumburg und Schulpforte, von Freyburg, der Schönburg und von Bad Kösen mit Rudelsburg und Saaleck.
Auch Memleben und Merseburg haben sich in übersichtlicher Entfernung abgelagert.
Ähnlich die Reste des Sonnenobservatoriums, etwa 2800 v.Z. und des Fundorts der Himmelsscheibe von Nebra, etwa 1600 v.Z.

Zurückgeblieben bzw. verschont sind von der ehemaligen Klosterkirche aus der Mitte des 11.Jahrh nur noch das Querhaus (s.o.) mit Apsiden, der Chor mit geradem Abschluss und eine zweischiffige Krypta, die im 16.Jahrh. im Ostteil durch den Einzug eines Tonnengewölbes zweigeschossig wurde.
(Die Benediktiner gründeten ihr Kloster hier um die Mitte des 11.Jahrh.)

Goseck, Blick nach Osten, Querhaus der ehemaligen Klosterkirche

Freundlicher Versuch, die ursprüngliche Struktur der Kirche zu veranschaulichen.
Man muss sich vorstellen, dass unmittelbar am Standpunkt meinem Fotografenapparats vor vierhundert Jahren sich das Mittelschiffportal befand, links auf der Linie der Blumen- (Baum)kästen die Pfeiler das Mittelschiff und das nördliche Seitenschiff trennten, der schwarze Belag etwa die nördliche Seitenschiffmauer markiert und die schattigen Schlossgebäude rechts (erste Hälfte des 17 Jahrh.) Teile des Mittelschiffs und das ehemalige Seitenschiff mit südlicher Ausrichtung ersetzt haben.

Chor, Nordwand

Alvensleben-Epitaph, links, erstes Viertel des 18 Jahrh., für den 1714 verstorbenen Ordomar v. Alvensleben.

Pölnitz-Epitaph, rechts, erstes Drittel des 17.Jahrh., für Bernhard von Pölnitz, kursächsischer Kanzler und Oberhofrichter in Leipzig.

Pölnitz-Epitaph, linke Seite mit der Darstellung von Bernhard von Pölnitz, von dessen Frauen, Söhnen und Töchtern, mit Blick auf Christi Kreuzigung, bzw. Kreuzabnahme (s.o.Gesamtansicht).
Figuren z.T. im Störtebeker-Modus, also enthauptet, Resultat vandalistischer Entgleisungen, vermutlich erst während der 70er Jahre des vergangenen Jahrh.
Die DDR-Kulturdeppen interessierte das eine feuchte Hüfte.

Pölnitz-Epitaph, rechte Seite
Epitaphe dienen im Gegensatz zu Grabmälern mitnichten zur Lagerung menschlicher Überreste und erfüllen eher die Funktion von Denkmälern.
Grabmal und Epitaph werden gebräuchlicherweise an unterschiedliche Standorten eingrichtet, das Epitaph bevorzugt an Kirchenwänden, doch auch an Pfeilern, Säulen…im Kircheninnenraum und werden in die übergeordnete Kategorie der Kenotaphe eingeordnet.
Spontan denke ich bei sächsischen Epitaphen z.B. an die Leipziger Universitätskirche (Olearius-Epitaph), an das Inventar der Laurentiuskirche in Pegau, aber auch an den Nosseni-Epitaph aus der ehemaligen Sophienkirche in Dresden (1945 stark beschädigt, am Beginn der 60er Jahre entgültig zerstört) und an den Görlitzer Nikolaikirchhof mit hunderten Grabmälern und Epitaphen.

Goseck, ehemalige Klosterkirche, Krypta
1046 geweiht.
Mit dominierendem Mittelpfeiler, keine besonders häufig bevorzugte Konstruktion.
Kreuzggratgewölbe.

Goseck, ehemalige Klosterkirche, Krypta-Fenster

Die Fenster wurden im 11.Jahrh. mit Eisengittern gesichert.
Davon existieren in Goseck noch zahlreiche Rudimente am ursprünglichen Standort.

Goseck, Krypta, spätgotische Gewölbemalerei


Filmvorschläge für eine Jim-Jarmusch-Nacht

Coffee & Cigarettes
Night on Earth
Mystery Train
The Limits of Control
Down by Law
Ghost Dog

U.a. mit Forest Whitaker, Tom Waits, Roberto Benigni, Isaach Bankolé, Tilda Swinton, John Hurt, Bill Murray, Steve Buscemi, Iggy Pop, Cate Blanchett, Armin Mueller-Stahl, Kari Väänänen (wurde besonders durch Filme des unvergleichlichen Aki Kaurismäki bekannt)….

Damit kommt man herausragend durch die Nacht.

Und die Filmmusik sollte man bei Jarmusch ohnehin immer im Ohr behalten und dann bald „Year of the Horse“ sehen, mit Neil Young, gleichfalls von Jarmusch.


juergenhennekunstkritik.wordpress.com
juergen-henne-leipzig@web.de
ILEFLoffsen2005198309092012dorHH

August 12, 2019 Posted by | Film, Kunst, Leipzig, Neben Leipzig, Reisen | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne und Impressionen der 10. Internationalen Schostakowitsch – Tage in Gohrisch, Juni 2019

Königstein (Burg Königstein, Barbarina), Stolpen (Burg Stolpen, Gräfin Cosel), Bad Schandau (Tarantino), Pirna (Marienkirche), Rathen/Wehlen (Bastei), Bielatal….Orte, die der erfahrene Ostdeutsche, speziell der gemeine Sachse, wissenssicher in die Region „Sächsische Schweiz“ einordnet.

Und dann gibt es noch Gohrisch, irgendwo zwischendrin.
Ein Luftkurort, der nicht am Ufer der Elbe liegt, ohne überwältigende Felsenformationen, ohne Monumental-Burgen, mit einer Landschaft, deren Grandiosität überschaubar bleibt (Immerhin gibt es den Berg Gohrisch).

Und dennoch besteigen im Gohrischen Frühsommer seit zehn Jahren um die fünfhundert Zeitgenossen mit spezieller Neigung zu russischer Musik des 20. Jahrhunderts die Höhen zu einem stabilen Felsen, zu einem Koloss der tönenden Kunst.

Denn im Jahr 1960 versuchte Dmitri Schostakowitsch im deutschen-demokratischen Elbsandsteingebirge sein Rückenmark-Makel zu heilen und komponierte aber „nebenbei“ das 8.Streichquartett, nicht unbedingt mit sozialistischem Gestus, nicht selten aber als eine der wichtigsten Partituren des 20.Jahrhunderts gefeiert, aber zumindest als das am häufigsten gespielte Streichquartett, munkelt man.

Ein gewichtiges Ereignis, welches ein paar Getreue von Schostakowitschs Musik vor zehn Jahren veranlasste, zunächst ein Zelt zu errichten, Musiker einzuladen, die natürlich Musik spielten, nicht selten nach den Noten von Schostakowitsch.
Bald vollzog man die Umsiedlung in eine Scheune.

Mir ist keine Veranstaltung ähnlichen Zuschnitts gegenwärtig, die mit einer derartigen Intensität auf dörflichem Fundament diese Wucht an Bedeutung entwickelte.

Bald standen Gidon Kremer, Gennady Rozhdestvensky, Thomas Sandeling, Michail und Vladimir Jurowski, Isabel Karajan, Sofia Gubaidulina, Franz Welser-Möst…vor dem Scheunentor (Konzerthalle), Andris Nelsons, Chef des Gewandhauses, nahm vor wenigen Tagen in Gohrisch den Schostakowitsch-Preis entgegen.
Die Teilnahme von Mitgliedern der Staatskapelle Dresden ist Normalität.

Arvo Pärt und Penderecki hatten sich angekündigt, mussten aber wegen Unpässlichkeit absagen.
Wäre schon möglich, beide sind erheblich über 80.
Aber immerhin hatten sie es erwogen, vermute ich zumindest.

Gohrisch (1800 Einwohner) gönnt sich selbstbewusst einen Schostakowitsch-Platz, Juni 2019

Auch ein Schostakowitsch-Häuschen, Juni 2019

Und eine Schostakowitsch-Büste, Juni 2019

Und Schostakowitsch-Beflaggung…, Juni 2019

Und besonders für vier Tage eine Schostakowitsch-Scheune…, Juni 2019

…mit Schostakowitsch-Dekoration…, Juni 2019

Während also in Leipzig endlos Johann Sebastian abgenudelt wurde, dominierte in Gohrisch eine paradiesische Maßlosigkeit des Angebotes für Musik des 20 Jahrhunderts, nach deren Bewältigung man auf dem Trommelfell, aber einem beglückten Trommelfell, über die benachbarten Frühsommerwiesen kroch. An vier Tagen acht Veranstaltungen mit neunundzwanzig Einzelkonzerten, zusätzlich anderer Ereignisse z.B Diskussionen, Filme…

Von „Drei Stücken für Streichquartett“ von Strawinsky und dem „8 Streichquartett“ Schostakowitschs, von Glasunows „Quartett für vier Saxophone“und Schostakowitschs „Suite für Varieté-Orchester“, von Prokofjews Streichquartett Nr.2 über kabardinische Themen und Schostakowitschs „Sieben Romanzen nach Gedichten von Alexander Blok“ für Sopran und Klaviertrio bis zum „Streichquartett Nr.9“ von Schostakowitsch und dem „Grand Duet“ der Schostakowitsch-Schülerin Galina Ustwolskaja – dieses 10. Festival zelebrierte die russische Musik des 20 Jahrhunders.

Ergänzt wurde das Notenfest durch einige Kompositionen von Mieczyslaw Weinberg, ein russischer Komponist, jüdisch polnischer Herkunft („Streichquartett Nr.5“, „Zwei Lieder ohne Worte“ für Violine und Klavier)

Es gab natürlich auch etwas skurrile Aktionen.

Uraufgeführt wurde z.B. „Im Wald“, ein kurzes Klaviersolo, dass der dreizehnjährige Schostakowitsch komponierte, nichts dagegen zu sagen.
Inhaltlich zu diesem Stück wurde dann am gleichen Abend Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ in Beziehung gesetzt.
Mit der Begründung, dass der pubertierende Dmitri einen Waldspaziergang beschreibt und Mussorgski das Gehüpfe durch ein Museum.
Diese musikalisch-inhaltliche Relation muss erst einmal verarbeitet werden.
Zumal Mussorgskis Tonschöpfung ja nicht gerade ein exemplarisches Beispiel für die Musik des 20.u.21 Jahrhunderts ist, wie es die Festivalmacher ankündigen.

Ich vermute, dass auch der Mainstream beachtet werden muss, ist wiederum nichts dagegen zu sagen, es muss sicherlich sein.
Denn auch Prokofjews „Peter und der Wolf“ wurde gespielt und auch dabei erkannte ich keine zwingende Notwendigkeit.

Aber das sind Marginalien, denn die Schostakowitsch-Tage in Gohrisch haben sich, gemeinsam mit den Veranstaltungen in Hellerau, mit Musica nova in Leipzig und den Messiaen-Tagen in Görlitz unverzichtbar in meinem kulturellen Jahres-Programm für weitgehend zeitgenössische Musik etabliert.

Das Quartier für Gohrisch 2020 ist schon gebucht.


Und noch wenige Impressionen der gerade vergangenen Schostakowitsch-Tage in Gorisch.

Florian Uhlig, Klavier
Linus Roth, Violine
Ilona Domnich, Sopran
Emil Rovner, Cello

Nach der Darbietung der „Sieben Romanzen nach Gedichten von Alexander Blok“ für Sopran und Klaviertrio (Schostakowitsch).
Für mich unbedingt eine musikalische Klimax innerhalb des Festivals

Jekwan Sunwoo, Klavier
Isang Enders, Cello

Nach der Darbietung von Prokofjews „Sonate für Violoncello und Klavier, op 119.
Zuvor quietschten und hämmerten sie sich durch „Grand Duet“ von G. Ustwolskaja, das wundervoll schrägste Teil der vier Tage und gleichfalls ein Katalysator für meine Klimax-Beheizung.

Der Cellist Isang Enders, wurde 2010 gebeten, die Akustik der Stroh-Scheune zu prüfen.
Er befand sie für würdig, als großer Resonanzwürfel für derartige Musiktage zu dienen.
Eine weises Urteil.
Es existiert noch eine Fotografie, die im Schostakowitsch-Häuschen am Schostakowitsch-Platz hängt, gleich neben der Schostakowitsch-Büste (Bild unten).

Andris Nelsons erhält den Schostakowitsch-Preis 2019
Danach holte er seine Trompete aus dem Koffer und spielte mit einem Kammerensemble ein Stück von Schostakowitsch eben für Trompete und Kammerensemble.
Recht unterhaltsam.

Alle Teilnehmer erhielten eine Flasche, ich vermute mit einem Inhalt regionaler Herkunft und einer deftigen Anzahl von Umdrehungen.
Halten die Akteure in den Händen, siehe Bilder.

Isang Enders bei der Akustik-Prüfung, 2010.



juergenhennekunstkritik.wordpress.com
juergen-henne-leipzig@web.de
ILEFLoffsen2005198309092012dorHH

Juni 30, 2019 Posted by | Musik, Neben Leipzig | Hinterlasse einen Kommentar

Jürgen Henne, vier Wochen in Oberösterreich und ein ungeordnetes Potpourri vortrefflicher, überraschender, skurriler, bedenklicher, doch in jedem Fall nützlicher und weiterbildender Wahrnehmungen, Teil II (Teil I am 14. 6.)

Toilettenhäuschen im Kurpark Bad Hall

Ich habe hier beide Möglichkeiten der Vollendung des Stoffwechsels zelebriert und konnte mich nur schwer von diesen wenigen Kubikmetern trennen.

Der Architekt dieser Bedürfnisanstalt, Mauriz Balzarek, war Schüler von Otto Wagner, der wiederum während der Zeit des „Fin de siècle“ die Haupstadt Wien auf das Heftigste bearbeitete und mit zahlosen Bauwerken das Stadtbild veränderte. z.B…..Hosenträgerhaus, Pavillon am Karlsplatz, Majolikahaus, Kirche am Steinhof, Nepomuk-Kapelle…,usw.,usw.
Unweit dieser Einrichtung für gesteigertes Wohlbefinden dirigierte Gustav Mahler während des Sommers 1880 im Bad Haller Theater, mit 20 Jahren.
Sicherlich nicht eine seiner Sinfonien, denn Nr.1 wurde meines Erachtens erst Ende der 80er Jahre uraufgeführt.

Ried im Traunkreis
Diese spätgotische Kirche, um 1520 errichtet, wird architekturhistorisch eher weniger beachtet, hat sich aber den Status eines Naturdenkmals errankt.
Denn seit vielen Jahrzehnten schlingt sich kontinuirlich und mit wachsender Dichte Efeu um den Turm herum und am Turm nach oben.

Kefermarkt

Text an der Hauswand:
„Zum weltberühmten Flügelaltar von Kefermarkt“

Jawohl, recht haben sie, immer dort entlang, da weiß man gleich, was man hat.
Man könnte sich ja sonst in die Kneipe verirren.

Kefermarkt, Wallfahrtskirche, der weltberühmte Flügelaltar

Christoph von Zelking erwartete, bzw. befahl in seinem Testament von 1490, dass für die Pfarrkirche von Kefermarkt, die er selbst gebaut hatte, ein Altar hergestellt werde.
Er selbst schrieb von „Taffel“ (Tafel), damals die übliche Bezeichnung für derartige Kircheninhalte.
Werkstattleiter, Brigademitglieder und andere Teilnehmer dieser herausragenden Schöpfung können nur erahnt werden.
Der Name des Hauptmeisters jedenfalls wabert noch immer anonym durch die drei Schiffe dieser Staffelkirche (Sonderform der Hallenkirche).
Christoph von Zelking agierte als nicht unwesentliches Mitglied der kaiserlichen Gefolgschaft von Friedrich III.

Der Altar wurde innerhalb der 90er Jahre des 15.Jahrh. aus Lindenholz geschnitzt.
Trotz der hohen Meisterschaft des Produzenten sind zahlreiche Bezugspunkte zu anderen künstlerischen Bestrebungen seiner Zeit recht deutlich sichtbar.
Eine kunstgeschichtliche Normalität.

Dabei können selbst innerhalb des Kefermarkter Altars abgestufte Qualitätsebenen, moderner Formwille und etwas altertümlicher Stillstand eingeordnet werden.

Eine unübersehbare Linie, vor allem bei dem Verständnis für Raum und Drapereie, führt z.B. in die Werkstatt Nikolaus Gerhaerts (Hochaltar des Konstanzer Münsters).
Auch die Arbeiten von Vater Michel und Sohn Gregor Erhart werden für die Kefermarkter Künstler und Handwerker eine auffällige Nebenbedeutung gehabt haben.
Und gleichfalls die gesamte Anlage des Altars Michael Pachers in St.Wolfgang, einschließlich der Schreinwächter.

Augenfällig sind z.B. in Kefermarkt die Bevorzugung architektonischer Zierformen gegenüber vegetabilischer Motive.
Die Leerstelle, der Hohlraum werden bearbeitet, erhalten eine gestaltungswürdige Bedeutung und Christophorus trägt bartlos das Jesuskind über den Fluss, außerordentlich selten in dieser Zeit.

Kefermarkt, Hochaltar, Schrein

Drei überlebensgroße Holzskulpturen

Petrus, links, Schutzherr der katholischen Kirche
St.Wolfgang, mittig, Bischoff von Regensburg
Christophorus, rechts, Christusträger

Kefermarkt, Hochaltar

Anbetung

Vorn kniend Melchior mit Goldkiste
Dahinter Balthasar mit Weihrauch-Schiffchen
Dahinter Caspar mit Myrrhe-Pokal

Scheinbar ist aber die Zuordnung der Geschenke zu den Königen in theologischen Plaudervereinen noch nicht geklärt.

Hinten rechts schaut Josef, scheinbar etwas genervt, dem Treiben zu.
Links unten ein Hund, sicher ein Todessymbol.
Links oben ein Turbanträger mit Hammer, vermutlich das Selbstbildnis eines Werkstatt-Mitgliedes.

Kefermarkt, Hochaltar

Marientod

Oben empfängt Christus die Seele Mariens.

Kremsmünster, Stiftskirche des Benediktinerstifts
Mittelschiff nach Osten mit Bildteppichen um die Pfeiler

Stift Kremsmünster, Fischkalter
Simson zerdrischt einen Löwen, mit Fischen im Wasser.

Wasserbecken zur Aufbewahrung und Entnahme von Fischen, die aus den umliegenden Teichen geliefert wurden, auch wichtig für die Lagerung und als Reserve in Fastenzeiten.
Gebaut 1690/92 von C.A. Carlone, erweitert um 1720 von J. Prandtauer (Erbauer des Stifts Melk, UNESCO-Welterbe).
Anlage mit insgesamt fünf Becken.

Stift Kremsmünster, Fischkalter
Petrus entnimmt einem Fisch eine Steuermünze, mit Fischen im Wasser.

Stift Kremsmünster, Fischkalter
Neptun, dahinter dröhnt Triton in sein Tritonshorn, mit Fischen im Wasser.

Ich bin mitnichte ein Fachmann des Fischaufbewahrungswesens.
Doch scheint mir die aktuell-benediktinische Tierhaltung nicht ausgegoren und für die Kiementräger etwas arg nüchtern und deshalb unbefriedigend.

Schloss Parz, Grieskirchen, um 1520
Bedeutendstes Schloss-Ensemble der Renaissance in Österreich (vermutlich)

Schloss Parz, Grieskirchen
Renaissance-Freskenzyklus an der Südseite (Detail)

Sieg des Protestantismus über die katholische Kirche.
Kinder Israels fliehen durch das Rote Meer, verfolgt von den Pharaonen.
Damalige Aktualisierung: Katholiken verfolgen Protestanten, die römische Kirche unterliegt und macht sich zum Horst.

Hans Staudacher

Im Schloss werden einige Räume für Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst genutzt (Galerie Schloss Parz).
Zwischen diesen ganzen alten Zeug (s.o.) dienen derartige Intermezzi zur Stabilität des Wohlbefindens.

Hans Staudacher

Antonio Tamburro

Antonio Tamburro



Zugabe…Zugabe…Zugabe…Zugabe…Zugabe…Zugabe...Zugabe……Zugabe…Zugabe…

An des Wanderers Wegesrand lagen auch z.B….

…die Rokoko-Kirche des Zisterzienserstifts Wilhering…

…und schöne Bäume…

…und eine Kreisel-Ausstellung im Schloss Tollet…

…und ein bewegtes Panorama in Bad Ischl…

…und eine Bergwiese mit Kirche…

…und eine verschneite Landschaft (hinten), Blick vom Kirchenplatz, Bild zuvor…

…und Michael Pachers Wolfgangsaltar in St.Wolfgang am Wolfgangssee…

…und auf dem Weg zu Klaus, zu Olaf gingen wir am Tag darauf…



juergenhennekunstkritik.wordpress.com
juergen-henne-leipzig@web.de
ILEFLoffsen2005198309092012dorHH

Juni 20, 2019 Posted by | Kunst, Neben Leipzig, Reisen | Hinterlasse einen Kommentar