Jürgen Henne ohne Jahreskarte, eine Wurm-Filetierung, die Schau und die Schauen, Netzhaut-Skorbut, Journalisten im Spargelfeld und eine Demokratie-Vereiterung
LVZ, 25 April
Meine bedeutendste, individuell grundierte Entscheidung der vergangenen Monate im kulturpolitischen Bereich bestand im Verzicht, eine Jahreskarte für dieses Leipziger Gurkenmuseum zu erwerben (MdbK)
Diese erbarmungslose Politisierung von Kunst, mit nicht selten plakativer, agitatatorisch-missionarischer Prägung, geht mir deftig auf die Sinus-Schnalle, vergleichbar mit Friedrich Wolfs Bonmot-Nonsens „Kunst ist Waffe“. Doch darüber ließe sich trefflich streiten. Aber selbst dafür verspüre ich in diesen Zeiten nicht einmal eine mittelmäßige Neigung.
Denn wenn ich jetzt z.B. ein Frettchen malen würde, das einen Wurm filetiert, das Ergebnis einem Museum anbiete und dabei aber auf dem Fell des Frettchens keine offiziell politisch bevorzugte Stellungnahme verkünde, würde man mich brüllend als Nazi verachten oder als Putin-Versteher, als Orban-Versteher, als Trump-Versteher und Antisemit und Rassist und Tierwohl-Ignorant und Fleischfresser und Klimaveränderungsgegner und Gendering-Gegner und Gleichberechtigungsgegner und Impfgegner….
Und alle Medien rüpeln sich als Katalysator für diese Demokratievereiterung im intellektuellen Tiefgang durch die Menge…..ach, lasst mich doch alle in Ruhe und geht mir nicht auf die Klöden.
Außerdem nervt mich die Bezeichnung „Schau“. vehement (s.o.). Vor wenigen Tagen wurde in dieser Zeitung sogar der Plural auf das Papier ausgespien, also die „Schauen„, also die „Schau“ und die „Schauen„. Da entfaltet sich bei mir Netzhaut-Skorbut. Ich hatte diesen Plural nicht erwartet und man hatte mich nicht informiert. Ich hielt die Verwendung dieses Plurals in einer Zeitung für unmöglich. litt unsäglich und brüllte zwischen die Wände: „Nun gebt mir schnell den Übelkübel, sonst wird mir ohne Kübel übel.“
Vielleicht gibt es in Bälde bei der journalistischen Beschreibung einer Museumssituation mit zwei Ausstellungen folgende Konstruktion: „Alle Besucher beschauen die Schauen mit großem Interesse“, oder so ähnlich.
Diesen Journalisten sollte man empfehlen, sich für die Teilnahme an der Spargelernte zu bewerben, auch die Erdbeerernte böte sich an, doch einem Journalisten-Schreibtisch sollten sie sich nicht mehr nähern.
Ich erwarte mit Freude z.B die Modigliani-Ausstellung in Potsdam und Meret Oppenheim in Apolda, wozu brauche ich da Leipzig. ?
Musiktipp des Tages
Radiohead, „Idioteque“ aus „Kid A“
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