Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und die gern gelesene, eher unregelmäßig bearbeitete Serie: „Jürgen Henne und die alltäglichen Attacken auf die Grenzbereiche der Area postrema.“

Marmeladenglas

Attacke I

Seit jeher entwickelten sich in der Zivilisationsgeschichte rätselhafte Abläufe, die menschliche Verbindungen kultivierter, vertrauter, großzügiger, regelrecht intimer erscheinen lassen, natürlich auch verbunden mit Macht-u.Besitzerweiterung.
Bis in die Gegenwart.
Dabei spielten Geschenke eine bedeutsame Rolle, die durchaus auch beträchtliche Ausdehnungen haben konnten.

Man denke dabei an Chruschtschows freundliche Übergabe der Krim an die Ukraine oder an Bartholdis Freiheitsstatue, die Frankreich als Geschenk in die Erde der Liberty Island montierte.
Auch der preußische König Friedrich Wilhelm I. bewies mit der Installierung des Bernsteinzimmers im Winterpalais von Zar Peter d.Gr., dass Geschenke durchaus den Rahmen einer Schatzschatulle sprengen können.

Und selbst Geschenk-Späßchen wie der Austausch einer Lederjacke und einer Schalmei zwischen Lindenberg und Honecker haben Aufnahme in das Buch der Kulturgeschichte gefunden.

Garniert wird diese Beschenkungs-Kultur dann mit launigen Bonmots:

„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“ oder „Wer ein Rind schenkt, erwartet ein Pferd“.
Wilhelm Busch meinte: „Ein Onkel, der Gutes mitbringt, ist besser als eine Tante, die bloß Klavier spielt“.

Und auch Ringelnatz hat seinen grundsätzlich tiefsinnigen Senf beigetragen:

„Schenke mit Geist, ohne List.
Sei eingedenk,
dass Dein Geschenk
Du selber bist.“

(Ausschnitt aus einem mehrstrophigem Gedicht, Titel ist mir entfallen)

Seit einigen Jahren wird auch ein Glas selbst gefertigte Marmelade als Gastgeschenk durchaus akzeptiert, obwohl die mitunter ungenießbare Pampe nach der Verabschiedung des Marmeladen-Produzenten nicht selten im Behälter für Futtermüll breitläuft.

Doch im Grunde ist gegen eine freundliche Überreichung von Ergebnissen kreativer Nahrungsmittelzubereitung nichts einzuwenden.

Doch sollte natürlich auch der Marmeladen-Rahmen beachtet werden, also der Marmeladenbehälter.
Er sollte geschmackvoll, ansprechend im Design den künftigen Marmeladen-Verzehrer auf das schmackhafte Frühstücks-Toast einstimmen.
Wir erhielten vor einiger Zeit Marmelade in diesem Keimglas (Foto oben).
Sicherlich einigermaßen gereinigt.
Doch wenn darin für einige Jahre „Harzer Hausmacher Wurst Leberwurst“ aufbewahrt wurde, aktivieren sich mit knospiger Vehemenz zumindest die Grenzbereiche meiner Area postrema.
Pfui Deibel.
Außerdem sieht dieser kümmerliche Glaskübel derartig alt aus, als hätte sich schon Barbarossa den Inhalt in den Bart geschmiert.
Vielleicht muss ich in Bälde Marmelade in einer schlecht gereinigten Ölsardinen-Dose entgegennehmen.
Jeder pentrante Marmeladen-Verteiler sollte sich die Strophe von Ringelnatz d.Gr an seinen siedenden Marmeladenkessel heften.

Ich bin selbst Marmeladen-Hersteller, verschenke sie aber selten.
Denn wie sagte schon meine selige Großmutter in ihrer wundervoll volkstümlichen Art: „Selber essen macht fett“.

Attacke II

Ekel-Lappen, an Früchte geklebt

Ich kann nur „Pfirsich“ lesen, die restlichen Informationen verstehe ich nicht.
Aber ich bin durchaus intellektuell für die Erkenntnis gewappnet, dass Pfirsiche vor mir liegen.
Bananen sind gelber.
Und Kürbisse größer.
Und Schnittlauch ist überhaupt etwas anders.
Auch die Walnuss.
Man versucht nun, dieses Dreck-Ding abzuschaben und hat anschließend das halbe Gemüse unter dem Fingernagel.
Einfach widerlich.
Ich war vor einigen Tagen bei dieser Aktion derartig genervt, dass ich fast den Pfirsich in den Müll geworfen und diesen Fetzen in dem Mund gesteckt hätte.

Vielleicht wird auch bald die einzelne Johannisbeere gekennzeichnet.
Oder das einzelne Kümmelkorn.

Meine Area postrema meldet sich.

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Juni 14, 2017 - Posted by | Leipzig

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