Juergen Henne Kunstkritik

Jürgen Henne und eine eher zögerlich vorgetragene Empfehlung zu einem Besuch der Ausstellung „Cezanne, Degas, Matisse – Hokusai, Hiroshige, Utamaro. Künstler der französischen Avantgarde und des japanischen Holzschnittes aus der Sammlung Scharf-Gerstenberg“ im Kunsthaus Apolda

Kunsthaus Apolda

Schon der Ausstellungstitel irritiert mich doch etwas, auch auf Grund der Zuordnung von Cezanne, Degas sowie Bonnard und Vuillard, gleichfalls mit Arbeiten vertreten, in die kunsthistorische Kategorie der französischen Avantgarde. Sicher sicherlich kann man den Begriff auch sehr frei auslegen und anwenden, wobei dann eine Beliebigkeit eingeplant werden sollte.

Japanische Holzschnitte bewegen sich an der Peripherie meines kunsthistorischen Interesses. Aber natürlich erkenne ich ihre Qualitäten und die Unterschiede und Besonderheiten zur damaligen Kunst in Europa und besonders in Frankreich, z.B. der diagonale Bildaufbau, die Flächigkeit, die Zelebrierung ornamentaler Details, die expressive Eindeutigkeit linearer Formen…..

Diese Ausstellung wurde scheinbar erstmalig 2009 in Kaufbeuren eingerichtet und dreizehn Jahre später vom Kunsthaus Apolda aufgenommen, zumindest in ähnlicher Zusammenstellung. Einige Exponate vermisste ich aber.

Doch steigert sich meine Irritation, wenn im Katalog „Einzigartige Kunstwerke der französichen Avantgarde“ angekündigt werden. Aber nicht doch, das sind sie keineswegs, weder in Kaufbeuren noch in Apolda. Es ist selbstverständlich und jeder Besucher wird es akzeptieren, das regionale Museen/Galerien nicht diese hohen Ansprüche erfüllen können, welche von Kunstmetropolen erwartet werden (Berlin, München, Köln, Hamburg, auch Dresden).

Eine sachliche, intelligente Beschreibung, auch in den entsprechenden Katalogen, Flyern…., sollte der angemessene Weg sein. Denn eine negative Verschiebung der Fähigkeiten, Kunstqualität zu bewerten und der Verlust, sich dabei selbst hohe individuelle Maßstäbe bei der Beurteilung setzen zu können, wäre sonst z.B für den „einfachen“, kunstinteressierten Besucher das unerquickliche Ergebnis.

Und durch den Hinweis auf „Einzigartige Kunstwerke der französischen Avantgarde“ werden eben diese Maßstäbe gebrochen. Denn „Einzigartige Kunstwerke der französischen Avantgarde“ gab und gibt es weder in Kaufbeuren noch in Apolda zu sehen.

Sicherlich kann keine Galerie, kein Museum dafür werben, dass nur zweitklassige Kunst angeboten wird, doch etwas Ausgewogenheit bei der Anpreisung sollte man schon anstreben. Denn „Einzigartige Kunstwerke……“ .sind schon ein großes Versprechen.

Diese kleine Anmerkung soll mitnichten meinen Respekt vor Apoldas Kunsthaus und ähnlichen Kultureinrichtungen schmälern.Von Liebermann und Corinth (Sommer 1995) bis Erich Heckel (Sommer 2022) gab es nicht immer spektakuläre Kunst, wozu auch, doch bereute man nie den Weg ins mittlere Thüringen.

Und für Liebhaber japanischer Holzschnitte sollte sich das Kunsthaus Apolda bis 18. 12 als anspruchsvoller Zielort unbedingt eignen.

Isoda Koryusai, tätig 1765-1788. Erotische Darstellung/Frühlingsbild, um 1790

Katsushika Hokusai, 1760-1849. Myojin Schrein, um 1800

Utagawa Kunisada, 1786-1865. 53 Stationen des Tokaido

Utagawa Hiroshige, 1797-1858. Der Fischdieb—–Der Titelgeber ist der Hund links unten

Utagawa Kunisada, 1786-1865. Schönheiten und berühmte Stätten in Edo, um 1858

Henri Matisse, 1896-1954. Sitzender Rückenakt, 1914, Lithographie auf Japanpapier (Ein feines Blatt)

Pierre Bonnard, 1867-1947. Aus „Einige Aspekte Pariser Lebens“, 1889, Lithograhie

Neben Maurice Denis, Felix Vallaton, Aristide Maillol, u.a. formierten sich P. Bonnard und E. Vuillard (oben u. unten) am Ausgang des 19.Jahrh. zur Künstlergruppe „Nabis“ („Propheten“, hebr). Auffällig ihr flächiger, dekorativer Stil, Tendenzen zum Symbolismus, wesentliche Auswirkungen auf den Jugendstil, wurden selbst durch japanische Holzschnitte beeinflusst, auch durch Gauguin.

Ich verfüge noch über eine schmalen Band über die Nabis, herausgegeben 1967 durch den Verlag der Kunst (DDR) innerhalb der Reihe „Fundusbücher“. Die aktuelle Ausstellung in Apolda hat mich immerhin motiviert, ein paar Minuten nachzulesen, wie die DDR-diktatorische Kunsttheorie diesen französischen Beitrag zur europäischen Kultur bewertete. Aber ich kann momentan den Band in meinem Saustall nicht finden, vielleicht ist er auch einfach zu schmal.

Edouard Vuillard, 1868-1940. Konditorei, um 1888/89, Lithographie

Meine fotografischen Talente konnten sich durch die Repräsentation in den Galerie-Räumen, die natürlich in dieser Form notwendig war, z.B. Bilder hinter Glas, nur mäßig bis gar nicht entfalten.

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November 4, 2022 - Posted by | Leipzig

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